In seiner Rede zu TOP 33a (Dringlichkeitsantrag – Landtag über die Verhandlungsposition der Landesregierung informieren) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:
„Wir hatten in den letzten Tagen eine sehr dynamische Entwicklung zu verzeichnen – sowohl beim Infektionsgeschehen als auch bei der politischen Debatte. Sowohl in Deutschland als auch in Schleswig-Holstein. Es sind eben besondere Zeiten und Herausforderungen.
Dass wir sehr konsequent reagieren müssen, ist wohl für alle Beteiligten angesichts der Lage sehr klar. Dass ein harter Lockdown zum jetzigen Zeitpunkt auch bei uns in Schleswig-Holstein der richtige Weg ist, war Anfang der Woche noch nicht wirklich meine feste Überzeugung. Wir haben hier – nach wie vor – eine andere Lage bei der Inzidenzzahl, aber, und das ist der Punkt, eben mittlerweile auch starke Zuwächse und das macht die Situation ernst.
Wir haben hier in dieser Pandemie stets frühzeitig, vergleichsweise vorsichtig und dabei dennoch immer möglichst zielgenau – nach bestem Wissen und Gewissen – gehandelt und vor allem mit kühlem Kopf! Das Resultat ist eine der niedrigsten Inzidenzen bundesweit und gleichzeitig die höchste Zustimmung bundesweit. Ja, wir mögen da auch immer ein bisschen Glück gehabt haben. Die geographische Lage und das berühmte norddeutsche Temperament spielen uns schon in die Karten. Und natürlich auch, dass wir keine allzu engen Ballungsgebiete haben. Wir haben zwar einige wenige Fehler gemacht, aber wir haben eben auch sehr viel richtig gemacht. Und letzteres soll so bleiben. Wir haben die bundesweiten Vereinbarungen in der Regel sehr konsequent umgesetzt – meistens konsequenter als die Bundesländer, die es besonders nötig gehabt hätten. Aber wir haben da unsere besondere Verantwortung sehr ernst und auch wahrgenommen.
Ein Alleingang des Landes bei einem Lockdown kommt nicht infrage. Das ist allein schon eine Frage der Rechtssicherheit, denn alle Maßnahmen müssen auch rechtlich bestehen können. Eines ist völlig klar: Es wird in den nächsten Monaten angesichts der Ferienzeit auch keine bessere Gelegenheit mehr dafür geben als die kommenden Wochen. Und wenn man sich dafür entscheidet, sollte man es so machen, dass es auch möglichst viel bringt. Deshalb ist es ja auch nachvollziehbar, dass viele Experten, Kommunen, Verbände und Bürger uns sagen: ‚Wartet damit nicht zu lange und seid konsequent‘.
Als Liberale sind wir naturgemäß erstmal zurückhaltend bei solchen staatlichen Maßnahmen und skeptischer als wohl alle anderen. Auch in dieser Krise haben wir damit eine ganz wichtige Rolle, denn jede Maßnahme stellt einen Eingriff dar, der wohlüberlegt sein muss. Und auch die Frage nach milderen Mitteln muss immer die erste Maßnahme sein. Wir müssen stets abwägen und die freiheitseinschränkenden Maßnahmen auf ihre Verhältnismäßigkeit prüfen. Und wir müssen auch beim generellen Management immer wieder nachsteuern: wie bei den Themen Schulbusse, Corona-App, Schutz von Alters- und Pflegeheimen, Teststrategie oder Verteilung von FFP2-Masken gesprochen. Wir sind als Liberale durch und durch verantwortungsbewusst, staatstragend und vor allem rational. Und deshalb ist der Rat von Wissenschaftlern auch sehr wichtig für uns. ‚Die Wissenschaft‘ gibt es wohl genauso wenig wie ‚die Politik‘. Hier ist man sich aber in der Wissenschaft ziemlich einig. Wir müssen faktenbasiert handeln und dürfen uns nicht nur dann auf die Wissenschaft berufen, wenn es einem passt.
Der ‚Lockdown light‘ hat auf Dauer nicht den gewünschten Effekt gebracht. Wir haben nach wie vor große Unterschiede zwischen dem Nordwesten und dem Südosten unseres Landes. Die hohen Inzidenzzahlen sind ein Problem. Die konkreten Maßnahmen, die wir als politisch Verantwortliche beschließen, sind in unserer Demokratie und unserem Rechtsstaat ja immer auch nur die eine Seite der Medaille. Die andere ist das konkrete Verhalten von uns allen als soziale Wesen, die wir nun einmal sind. Und da hat eben jeder Einzelne eine Verantwortung. Ohne die Einsicht und Rücksichtnahme der großen Mehrheit der Bevölkerung wird es auch mit diesem Lockdown nicht klappen, bis etwa Mitte Januar das Infektionsgeschehen spürbar herunterzubringen. Es wird nur funktionieren, wenn wir die Kontakte reduzieren, und zwar auch in den privaten Wohnungen. Aber der private Raum ist eben auch besonders geschützt und wir werden hier keine Kontrollen durchführen. Gleichzeitig ist Weihnachten ein Fest der Familie, eine Zeit, in der sich die engste Familie treffen möchte. Wir wollen hier keine lebensfremden Lösungen schaffen, die am Ende niemand einhalten wird, aber gleichzeitig muss Weihnachten in diesem Jahr leider wesentlich reduzierter ausfallen als man es vielleicht bisher kannte. Die Nebenwirkungen des Lockdowns sind eben nicht nur wirtschaftlicher, sondern auch sozialer und psychologischer Natur. Gerade für kleine Kinder ist ein knappes Jahr ein enormer Zeitraum und die Corona-Krise mit all ihren Maßnahmen eine sehr prägende Zeit.
Aber wir haben aus dem Frühjahrs-Lockdown gelernt. Wir wissen, wie wichtig Kitas und Schulen sind, wenn es um die Betreuung der Kinder geht, damit unsere Wirtschaft so gut wie möglich funktionsfähig bleibt. Wir werden kein touristisches Betretungsverbot wie im ersten Lockdown machen. Die Zweitwohnungen wird man nutzen können. Und wir werden auch die Spielplätze nicht schließen. Und es wird in Schleswig-Holstein keine Ausgangssperren geben, auch nicht an Silvester. Dafür werden wir die Hotels weiter nur für Dienstreisende öffnen, aber nicht für Familienbesuche über Weihnachten. Gaststätten sollen einen Außer-Haus-Verkauf anbieten dürfen und Kantinen die Mitarbeiter eines Unternehmens bewirten.
Allerdings darf sich jetzt der Bund nicht vom Acker machen. Er muss jetzt zügig die Wirtschaftshilfen abwickeln und die angekündigten Abschlagszahlungen schnell auszahlen. Die Menschen und unsere Unternehmen brauchen ein Ziel und Perspektiven, wie es in Zukunft weitergeht. Es muss endlich einen Stufenplan geben, der verlässliche Maßnahmen aufzeigt.“