In seiner Rede zu TOP 31 (Bericht zum Sachstand Rechtsanspruch Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter) erklärt der bildungspolitische Sprecher und Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:
„Der schulische Ganztag wird weiter an Bedeutung gewinnen. Der Beginn des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung im Jahr 2026 ist wirklich nicht mehr lange hin. Umso überraschter bin ich über die – ich drücke es mal positiv aus – ,große Gelassenheit' der Landesregierung und der Bildungsministerin, was die notwendige Vorbereitung angeht.
In Schleswig-Holstein besucht offenbar – je nach Studie – nur jedes dritte bis fünfte Schulkind ein Ganztagsangebot. Bundesweit ist es etwa jedes zweite Kind – das ist also schon einmal ein himmelweiter Unterschied, der darauf hindeutet, dass wir auch deutlich mehr aufzuholen haben als andere Bundesländer. Das sehen wir zum Beispiel auch, wenn wir allein nach Hamburg schauen.
Der Ganztag muss viel stärker nicht nur als familienpolitische, sondern auch als große bildungspolitische Chance gesehen werden. Gerade bei den Grundschulen: Wenn rund 20 Prozent der Grundschulkinder mittlerweile nicht mehr die Mindeststandards beim Lesen, Rechnen und Schreiben erreichen, dann ist das eine bildungspolitische Katastrophe.
Es gibt ja die berühmte AG Ganztag – ein sehr großes Gremium. Ein sehr großes Gremium ist womöglich gut gemeint, aber es hat bisher sehr wenig getagt und auch sehr wenige Ergebnisse produziert. Bisher wurde vor allem eine Studie zur Ist-Situation erstellt, die wenig überraschend ergeben hat, wie unterschiedlich die Kommunen bisher bei dem Thema auf dem Weg und somit vorbereitet sind. Viele sind sehr engagiert, andere haben noch großen Aufholbedarf. Ich habe den Eindruck, dass das Land bisher vor allem in einer Zuschauerrolle verharrt.
Das wird aber nicht reichen, wenn man den gesetzlichen Auftrag in Sachen Rechtsanspruch ernstnimmt und ihn tatsächlich ab dem Jahr 2026 erfüllen will. Es wurden noch immer nicht die Wünsche der Eltern erfasst. Ehrlich gesagt, hätte ich das doch schon früher auf den Weg gebracht und versucht herauszufinden: Was sind eigentlich die Wünsche der Eltern? Man muss doch den Bedarf kennen, wenn man auf etwas hinarbeitet.
Meine Damen und Herren, auch die landesweite stärkere Einbindung der potenziellen Partner fehlt; sei es aus dem Kulturbereich, aus dem Musikbereich, aus dem Sportbereich, bei den Feuerwehren usw. Die sind alle nicht so zufrieden, wenn man mit ihnen über die bisherige Einbindung spricht.
Es gibt viele Herausforderungen: Dazu gehören die Verfügbarkeit von Räumlichkeiten, die Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal. Ich frage mich, wo das Personal eigentlich herkommen soll. Und wie sieht es mit der tragfähigen Finanzierung aus: Das Land trägt bisher im Durchschnitt gerade einmal 14 Prozent bei, was wirklich lächerlich wenig ist, wenn man es zum Beispiel mit dem Kita-Bereich vergleicht. Das lässt sich sicherlich nicht eins zu eins gleichsetzen, aber ich finde, dass es doch schon sehr viele Parallelen mit dem Kita-Bereich gibt. Insofern sind 14 Prozent sehr wenig.
Wie soll das konkret zukünftig aussehen? Wir haben jetzt erfahren, dass es einen mit den Kommunen vereinbarten Schlüssel gibt, eine Quote. Aber was heißt das eigentlich konkret? Mit welchem konkreten Volumen rechnet das Land eigentlich bei den Betriebskosten? Und meine Damen und Herren, gibt es dafür eigentlich eine nennenswerte Vorsorge im Landeshaushalt? Ich kann das bisher, ehrlich gesagt, nicht erkennen.
Meine Damen und Herren, wir haben eine riesige Finanzierungslücke im Haushalt. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass 75 Prozent erst einmal viel klingen. Aber wenn man nicht weiß, wovon es die 75 Prozent sind, dann ist das einfach eine Zahl, die doch relativ luftleer im Raum steht.
Viele Fragen sind nicht geklärt. Welche Standards sollen eigentlich beim Personal und bei den Räumlichkeiten gelten? Wie sieht es mit den Elternbeiträgen aus? Das ist auch eine Frage, die sich viele Eltern derzeit stellen. Auf welchem Niveau sollen die Elternbeiträge liegen? Das habe ich, ehrlich gesagt, noch nicht herausgehört. Sollen die landesweit gedeckelt werden? Wenn ja: Auf welchem Niveau?
Wie soll die Entwicklung sein? Sollen das starre Deckel sein? Soll das dynamisch sein? Beim Kita-Elternteckel ist die Antwort auf diese Frage ja auch mittlerweile unklar. All diese Fragen muss die Landesregierung beantworten und zwar sehr zeitnah, denn es bleibt nicht mehr viel Zeit.
Der Ganztagsausbau ist eine Riesenchance. Der Rechtsanspruch ist ein großes Versprechen und dieses wichtige Projekt darf nicht scheitern, vor allem nicht an der Passivität dieser Landesregierung. Die Standards und die Finanzierung müssen zügig weiter geklärt werden.
Die benötigten Fachkräfte müssen mit einer Offensive ausgebildet werden."
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.