In seiner Rede zu TOP 46 (10-Punkte-Plan für jüdisches Leben – Bildungsoffensive gegen Antisemitismus) erklärt der bildungspolitische Sprecher und Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:
„Antisemitismus darf in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Der Hass auf Juden ist jedoch eine Form der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, die unsere Gesellschaft leider schon seit Jahrhunderten (oder eigentlich sogar schon deutlich länger) immer wieder aufs Neue vergiftet und auch verschiedene politische und religiöse ,Triebfedern' hat. Unser Land hat hier angesichts des Holocaust – oder besser gesagt: der Shoah – eine ganz besondere Verantwortung.
Hass, Hetze und Gewalt gipfelten in einem von Nazi-Deutschland verantworteten Völkermord, bei dem rund zwei Drittel der europäischen Juden umgebracht wurden. Dieses Menschheitsverbrechen muss uns vor allem eines lehren: ,Wehret den Anfängen'. Aus Worten können sehr schnell Taten werden.
Der Antisemitismus war eigentlich schon immer ein Problem – er kam und kommt von der politischen Rechten, von der politischen Linken, von christlichen und von muslimischen Fundamentalisten und sogar aus der Mitte der Gesellschaft. Ich bin auch immer wieder fassungslos, wie hartnäckig sich bestimmte Vorurteile selbst bei sehr gebildeten Menschen halten. Der Philosoph Richard David Precht ist da nur ein trauriges Beispiel.
Die Zunahme von Antisemitismus war in den letzten Jahren besorgniserregend. Die Entwicklung in den letzten Wochen ist katastrophal. Seit dem Massaker der Hamas am 7. Oktober in Israel und der notwendigen israelischen Reaktion im Gaza-Streifen eskaliert der Hass auf Israel und jüdische Menschen bei bestimmten Gruppen und dies erfordert eine klare Reaktion des Staates und der Gesellschaft.
,Nie wieder ist jetzt' muss es nun deshalb für uns Demokraten heißen.
Die Schulen spielen beim Kampf gegen den Antisemitismus eine ganz besondere Rolle. Deshalb ist es richtig, dass wir zu diesem Thema einen gemeinsamen Antrag mit verschiedenen Maßnahmen vorgelegt haben. Mein Dank geht dafür an die Koalitionsfraktionen. Das ist erneut ein sehr klares gemeinsames Signal dieses Parlaments, wenn es um eine so grundlegende Frage für unsere Demokratie und unsere Gesellschaft geht.
Es war gut, dass das Bildungsministerium den Schulen vor einigen Wochen noch einmal Info-Material an die Hand gegeben hat, um sie bei dieser Herausforderung zu unterstützen. Die Bildungsministerin hat sich zum Thema jüdisches Leben in Schleswig-Holstein und Deutschland zuletzt mehrmals sehr klar zu Wort gemeldet – auch in sehr persönlicher und berührender Form, wie ich finde.
Frau Prien, bei allen inhaltlichen Differenzen, die wir haben und austragen: Ich bin davon überzeugt, dass der Kampf gegen den Antisemitismus bei Ihnen in sehr guten Händen ist.
Meine Damen und Herren! Von den Kolleginnen und Kollegen wurden jetzt schon viele wichtige Punkte angesprochen. Was meine Fraktion bei diesem Thema besonders wichtig ist, ist Folgendes: Der Geschichtsunterricht ist gerade mit Blick auf die deutsche Verantwortung von besonderer Bedeutung und muss vor allem hinsichtlich des Holocausts und des Nahost-Konflikts verbessert werden.
Der Nahost-Konflikt ist ja durchaus komplex, und es ist hochproblematisch, wenn die jungen Menschen – vor allem die jungen Muslime – hierzu vor allem Propaganda via Social Media erreicht. Das ist brandgefährlich und da muss man gegensteuern.
Besonders beeindruckend ist es – gerade für junge Menschen – ja immer, wenn man direkt konfrontiert wird oder die Dinge mit eigenen Augen sieht. Leider ist es mittlerweile so, dass es immer weniger Zeitzeugen der Shoah gibt, die selbst berichten können – wie zum Beispiel die sehr beeindruckende Margot Friedländer. Deshalb muss es umso mehr das Ziel sein, dass jede Schülerin und jeder Schüler mindestens einmal in der Schullaufbahn eine entsprechende Gedenkstätte besucht.
Ich habe in meiner Schulzeit gleich mehrere ehemalige Konzentrationslager besucht. Das sind Dinge, die man nie vergisst und die einen – zumindest in der Regel – gegen Antisemitismus schon ziemlich immun machen.
Auch Lernorte hier in Schleswig-Holstein können eine wichtige Rolle spielen. Und natürlich auch entsprechende Thementage in den Schulen selbst – zum Beispiel an bestimmten Jahrestagen. Wir müssen jüdische Schülerinnen und Schüler bestmöglich schützen – sie müssen sich an unseren Schulen sicher fühlen können.
Wir müssen unsere Lehrkräfte unterstützen – nicht nur mit Material, sondern auch durch geeignete Aus-, Fort- und Weiterbildung und insbesondere bei Konfliktfällen. Da muss das Land ihnen als Dienstherr den Rücken stärken. Wir müssen sehr genau darauf achten, wer an unseren Schulen präsent ist. Das gilt für Personen, die dort tätig sind, aber auch für bestimmte Organisationen.
Es kann einfach nicht sein, dass zum Beispiel Ditib ganz offiziell immer noch an deutschen Schulen präsent ist. Es tut mir leid, aber der Einfluss der türkischen Regierung und ihrer Religionsbehörde muss unbedingt schnellstmöglich zurückgedrängt werden. Und ein klares Bekenntnis zum Grundgesetz und gegen Antisemitismus ist nun wirklich nicht zu viel verlangt, insbesondere wenn man an öffentlichen Schulen präsent sein will oder von öffentlichen Zuschüssen profitieren will.
Wir haben auch ein großes Problem mit Antisemitismus an den Hochschulen. Wir sehen es insbesondere in den USA, ausgerechnet auch in den Elite-Universitäten der USA, wir sehen es aber auch an Hochschulen in Deutschland, wo sich Islamisten und Linksintellektuelle die Hand reichen, wenn es gegen Israel geht. Ich glaube, deswegen müssen wir uns gegen Islamismus an unseren Schulen und Hochschulen insgesamt sehr deutlich einsetzen.
Meine Damen und Herren, das gilt auch für den Kulturbereich, wenn man zum Beispiel an die Documenta denkt.
Wir haben also sehr viel zu tun. Ich danke allen Beteiligten für diesen Antrag und ich glaube, wir werden gemeinsam viel erreichen können, wenn wir fest entschlossen in der Sache gemeinsam kämpfen.“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.