Christopher Vogt zu TOP 36 "Gestaltungsräume für Schulen durch Experimentierklausel vergrößern"

Christopher Vogt

In seiner Rede zu TOP36 (Gestaltungsräume für Schulen durch Experimentierklausel vergrößern) erklärt der bildungspolitische Sprecher und Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:

"Die Koalitionsfraktionen legen uns heute erneut einen Antrag vor, mit dem ein Konzept des Bildungsministeriums gefordert wird, das bereits im Koalitionsvertrag vereinbart wurde und an dem das Ministerium vermutlich auch schon längst arbeitet. Mein geschätzter Parlamentarischer Geschäftsführer würde hier von einem klassischen ‚Schaufensterantrag‘ sprechen.

Mit diesem Antrag fordert die schwarz-grüne Mehrheit – nach gerade einmal acht Monaten Wahlperiode – nun schon mindestens das siebte Konzept des Bildungsministeriums, wenn ich richtig mitgezählt habe. Denn es gibt schon

  • das Rahmenkonzept zur Etablierung von Campusklassen,
  • das Konzept zur Verbraucherbildung,
  • das Rahmenkonzept zur Erprobung von Verwaltungsleitungen – der Antrag wurde allerdings wieder zurückgezogen, weil das Ministerium es dann schon selbst verkündet hatte –,
  • das Konzept zur Verbesserung der Leistungen von Grundschülern,
  • die Strategie zur Lehrkräftegewinnung,
  • das Konzept zur landesrechtlichen Umsetzung des Rechtsanspruches Ganztag in der Grundschule ab 2026/27,
  • und nun das Konzept zur Experimentierklausel.

Man kann wirklich nur hoffen, dass die Bildungsministerin da nicht langsam den Überblick verliert und dem Landtag vielleicht demnächst auch endlich einmal eines davon vorlegt, denn die ersten Konzepte werden ja demnächst auch fällig, z.B. das Konzept zur Verbraucherbildung und die Strategie zur Lehrkräftegewinnung im ersten Quartal 2023.

Ich habe für Sie auch noch weitere Ideen für Konzepte, die das Ministerium entwickeln könnte: Nämlich zum Umgang in den Schulen mit Künstlicher Intelligenz – Stichwort ChatGPT –, zum Umgang mit sehr hartnäckiger Schulverweigerung aus weltanschaulichen Gründen –Stichwort Reichsbürger, da stößt das bisherige Konzept gegen Schulabsentismus nämlich offensichtlich an Grenzen – und – last but not least – zum flächendeckenden Schwimmunterricht, wo sich die Koalition durch die Verweigerung einer mündlichen Anhörung und einen wirklich peinlichen Alternativantrag im Bildungsausschuss nun wirklich nicht mit Ruhm bekleckert hat.

Innovationen zu fördern, findet die FDP-Fraktion grundsätzlich immer sinnvoll. Und es macht nicht nur Sinn, sondern es ist auch dringend notwendig, unseren Schulen mehr Freiräume zu geben, damit sie sich besser entwickeln und ihre Stärken ausspielen können. Ich weiß allerdings nicht so recht, ob man dafür jetzt wirklich erst einmal Regionalkonferenzen durchführen muss, um Best-Practice-Beispiele zu sammeln. Schaden können sie sicherlich nicht, aber die Bereiche, wo mehr Freiräume für die Schulen absolut Sinn machen, liegen meines Erachtens eigentlich schon relativ klar auf der Hand:

Man sollte den Schulen zum Beispiel einen eigenen angemessenen Etat zur Verfügung stellen, damit spezifische, an den Gegebenheiten der Schule orientierte Fortbildungsmaßnahmen finanziert werden können. Oder man sollte bilingualen Unterricht ermöglichen, also z.B. Fachunterricht in einer modernen Fremdsprache. Oder es könnte auch mehr Möglichkeiten geben, in Unternehmensplanspielen und anderen Formen des Projektunterrichts – im Rahmen der Berufsorientierung – die Bereitschaft zu fördern, eigene innovative Geschäftsideen zu entwickeln und somit den Gründergeist zu stärken. Wenn Sie den Schulen wirklich mehr Freiheiten verschaffen wollen, dann können und sollten Sie jetzt schon mal damit anfangen. Ansonsten bleibt der Verdacht, dass es Ihnen vor allem darum geht, politisch gewollte Konzepte zu implementieren.

Viel interessanter als das, was Sie in Ihren Antrag geschrieben haben, finde ich das, was Sie nicht hereingeschrieben haben. Denn in Ihrem Koalitionsvertrag hatten Sie zu diesem Thema ja noch einen ‚Innovationsfonds‘ bzw. ein ‚Innovationsbudget‘ angekündigt. Warum ist von diesem ‚Innovationsfonds‘ bzw. diesem ‚Innovationsbudget‘ in Ihrem Antrag jetzt gar keine Rede mehr? Haben Sie die angekündigten Mittel bereits gestrichen? Falls ja, wie sollen die Schulen das denn ohne zusätzliches Geld sinnvoll umsetzen? Falls nein, welche Summe wollen Sie dafür aufwenden und wie soll das Geld an die teilnehmenden Schulen verteilt werden? Diese Informationen brauchen wir jetzt schon, wenn wir Ihren Antrag halbwegs ernst nehmen sollen.

Wir sind dabei, wenn Sie den Schulen wirklich mehr Freiräume verschaffen wollen. Dafür muss man aber nicht erst lange warten und Konzepte schreiben. Und man sollte dann auch das angekündigte Geld zur Verfügung stellen und es nicht gleich heimlich, still und leise wieder wegkürzen."

 

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort