Regierungserklärung

Christopher Vogt zu TOP 1A „Regierungserklärung“

In seiner Rede zu TOP 1A (Regierungserklärung „Schleswig-Holstein hält Kurs“) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:

„Wir schauen wohl alle seit etwa zwei Wochen ziemlich irritiert auf das politische Berlin. Was die Unionsparteien dort an unfassbaren Szenen abgeliefert haben, hatte ich offen gestanden nicht für möglich gehalten. Der Konflikt zwischen CDU und CSU in der Flüchtlings- und Migrationspolitik schwelt zwar schon seit knapp drei Jahren, aber ich bin wahrscheinlich nicht der Einzige im Raum, der den Eindruck hatte, dass es da schon lange nicht mehr um einzelne Fachfragen wie mögliche Zurückweisungen an der Grenze zu Österreich ging, über die man aus meiner Sicht durchaus trefflich streiten kann.

Um es deutlich zu sagen: Es darf nicht sein, dass verletzte Eitelkeiten und Machtgerangel unser Land in eine echte Staatskrise führen, wie es hier der Fall war. Vor allem nicht in diesen international bewegten Zeiten, in denen Deutschland ein Stabilitätsanker sein muss. Jetzt hat man sowohl auf europäischer Ebene als auch in Berlin einige Formelkompromisse gefunden. Das ist zwar besser als nichts, aber ich glaube nicht daran, dass dieser Burgfrieden lange halten wird. Diese Bundesregierung scheint bereits gescheitert zu sein, bevor sie richtig angefangen hat.

Herr Seehofer hat es zwar immerhin geschafft, von der Bamf-Affäre und seiner politischen Verantwortung bei deren Aufarbeitung abzulenken, aber als Bundesinnenminister hat er bislang kein einziges Problem gelöst. Er ist jetzt kein bayerischer Landespolitiker mehr, sondern Bundesinnenminister und deshalb sollte er seine Hausaufgaben machen. Anstatt die vorhandenen Probleme zu lösen, macht er sie viel größer als sie tatsächlich sind. Damit verunsichert er viele Menschen und hilft niemandem – außer vielleicht den Populisten. Ich finde das verantwortungslos.

Die Bundesregierung hat in den letzten Wochen unserer Demokratie Schaden zugefügt. Man kann nur hoffen, dass dieser nicht nachhaltig ist. Ich bin wirklich kein ausgewiesener Fan der Bundeskanzlerin, aber wie sie sich vorerst behauptet hat, verlangt mir immerhin Respekt ab. Ihr Politikstil ist dennoch Teil des Problems. Der aktuellen CSU-Führung scheint es nun vor allem darum zu gehen, Sündenböcke für die bevorstehende Niederlage bei der bayerischen Landtagswahl auszumachen. Da mag sich die letzten Jahre auch viel aufgestaut zu haben. Das ist aber noch lange kein Grund, mit unserem Land derart Schlitten zu fahren.

Man macht die Populisten nur wieder kleiner, indem man die Probleme benennt und sie auch löst. Wir brauchen endlich ein effektives Asylmanagement. Wir brauchen ein vernünftiges Zuwanderungsgesetz mit klaren Kriterien. Wir brauchen ein funktionierendes Rückführungsmanagement für die Menschen ohne Bleibeperspektive und wir brauchen in der Flüchtlings- und Migrationspolitik selbstverständlich in erster Linie europäische Lösungen. Ich halte es für absolut richtig, dass man die europäischen Außengrenzen sichert. Leider gibt es nach wie vor keinerlei Einigung, wie man die Menschen, die man dort zukünftig als Schutzbedürftige anerkennt, auf die EU verteilen will. Das ist aber eine ganz elementare Frage.

Wir müssen europaweit Humanität und Rechtsstaatlichkeit in Einklang bringen. Wir haben in Europa aber mittlerweile einige nationale Regierungen, die daran gar kein Interesse haben. Das sieht man auch wieder bei der Diskussion über die bilateralen Abkommen.

