Christopher Vogt zu TOP 16 "Ein Jahr Experimentierklausel in Schleswig-Holstein"

Christopher Vogt

In seiner Rede zu TOP 16 (Mündlicher Bericht: Ein Jahr Experimentierklausel in Schleswig-Holstein) erklärt der Vorsitzende und bildungspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt

Wenn in den Reihen der Koalitionsfraktionen über Freiheit gesprochen wird und dann auch noch im Zusammenhang mit unseren Schulen, sind wir als Liberale davon natürlich erst einmal sehr angetan. Wir hatten ja bereits Anfang des letzten Jahres hier im Plenum über die Experimentierklausel debattiert, als die Koalitionsfraktionen beim Bildungsministerium ein entsprechendes Konzept bestellt hatten.

Wir halten die Einführung einer Experimentierklausel grundsätzlich für unterstützenswert, denn wir wollen Innovation und Flexibilität im Schulbereich befördern und können uns da auch noch deutlich mehr vorstellen als die Koalition. Unsere Schulen stehen aktuell unbestreitbar vor gleich mehreren großen Herausforderungen, wie zum Beispiel dem Lehrkräftemangel, der schwierigen Umsetzung der Inklusion, den notwendigen Integrationsmaßnahmen oder auch dem Ausbau von Ganztagsangeboten. Insofern kann ich schon verstehen, wenn sich viele Schulen zunächst nicht für diese Aktion beworben haben. Viele Schulen haben eben alle Hände voll damit zu tun, ihr Kerngeschäft vernünftig zu erledigen und das wird in den nächsten Jahren durch die falsche Schwerpunktsetzung von Schwarz-Grün beim Haushalt ja nicht einfacher werden – ganz im Gegenteil.

Die Absenkung der Unterrichtsversorgung und die Kürzungen bei der Kontingentstundentafel stehen dem Projekt Experimentierklausel ja eigentlich entgegen. Insofern wäre es natürlich deutlich besser, den Schulen nicht immer mehr die Luft zum Atmen zu nehmen und ihnen auch nicht immer wieder neue Antragsverfahren zuzumuten, sondern ihnen einfach grundsätzlich mehr Unterstützung zukommen zu lassen und an bestimmten Stellen mehr Freiheiten einzuräumen, was zum Beispiel Praktika, den Projektunterricht, die Digitalisierung oder auch die Profilbildung – zum Beispiel mit Blick auf bestimmte Sprachangebote oder Ähnliches – angeht.

Wir hatten in den vergangenen Monaten über unsere und andere Vorschläge zur Stärkung der politischen und der wirtschaftlichen Bildung diskutiert: Auch dies wären selbstverständlich Bereiche, in denen die Schulen neue, innovative Wege ausprobieren könnten, was ich sehr begrüßen würde. Ähnliches gilt für die kulturelle Bildung oder auch den MINT-Bereich, über den wir nachher ja noch debattieren werden und wo ich den Eindruck habe, dass hier neue Wege der Didaktik – vor allem mit Blick auf das eigene Erleben – eine ganz andere Faszination bei den Kindern und Jugendlichen erzeugen könnten, als dies bisher in der Regel der Fall ist.

Den Schulen mehr Freiheit zuzugestehen, stärkt nach unserer Einschätzung die Verantwortungsbereitschaft vor Ort und kann dafür sorgen, dass sich Schüler, Eltern und Lehrkräfte gern noch aktiver einbringen, um Verbesserungen für ihre Schule zu erreichen. Die Schulen brauchen aber auch die Möglichkeit, dies zu tun, zum Beispiel, indem die Schulleitungen mehr zeitlichen und finanziellen Spielraum bekommen.

Und da wird es interessant, denn auch das haben wir Anfang 2023 hier debattiert und ich habe damals die Ministerin genau danach gefragt. Und da hat die Ministerin gesagt: Erst das Konzept, dann sprechen wir über Geld. Und das Konzept ist da, das Thema läuft jetzt an, Geld gibt es aber keins. Und angesichts der weiteren Kürzung im Haushalt ist das natürlich schon eine spannende Frage, sich hier für etwas abzufeiern, bei dem man eigentlich die Schraube immer weiter andreht und das Ganze immer unmöglicher macht. Die Ministerin hatte übrigens beim Thema Geld explizit darauf verwiesen, dass man auch neue Arbeitszeitmodelle braucht. Ich habe das so verstanden, dass man Lehrkräfte braucht, die freiwillig mehr arbeiten wollen. Das kostet dann auch Geld, denn wenn Lehrkräfte freiwillig mehr machen als alle anderen, dann sollten sie auch entsprechend den Lohn dafür bekommen.

Ich gehe fest davon aus, dass die allermeisten Schulen, die sich bisher beteiligt haben, gute und sinnvolle Vorschläge eingereicht haben. Die verschiedenen Ideen sollten nicht nur vorab angemessen geprüft, sondern später dann auch in ihrer Wirksamkeit sinnvoll untersucht werden, damit Best-Practice-Beispiele im Idealfall übertragen werden und sich auch anderswo durchsetzen können. Gescheiterte Konzepte sollten natürlich nicht weiterverfolgt, aber unbedingt auch angemessen dokumentiert werden, damit auch dies ein Erkenntnisgewinn für andere bringen kann.

Wenn man seriös einschätzen kann, wie sich die genehmigten Ideen und Konzepte in der Praxis bewährt haben, sollte man auch hier im Landtag bzw. im Bildungsausschuss zu einem geeigneten Zeitpunkt gemeinsam eine erste Bilanz ziehen. Ich wünsche den teilnehmenden Schulen viel Erfolg mit ihren Experimenten und dem Bildungsministerium viele Erkenntnisgewinne! Ich bleibe aber auch dabei: Noch besser wären grundsätzlich mehr Freiräume für unsere Schulen und eine bessere Unterstützung und Ausstattung, damit die Basics funktionieren und sie sich darüber hinaus auch immer weiterentwickeln können!

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort.