In seiner Rede zu TOP 36B+41 (Wehrhafte Demokratie für ein vielfältiges Land – Demokratiefeinden und Vertreibungsplänen entgegentreten und Verfassungsschutzbericht 2022) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:
„Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir hier heute erneut interfraktionell das klare und unmissverständliche Signal senden, dass wir uns gemeinsam für eine wehrhafte Demokratie, für Rechtsstaatlichkeit und für Weltoffenheit – also im Kern für die Werte unseres Grundgesetzes – sehr entschlossen einsetzen. Dieser Grundkonsens ist das Fundament unserer Demokratie und mittlerweile ja leider in deutschen Parlamenten längst nicht mehr selbstverständlich.
Es überrascht hier sicherlich niemanden mehr, dass es ein solches Treffen wie in Potsdam gegeben hat. Aber dass einige der – ja auch nicht ganz unbekannten – Protagonisten ihre menschenverachtenden und zutiefst undemokratischen ‚feuchten Träume‘ von einer Gesellschaft ohne – aus ihrer Sicht – unliebsame Personen immer hemmungsloser auf solchen Treffen besprechen und offenbar Pläne schmieden, zeigt uns allen erneut sehr deutlich auf, wohin dieses Land steuern würde, wenn wir hier jetzt kein Stoppschild aufstellen.
Es ist deshalb gut zu sehen, dass in den letzten Tagen so unglaublich viele Menschen aus der breiten Mitte der Gesellschaft gegen Rechtsextremismus demonstriert haben. Ich kann gut nachvollziehen, dass viele Menschen in Deutschland nicht nur große Sorge, sondern auch Angst haben, wenn sie davon hören, dass solche Leute Millionen Menschen – und sogar deutsche Staatsangehörige – aus Deutschland vertrieben wollen. Es wird immer klarer sichtbar, dass die AfD alles andere als harmlos ist, und dass viele ihrer Vertreterinnen und Vertreter nicht fest auf dem Boden unseres Grundgesetzes stehen. Diese Partei will aus Deutschland ein anderes Land machen. Und es wäre mit Sicherheit kein besseres Land – ganz im Gegenteil. Deshalb habe ich auch kein Verständnis dafür, wenn man diese Partei ‚aus Protest‘ wählen will.
Ich bin – nicht nur mit Blick auf den ‚Opfer-Mythos‘ – dennoch dafür, diese Partei vor allem politisch zu bekämpfen: Alle Demokraten sind aufgefordert, sich in ihrem Umfeld offensiv für die Wahl von demokratischen Parteien einzusetzen und auch Zivilcourage zu zeigen – also bei Ausländerfeindlichkeit oder Propaganda gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung – einzuschreiten. Leider werden viele Menschen ja mittlerweile im Internet radikalisiert, so dass es nicht immer ganz einfach ist, mit ihnen überhaupt ins Gespräch zu kommen. Putins Troll-Armeen erreichen sie nicht selten einfacher als die demokratischen Parteien und darauf müssen wir auch neue Antworten finden.
2024 wird ja ein ganz besonderes Wahljahr werden: Es wird nicht nur in Ostdeutschland um sehr viel gehen, sondern auch bei der Europawahl. Wir sehen doch auch mittlerweile quasi jeden Tag, wie wichtig die Entscheidungen des Europäischen Parlaments für unseren Alltag sind. Das ist schon längst kein mehr oder weniger unbedeutendes Gremium mehr, wo vielleicht nicht so sehr entscheidend ist, wer da eigentlich sitzt. Wir dürfen es nicht den Populisten und Extremisten und auch nicht den Spaßparteien überlassen.
Es gibt in nahezu allen westlichen Demokratien seit Jahren die gefährliche Entwicklung, dass Populisten und Extremisten auf dem Vormarsch sind und die etablierten Parteien unter Druck geraten. In Deutschland ist das etwas später passiert, aber die Parallelen fallen ja auf. Das hat verschiedene Gründe. Die großen Krisen der vergangenen 15 Jahre haben viele Menschen – bis weit hinein in die Mittelschicht – verunsichert.
Der Vormarsch der Rechtspopulisten ist aber auch kein Naturgesetz. Das beste Rezept gegen Populisten und Extremisten ist meines Erachtens, wenn die demokratischen Parteien ihren Job besser machen und konstruktiv die Probleme lösen, die die meisten Menschen umtreiben. Die etablierten Parteien sind mehr denn je gefordert, der AfD durch einerseits klare Kante und andererseits durch Lösungskompetenz das Wasser abzugraben, wie es in Schleswig-Holstein zur Landtagswahl bereits geklappt hat. Als die AfD hier 2017 in den Landtag kam, haben wir es ziemlich schnell gemeinsam hinbekommen, einen sinnvollen Umgang mit ihr zu finden. Wir haben diese Fraktion durch unser Verhalten nicht größer gemacht als sie war. Wir sind nicht über jedes Stöckchen gesprungen, aber haben dieser Truppe eben auch ganz klar die Grenzen aufgezeigt. Sie wurde dadurch bereits während der Wahlperiode kleiner und war am Ende ja auch schon gar keine Fraktion mehr. Die sehr hohe Zufriedenheit mit der Jamaika-Koalition – am Ende waren es rund 75 Prozent – hat natürlich auch geholfen.
Sehr wichtig ist es meines Erachtens auch, dass wir Demokraten unsere Unterschiede vernünftig deutlich machen, damit die Bürgerinnen und Bürger diese auch erkennen können und am Ende eine Wahl haben. Wenn alles nur noch als eine Soße wahrgenommen wird, hilft auch dies den politischen Rändern. Auch das Beispiel Dänemark zeigt sehr eindrucksvoll, wie es gelingen kann, dass demokratische Parteien erfolgreich Vertrauen zurückgewinnen und rechtspopulistischen Parteien den Nährboden entziehen können. In Dänemark waren es vor allem maßgebliche Korrekturen an der Migrationspolitik, die die rechtspopulistische Dänische Volkspartei, die zwischenzeitlich über 20 Prozent der Stimmen erreicht hatte, wieder sehr kleingemacht haben. Dies wäre meines Erachtens in ähnlicher Form auch in Deutschland möglich, wenn die etablierten Parteien deutlicher machen würden, dass sie die bisherige Migrationspolitik spürbar ändern wollen. Ich warne deshalb auch sehr davor, notwendige rechtsstaatliche Maßnahmen wie Abschiebungen mit den menschenverachtenden Vertreibungsplänen von Rechtsextremisten in einen Topf zu werden.
Unsere Demokratie muss nach außen und nach innen wehrhaft sein, wenn sie bestehen will. Das ist eine elementar wichtige Lehre aus unserer Geschichte. Nie wieder ist jetzt."
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.