Wir brauchen klare Regeln für die Zuwanderung und für die Schutzsuche in der EU. Europa muss immer darauf achten, dass die Menschlichkeit und die Menschenrechte gewahrt bleiben. Wir müssen deshalb enger mit den Ländern Afrikas zusammenarbeiten. Es ist eine Tragödie, dass sich quasi Woche für Woche zahlreiche Menschen – teilweise sogar mit ihren Kindern – im Mittelmeer in Lebensgefahr begeben und dort nicht selten zu Tode kommen. Wir brauchen endlich mehr Perspektiven für Afrika mit seiner rasanten Bevölkerungsentwicklung und wir müssen dabei auch unsere Entwicklungs-, Handels- und vor allem Zollpolitik überdenken.

Wie das nun auf nationaler Ebene mit den Transitzentren – oder wie auch immer man das am Ende nennen wird – rechtlich und praktisch funktionieren soll, habe ich ehrlich gesagt noch nicht ganz verstanden. Das liegt vermutlich weniger an mir als an diesem faulen Kompromiss. Dass nur die deutsch-österreichische – oder besser gesagt – bayerisch-österreichische Grenze im Fokus steht, hat wohl keine fachlichen Gründe. Dass die SPD diesen Weg nun wohl einfach mitgehen wird, mag politisch zwar irgendwie nachvollziehbar sein, aber der Machtverlust der einst stolzen SPD in den letzten Wochen ist wirklich atemberaubend. Ich sage das wirklich frei von jeder Häme. Meine eigene Partei war im Jahr 2011 in einer ganz ähnlichen Situation.

Die Jamaika-Koalition hier im Lande ist derzeit das Gegenmodell zur Randale-Koalition in Berlin. Das hätten viele Menschen vor einem Jahr nicht für möglich gehalten. Und ich gebe zu: Ein wenig skeptisch war ich auch. Wir unterscheiden uns in vielen Fragen ganz klar voneinander. Wir kaschieren diese Unterschiede aber nicht, sondern machen sie sichtbar und arbeiten daran, dass wir möglichst zügig zu guten Kompromissen zum Wohle unseres Bundeslandes kommen.

Der Oppositionsführer beklagt immer wieder, dass sich die Koalitionsparteien nicht immer sofort in allen Fragen einig sind. Ich würde es komisch finden, wenn dies so wäre. Es ist irgendwie schon skurril, wenn ausgerechnet Ralf Stegner politische Unterschiede zwischen den Koalitionsparteien kritisiert. Wenn man Herrn Stegner eines nicht vorwerfen kann, dann ist es die mangelnde Betonung von politischen Unterschieden. Er sieht sogar dort welche, wo gar keine sind. Das zeigt mir, dass die SPD-Opposition noch immer nicht so ganz bei sich ist.

Sei es drum: Ich bin der Überzeugung, dass es unsere Demokratie stärkt, wenn man politische Prozesse nachvollziehbar macht. Eine Fusion der Jamaika-Parteien ist zumindest von unserer Seite nicht geplant, aber wir nehmen die Herausforderungen gemeinsam an und finden immer wieder vernünftige Lösungen. Die ordentliche Haushaltslage hilft uns dabei natürlich, aber das gilt im Bund und in anderen Bundesländern noch viel mehr. Ich bin weit davon entfernt, uns zu überhöhen, aber bisher ist es uns wirklich gut gelungen, die Probleme des Landes anzupacken. Allen Unkenrufen zum Trotz haushalten wir solide, ergänzen maßvoll das Personal dort, wo es dringend gebraucht wird: In den Schulen, in der Justiz, bei der Polizei oder auch bei der Verkehrsplanung. Wir achten aber auch darauf, dass die Pensionszusagen auch eingehalten werden können.

