Christopher Vogt zu TOP 14 „Mehr Unternehmergeist in Schleswig-Holsteins Schulen“

Fraktionsvorsitzender Christopher Vogt

In seiner Rede zu TOP 14 (Mehr Unternehmergeist in Schleswig-Holsteins Schulen – Landeskonzept Entrepreneurship Education) erklärt der Vorsitzende und hochschulpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:

„Vor ziemlich genau fünf Jahren ging ein Tweet einer damals 17-jährigen Schülerin viral. Er lautete: ‚Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete und Versicherungen. Aber ich kann ne Gedichtsanalyse schreiben. In vier Sprachen.‘ Das hat dann einen Nerv getroffen. Nicht unbedingt, weil zu viele Schüler Gedichtsanalysen in vier Sprachen schreiben könnten, sondern weil es bei der ökonomischen Bildung großen Nachholbedarf gibt. In Nordrhein-Westfalen geht es derzeit um die Einführung eines eigenständigen Schulfachs Wirtschaft.

Auch meine Fraktion befürwortet mehr politische Bildung, tritt aber auch für mehr ökonomische Bildung in den Schulen ein. Da müssen wir deutlich mehr tun. Wir müssen auch realisieren, dass die großen deutschen Unter-nehmen in der Regel über 100 Jahre alt sind. In den letzten 30 Jahren sind kaum neue Unternehmen in den Boom-Branchen entstanden, sondern vor allem in den USA oder in China. Das ist zunehmend ein Problem für den Er-halt unseres Wohlstandes. Die Zahl der Gründungen ist über viele Jahre bundesweit zurückgegangen. Das hat mit der guten Arbeitsmarktlage zu tun. Es gibt kaum Bedarf an sogenannten Notgründungen aus der Arbeits-losigkeit heraus, aber das hat eben auch mit einem hohen Bedürfnis an Sicherheit in insgesamt unruhigeren Zeiten zu tun. Und viele junge Menschen kommen schlichtweg gar nicht auf die Idee, dass man auch unternehmerisch tätig werden könnte. Erst kürzlich war jedoch erfreulicherweise zu lesen, dass die Zahl der Gewerbeanmeldungen in Schleswig-Holstein in den ersten neun Monaten 2019 wieder um acht Prozent im Vergleich zum Vor-jahr angestiegen ist. Das sind erfreuliche Zahlen, aber ich bin überzeugt, dass da noch mehr Luft nach oben ist.

Entrepreneurship und Unterstützung von Gründungen stehen bei der FDP schon lange auf der Agenda und wir haben uns in unserem Positionspapier zu diesem Thema auch im vergangenen Jahr sehr intensiv damit auseinandergesetzt. Insofern bin ich froh, dass das hier heute auf der Tagesordnung gelandet ist, und dass da nun was vorangeht. Denn es muss einerseits um bessere Rahmenbedingungen gehen, andererseits aber auch unbedingt um einen neuen Gründergeist, also einen Wandel bei der Mentalität. Wir brauchen mehr Akzeptanz oder sogar Respekt für diejenigen, die etwas ausprobiert haben und im Zweifel auch gescheitert sind. Ich glaube, dass wir vor allem zwei entscheidende Stellen haben, um den Gründergeist bei jungen Menschen zu beleben: Unsere Schulen und vor allem unsere Hochschulen. Die Schulen sind insofern wichtig, da wir hier früh Grundlagen legen und Interesse wecken können. Zunächst einmal sollten wir meiner Meinung nach große Anstrengungen unternehmen, um in den Schulen die MINT-Fächer zu stärken. Das ist nicht nur aus Gründerperspektive gut, sondern insgesamt sehr wichtig. Aber wir brauchen eben auch so etwas wie einen Mentalitätswechsel: Unsere Schülerinnen und Schüler müssen frühzeitig für das Thema Unternehmertum und Gründungen begeistert werden. Das Ausprobieren, Risiko-Eingehen und auch das Scheitern sollten positiver gesehen werden. Es sollte viel mehr belohnt werden, mutig und risikobereit an die erfolgreiche Umsetzung eines Projektes zu glauben – egal, wie es am Ende ausgehen mag.

Was wir auch brauchen, ist ein stärkerer Austausch zwischen den Schulen und der Wirtschaft. Zum einen müssen mehr Praktika durchgeführt werden. auch für Lehrer. Und Unternehmer müssen in die Schulen eingeladen wer-den. Nur über Diskussionen und Vorbilder werden bekommen Schüler einen Einblick in das Unternehmertum. Und man sollte Firmengründungen simulieren, um so die Rolle eines Unternehmers kennenzulernen. Die Erstellung eines Businessplans tut ja nicht weh und schadet auch nicht denjenigen, die definitiv kein Unternehmer werden wollen.

Nicht minder wichtig ist, dass wir uns um die Hochschulen bemühen. Die demnächst anstehende Überarbeitung der Hochschulgesetz-Novelle bietet uns dafür eine gute Gelegenheit, Ausgründungen attraktiver zu machen, den Umgang mit Patenten neu zu regeln, Gründungssemester zu ermöglichen oder auch das Engagement von Professoren als Unternehmer zu erleichtern.

Ich freue mich sehr, dass die Landesregierung ein Konzept zur Stärkung des Entrepreneurships an Schulen erarbeiten wird. Das werden wir dann in wenigen Monaten gemeinsam diskutieren. Das ist eine gute Nachricht für die Bildung in Schleswig-Holstein und die persönliche Entwicklung vieler junger Menschen, die in diesem Bereich talentiert sind.“