Christopher Vogt zu TOP 25 "Mündlicher Bericht Cybersicherheit"

CV

In seiner Rede zu TOP 25 "Mündlicher Bericht Cybersicherheit" erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:

,,Ich danke dem Herrn Minister für seinen Bericht! Die Medienberichte über den Datenklau und die Veröffentlichung von persönlichen Daten von Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft über Twitter löste Anfang des Jahres ein gewaltiges Echo aus. Mögen die meisten der veröffentlichten Daten zum Glück noch so banal gewesen sein, der schiere Umfang und die offensichtliche Leichtigkeit, mit der der 20-Jährige mutmaßliche Täter an die Daten gekommen ist, ist erschreckend.

Viele trösteten sich allzu schnell darüber hinweg, dass vermeldet wurde, bei dem Schüler aus Hessen handele es sich um einen Einzeltäter. Und gerade als die Diskussion in allgemeinphilosophische Erwägungen über den Umgang mit der Digitalisierung und den sozialen Medien abdriftete, kam wenige Tage später die nächste erschreckende Meldung: Ein Datensatz mit 773 Millionen E-Mail-Adressen und 21 Millionen Passwörtern sei im Umlauf. Und dies sei auch nur Teil eines noch größeren Datensatzes. Und obwohl wir uns hier schon in schwer vorstellbaren Größenordnungen bewegen, führt uns dies erneut sehr deutlich vor Augen, dass wir eine größere Sensibilität und effektivere Maßnahmen im Bereich der Datensicherheit brauchen. Diese Ereignisse müssen ein Weckruf für uns alle sein.

Eine höhere Sensibilität ist in allen Bereichen notwendig und sie fängt zunächst bei jedem Einzelnen von uns an. Nach Angaben des Hasso-Plattner- Instituts war das beliebteste Passwort der Deutschen im Jahr 2018 die wahrlich nicht schwer zu knackende Kombination ,123456`, gefolgt von ,12345` auf Platz zwei. Deutlicher kann sich kaum zeigen, wie groß der Bedarf an Aufklärung und erhöhter Sensibilität ist. Datensicherheit ist nicht zuletzt auch ein Bildungsthema. Allerdings ein Bildungsthema für alle Altersgruppen und keines, das auf die Schule beschränkt werden sollte. Für besonders gefährdete Personengruppen von Cybercrime sollte nach meiner Überzeugung auch eine verstärkte Beratung durch das LKA angeboten werden. Werden private Daten gestohlen, ist der Eingriff in die Privat- oder Intimsphäre immer immens. Die persönliche Betroffenheit der Geschädigten liegt auf der Hand, ohne dass sich dabei immer ein geldwerter Schaden realisiert haben muss. Wir sollten über Schmerzensgeldansprüche der Betroffenen reden und wie diese möglichst unkompliziert geltend gemacht werden können. Der persönliche Schaden liegt schon in dem extrem übergriffigen Eindringen in den Privat- und Intimbereich eines Menschen und zwar unabhängig davon, welche Daten dort gefunden oder verwendet werden. Die Folgen für die Opfer können noch viel schlimmere Folgen haben als ein Wohnungseinbruch. Wir sollten auch die Anbieter noch mehr in die Pflicht nehmen, zum Beispiel bei der notwendigen Zusammenarbeit mit den Behörden, wenn es um den Schutz von Nutzern geht.

Es geht bei Cybercrime nicht nur um den Schutz des Privaten. Nicht nur die Lebenswirklichkeit der Bürger verlagert sich immer weiter in den digitalen Raum, sondern auch die öffentliche Kommunikation und unser gesamtes Gemeinwesen ist von einer sicheren digitalen Infrastruktur abhängig. Hier müssen wir daher bestmöglich gewappnet sein. Nicht nur gegen kriminelle Machenschaften, sondern auch gegen Spionage und Manipulationen von Nachrichtendiensten, die kein Märchen, sondern Normalität geworden sind.

Wir wollen Schleswig-Holstein zu einer digitalen Vorzeigeregion machen.

Das muss auch die Bekämpfung von Cyberkriminalität beinhalten. Wir haben mit dem ,Kompetenzzentrum Digitale Spuren` bereits einen wichtigen Schritt unternommen und beim LKA 20 neue Stellen geschaffen, unter anderem für Informatiker und Ingenieure.

Die Wahrheit ist aber: Das kann nur der Anfang sein. Ich bin kein großer Freund davon, reflexartig nach schärferen Gesetzen zu rufen. Es liegt aber meines Erachtens auf der Hand, dass unser Strafrecht an das digitale Zeitalter mit der immer weiter wachsenden Wichtigkeit von Daten an einigen Stellen angepasst werden muss. Es sollte geprüft werden, ob nicht Strafbarkeitslücken bestehen und auch der sogenannte ,Hackerparagraf` bedarf einer Reform, die einerseits eine sichere Handhabe gegen kriminelle Hacker gewährleistet und andererseits Sicherheitsexperten, die sogenannte Hackertools herunterladen und austauschen, um sie unschädlich zu machen, nicht kriminalisiert. Wir müssen unser IT-Sicherheitsmanagement bundesweit noch besser bündeln und verzahnen. Es bedarf auch einer noch engeren Zusammenarbeit mit der Europäischen Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA). Cybercrime macht nicht an Ländergrenzen halt. Das ist eine Tatsache, mit der wir umgehen müssen.

Es wird immer deutlicher, wie sehr das Hinterherhinken unseres Landes bei der Digitalisierung zu einem ernsthaften Sicherheitsproblem geworden ist.

Es sind eben nicht nur zunehmend Menschen betroffen, die in der Öffentlichkeit stehen, sondern viele ganz normale Bürger, große und auch kleine Unternehmen, die attackiert und zum Teil auch erfolgreich erpresst werden.

Wenn 20-Jährige Hacker Politiker bloßstellen können und 17-Jährige Unternehmen erpressen können, kann sich jeder ausmalen, wozu professionelle Banden und ausländische Geheimdienste in der Lage sind. Bei Unternehmen geht es immer öfter nicht nur um ärgerliche Störungen, sondern um immense Schäden und es beginnen dann Diskussionen mit den Versicherungen, wer für diese Schäden aufkommt. Wir wollen keinen Überwachungsstaat, aber unsere Demokratie muss auch im Netz wehrhaft sein und der Rechtsstaat konsequent durchgesetzt werden. Es gibt da viel zu tun.

Packen wir es an."

 

Es gilt das gesprochene Wort.