Wir haben übrigens endlich die Planerstellen im Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr besetzen können und bilden in Lübeck und nun auch in Kiel deutlich mehr Bauingenieure aus, damit das Land vorankommt. Zudem arbeiten wir an der Neuordnung der Besoldungsstruktur, damit wir auch in Zukunft hochqualifiziertes Personal für den Landesdienst finden können. Freiheit braucht auch Sicherheit: Deshalb verschärfen wir aber nicht – wie z.B. in Bayern – sinnlos unser Polizeigesetz und schleifen damit die Bürgerrechte. Wir sorgen für echte Sicherheit in unserem Bundesland mit mehr Personal und besserer Ausstattung.

Wir investieren massiv in die Zukunft unseres Bundeslandes. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wer uns alles vorgehalten hat, dass eine Investitionsquote von über 10% völlig utopisch sei. Jetzt haben wir sie und wir arbeiten daran, dass das Geld auch tatsächlich fließen kann, z.B. bei den Landesstraßen oder den Krankenhäusern.

Wir kümmern uns um die Familien im Land: Mit der Kita-Reform, mit der wir die Qualität steigern, das Angebot ausweiten und die Gebühren deckeln. Dass ausgerechnet diejenigen, die uns die höchsten Gebühren bundesweit hinterlassen haben, nun kostenlose Kitas fordern, ist für die Eltern total unglaubwürdig.

Die Energiewende treiben wir mit Sinn und Verstand voran. Bei den neuen Flächen haben wir größere Abstände zwischen Windrädern und Wohnsiedlungen erreichen können. Das erhöht die Akzeptanz.

Wir wollen digitale Vorzeigeregion werden: Das ist schon lange kein Orchideenthema mehr, sondern eine große Chance für unser Bundesland. Würden wir die Digitalisierung allerdings verschlafen, würden wir den Abstand zu den sehr erfolgreichen Regionen vergrößern. Das dürfen wir nicht zulassen. Beim Breitbandausbau stehen wir immerhin im bundesweiten Vergleich schon sehr gut da. Jetzt werden wir mit dem Digitalisierungsprogramm viele Projekte in allen Ressorts umsetzen, die unser Land voranbringen. Wir freuen uns da auch auf neue Impulse durch Herrn Albrecht.

Bei der Bildung haben wir bereits vieles umsetzen können: Deutlich mehr Lehrer verbessern den Unterricht, das Abitur nach neun Jahren an Gymnasien ist der richtige Weg.

Wir kümmern uns um die Schaffung von mehr Wohnraum und müssen dort auch mehr Freiräume schaffen – bei der Landesbauordnung und vor allem beim Landesentwicklungsplan. Viele Kommunen in nachgefragten Gebieten würden gerne Wohnraum schaffen, dürfen es derzeit aber nicht. Das werden wir ändern. Zudem müssen wir den Erwerb von Wohneigentum gerade für junge Familien erleichtern. Das ist die beste Absicherung. Hier werden wir Erleichterungen bei der Grunderwerbsteuer schaffen. Das ist viel sinnvoller als das bürokratische Baukindergeld des Bundes.

Wir stärken den Wirtschaftsstandort durch weniger unnötige Bürokratie. Es ist bedauerlich, dass SPD und Gewerkschaften bisher nichts anderes einfällt als eine Fake-News-Kampagne zum Vergabegesetz. Von der Reform des Vergabegesetzes profitieren die Arbeitnehmer – gerade die der vielen kleinen Unternehmen im Land. Der Landesmindestlohn wird in dieser Tagung ohne Aussprache abgeschafft werden, weil das richtig ist, da der Bundesmindestlohn diesen überholen wird. Auch hier wird dadurch niemand schlechter gestellt.

Jamaika tut dem Land gut! Die Bürger können sich auf uns verlassen. Wir halten Kurs! Auch im zweiten Jahr haben wir viel vor! Langweilig wird es nicht. Packen wir es an!“

Es gilt das gesprochene Wort!