Christopher Vogt zu TOP 27 "Kinder- und Jugendgewalt entschieden entgegentreten"

Christopher Vogt

In seiner Rede zu TOP 27 (Kinder- und Jugendgewalt entschieden entgegentreten) erklärt der bildungspolitische Sprecher und Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Ich bin ausgesprochen dankbar dafür, dass wir im Frühjahr hier im Landtag eine umfangreiche Anhörung von gleich drei Ausschüssen zum großen Problem der Kinder- und Jugendgewalt durchgeführt haben und dass es nun diesen wichtigen Antrag gibt, der entscheidende Erkenntnisse aus dieser Anhörung fraktionsübergreifend aufgreift.

Die wachsende Gewalt unter Kindern und Jugendlichen ist ja bei weitem nicht nur ein Problem für die Betroffenen, unsere Schulen, sondern für unsere Gesellschaft insgesamt. Es ist wirklich erschreckend, wie jung die Beteiligten mittlerweile zum Teil sind und dass immer öfter auch Mädchen daran beteiligt sind. Das ist – zumindest in diesem Ausmaß – eine neue Entwicklung, mit der wir es hier zu tun haben und das dürfen wir auf keinen Fall einfach so hinnehmen.

Es fehlt einigen Kindern und Jugendlichen in einem mitunter erschreckenden Maße an Empathie und an Respekt – übrigens nicht nur, was andere Kinder und Jugendliche betrifft, sondern auch mit Blick auf Erwachsene und insbesondere die Lehrkräfte. Es gehört in der Jugend natürlich dazu, Autoritäten auch mal in Frage zu stellen, aber wenn schon Kinder mitunter keinerlei Respekt vor Autoritätspersonen zeigen – oftmals, weil sie es von zu Hause gar nicht kennen –, dann wird es wirklich problematisch.

Die Gründe für diese Entwicklung sind sicherlich vielschichtig: Die psychische Belastung hat in den letzten Jahren in unserer Gesellschaft erheblich zugenommen. Die Pandemie und ihre Bekämpfung haben tiefe Spuren in vielen Familien hinterlassen. Aber auch die Sorge vor Krieg oder Inflation, also letztlich dem wirtschaftlichen Abstieg, treibt viele Familien sehr stark um, was sich oft auch im negativen Sinne auf die Kinder überträgt.

Es gibt nicht selten bestimmte Integrationsdefizite. Es gibt aber auch einfach bei nicht Wenigen einen zunehmenden Mangel an wechselseitigem Respekt – eine gewisse Verrohung – und oft zu wenig feste Strukturen sowie die benötigte Fürsorge und Geborgenheit für die Kinder. Vielen Kindern – und vor allem Jungen – fehlt es an geeigneten männlichen Vorbildern und vielleicht auch der richtigen Ansprache und Anleitung. Der nicht altersangemessene Medienkonsum ist in vielen Familien ein massives Problem.

Meine Damen und Herren! Mobbing und Gewalt belasten betroffene Kinder und Jugendliche massiv. Wir müssen sie bestmöglich davor schützen.

Aber auch viele Lehrkräfte sowie andere Beschäftigte in den Schulen – zum Beispiel in multiprofessionellen Teams – sind Leidtragende dieser Entwicklung und auch hier haben wir eine Fürsorgepflicht. Das fängt bei der Aus- und Fortbildung an, darf dort aber auch nicht enden.

In unserem gemeinsamen Antrag stehen viele gute Punkte, auf die ich jetzt hier im Einzelnen gar nicht eingehen kann, aber mir sind folgende Punkte wichtig: Es braucht verstärkte Integrationsbemühungen und einen stärkeren Fokus auf die Schulen, die vor besonderen sozialen Herausforderungen stehen – das Startchancen-Programm des Bundes ist dafür ein sehr gutes Beispiel. Es braucht aber auch sinnvolle Sanktionen und eine geeignete Rückendeckung im Konfliktfall und vor allem ein verbessertes ,Frühwarnsystem', bei dem Lehrkräfte, Eltern, Jugendhilfe und ggf. auch die Polizei frühzeitig und eng zusammenarbeiten, wenn zum Beispiel Auseinandersetzungen zu eskalieren drohen.

Das sogenannte Cyber-Mobbing ist ein großes Problem: Früher hatten Mobbing-Opfer, auch wenn dies jetzt vielleicht etwas komisch klingen mag, nach der Schule zumindest eine ,Pause'. Heute geht der Mobbing-Terror im Zweifel auch nach der Schule online einfach weiter und das macht die betroffenen Kinder und Jugendlichen schlichtweg fertig.

Die Verrohung und zum Teil auch die politische Radikalisierung von einem Teil der Jugendlichen via TikTok und anderen Plattformen ist ein sehr ernstes Problem. Diese Entwicklungen erfordern meines Erachtens schnell neue Antworten, was die Medienkompetenz betrifft. So sollten Handys bis zu einer bestimmten Klassenstufe in den Schulen keine Rolle spielen. Das sage ich sehr deutlich. In Grundschulen haben sie aus meiner Sicht nichts zu suchen. 

Meine Damen und Herren! Ich bitte die Landesregierung, die in dem Antrag genannten Maßnahmen schnellstmöglich umzusetzen. Auch die Kreise und kreisfreien Städte sind hier mit Blick auf die Jugendhilfe gefordert, noch besser zu werden.

Wie in den allermeisten Schulen wird hier in der Regel gute Arbeit geleistet, aber dieser Bereich muss einfach gestärkt werden, wenn man das Problem zukünftig besser in den Griff bekommen will. 

Dieser Antrag wird die Probleme mit der Kinder- und Jugendgewalt natürlich nicht so schnell lösen, aber es ist zumindest ein Anfang, dem noch viele weitere Schritte folgen müssen, damit die Kinder und Jugendlichen in Schleswig-Holstein ohne Mobbing und Gewalt aufwachsen können. Das sind wir ihnen schuldig.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort.