Innenpolitik/ Abschiebungshaft

Christopher Vogt zu TOP 32 „Abschiebungshaft ist keine humane Flüchtlingspolitik“

In seiner Rede zu TOP 32 (Abschiebungshaft ist keine humane Flüchtlingspolitik) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:

„‘Wir wollen eine humanitäre Flüchtlingspolitik und geregelte Zuwanderung. Aber das funktioniert nur, wenn auf der anderen Seite der Rechtsstaat handlungsfähig und durchsetzungsstark ist. Das heißt auch, dass abgelehnte Asylbewerber konsequent zurückgeführt werden in ihre Heimat. Da müssen auf Worte auch Taten folgen. ‘

Das sind nicht meine Worte, sondern die von Andrea Nahles, der SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzenden auf Bundesebene, die vor zwei Wochen den Medien zu entnehmen waren. Meine Fraktion teilt diese Position der SPD-Bundespartei. Sie alle wissen, dass die FDP-Landtagsfraktion seit jeher für eine humanitäre Flüchtlingspolitik steht. Sie dient den Menschen, die vor Krieg und Verfolgung zu uns flüchten müssen.

Wir setzen uns zudem für ein modernes Zuwanderungsrecht ein; mit klaren Kriterien und fairen Chancen – übrigens auch für die Menschen und ihre Familien, die seit Jahren gut integriert hier leben und nach aktueller Gesetzeslage kein dauerhaftes Bleiberecht haben. Das ist für viele gut integrierte Menschen eine Zumutung und eine verpasste Chance für unser Land. Das ist der sogenannte Spurwechsel, den wir endlich vernünftig regeln sollten und von dem bereits bei der Debatte gestern mehrfach die Rede war.

Wir setzen uns auch für verstärkte Integrationsmaßnahmen ein, sehen aber eben auch, dass sich in unserem Land viele Menschen aufhalten, die hier kein Bleiberecht haben. Wir bevorzugen selbstverständlich die freiwillige Ausreise. Allerdings reisen viele Menschen, die kein Bleiberecht haben, nicht freiwillig aus. Nicht wenige Ausreisepflichtige entziehen sich auch konsequent der angeordneten Abschiebung. Ich habe wirklich Verständnis für viele menschliche Schicksale. Der Rechtsstaat muss aber auch hier durchgesetzt werden. Das sind ja keine willkürlichen Maßnahmen, um die es hier geht, sondern die Entscheidungen von Richtern, die sich an unsere Gesetze halten.

Es gibt hier im Hohen Hause zwischen den staatstragenden Parteien seit vielen Jahren einen Grundkonsens, was eine humanitäre Flüchtlingspolitik betrifft. Wenn die SPD-Fraktion nun in ihrem Antrag formuliert, dass eine Abschiebehaftanstalt generell inhuman sei und den Grundsätzen einer freiheitlichen Gesellschaft widerspräche, frage ich mich, ob Sie sich wirklich gut überlegt haben, was Sie uns da vorgelegt haben. Und Sie müssen der Öffentlichkeit auch erklären, wie unser Aufenthaltsrecht ohne Abschiebungshaft konsequent durchgesetzt werden soll.

Die SPD-Fraktion diskreditiert mit ihrem Vorgehen nicht nur ihre eigenen Genossen im Bund und ihre Partei- und Fraktionsvorsitzende, sondern auch die SPD-regierten Landesregierungen in Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern, die sich ja an der Abschiebehafteinrichtung in Glückstadt beteiligen werden. Was aber noch erstaunlicher ist: Sie kritisieren auch Ihre eigene Politik in den letzten Jahren. Der damalige SPD-Landesinnenminister Studt forderte noch im vergangenen Jahr eine norddeutsche Abschiebehafteinrichtung, die wir nun schaffen werden. Ihm war als zuständiger Minister auch klar geworden, dass es nicht der bessere und humanere Weg ist, die Abschiebungen, die Sie ja auch vorgenommen haben, über die Einrichtungen in Eisenhüttenstadt oder auch Pforzheim vorzunehmen. Zumal die Einrichtung in Eisenhüttenstadt im Frühjahr 2017 wegen Baufälligkeit geschlossen werden musste. Es gab mit dem Land Brandenburg bis dahin sogar eine Verwaltungsvereinbarung zur Mitbenutzung. Zuvor wurde von Ihnen ja auch noch eine Zeit lang die Einrichtung in Rendsburg genutzt.

Die Abschiebungshaft kann nur die Ultima Ratio sein. Schleswig-Holstein wird den Vollzug der Abschiebungshaft losgelöst vom Strafvollzug durchführen, wie es auch das Europarecht fordert. Wir werden dies mit einem eigenen Abschiebungshaftvollzugsgesetz tun und dadurch mehr Verbindlichkeit und Rechtssicherheit geschaffen haben als etwa das SPD-regierte Niedersachsen. Dort wird die Abschiebehaft ohne eigenes Vollzugsgesetz vollzogen und erst Anfang dieses Jahres musste der Flüchtlingsrat in Niedersachsen die dortige Landesregierung zum Erlass eines Abschiebungshaftvollzugsgesetzes auffordern.

Darum möchte ich nochmal ausdrücklich darauf hinweisen: Wir schaffen nicht die Rechtsgrundlage für Abschiebungen, sondern für deren Vollzug. Es sollte doch eine Selbstverständlichkeit sein, dass unser Recht auch vollzogen und nicht der Beliebigkeit unterworfen wird. Lassen Sie den Innenminister seinen Gesetzesentwurf doch erst einmal dem Parlament vorlegen, damit wir diesen vernünftig beraten können, wie es auch parlamentarische Sitte ist. Wir haben heute einen Alternativantrag vorgelegt, der deutlich macht, dass wir Humanität und Rechtsstaatlichkeit vernünftig in Einklang bringen. Das Thema ist sehr ernst. Wir sollten sehr verantwortungsvoll damit umgehen. Wir sind hier schließlich nicht in Berlin.“

 

Es gilt das gesprochene Wort!