In seiner Rede zu TOP 5+6+26 (Haushaltsberatungen 2025) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:
„Wir alle erleben seit einigen Jahren sehr herausfordernde Zeiten. International hat sich nicht nur die sicherheitspolitische Lage deutlich verschärft, sondern auch die internationale Wettbewerbssituation. Wir merken zunehmend, dass das über lange Zeit sehr erfolgreiche Geschäftsmodell unserer Volkswirtschaft nicht mehr so gut funktioniert, weil die internationale Konkurrenz eben größer geworden ist und es unserem Land leider an Wettbewerbsfähigkeit mangelt. Das spüren wir mittlerweile auch in allen öffentlichen Haushalten – auf Bundesebene, auf Länderebene und in den Kommunen – und diese Entwicklung gefährdet insgesamt den Wohlstand unserer älter werdenden Gesellschaft, der eben alles andere als selbstverständlich ist, sondern immer wieder aufs Neue erwirtschaftet werden muss.
Es braucht deshalb aus meiner Sicht dringend eine ‚Wirtschaftswende‘ und eine Art ‚Agenda 2030‘ von Bund und Ländern: Die Bürokratiebelastung muss auf allen Ebenen weniger, der Sozialstaat zielgenauer, die Energiepreise niedriger, Arbeit lohnenswerter, Bildung und Infrastruktur besser und die Bundeswehr schlagkräftiger werden. Die qualifizierte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt muss einfacher und die irreguläre Migration eingedämmt werden. In unserem Steuersystem gibt es viel zu verbessern, ich bin aber nicht der Meinung, dass das Steueraufkommen durch höhere Steuern z.B. für den Mittelstand vergrößert werden sollte, sondern wieder durch mehr wirtschaftliches Wachstum, das man fördern und nicht sabotieren sollte. Und ich bin auch nicht der Meinung, dass unser Staat aktuell zu gering verschuldet ist – weder was die direkte Staatsverschuldung angeht noch was die indirekte Staatsverschuldung betrifft, die größtenteils im Sozialversicherungssystem und den Pensionsversprechen der Länder versteckt ist und ein gewaltiges Problem für die junge Generation darstellt. Es braucht wieder mehr Haushaltsdisziplin und mehr Konzentration auf staatliche Kernaufgaben wie Sicherheit, Infrastruktur oder Bildung.
In den letzten Jahren sind die staatlichen Ausgaben stark angestiegen, während dies bei den Einnahmen nicht in gleichem Umfang der Fall war. Das Land Schleswig-Holstein ist da keine Ausnahme. Es gibt im Landeshaushalt mittlerweile ein erhebliches strukturelles Defizit, das jedoch bei weitem nicht nur das Ergebnis einer anhaltend schwachen wirtschaftlichen Entwicklung ist. Die schwarz-grünen Haushaltsprobleme sind zu einem großen Teil auch hausgemacht. CDU und Grüne haben leider viel zu spät reagiert. Der vorliegende Haushaltsentwurf für das Jahr 2025 zeigt jetzt sehr deutlich, dass die schwarz-grüne Landesregierung zunehmend in schwerer See unterwegs ist. Mit Blick auf verschiedene Themen droht der Landesregierung sogar ein heißer Herbst. Die Rückkehr zu einer seriösen Haushaltspolitik ist deshalb dringend notwendig.
Ich will einmal kurz daran erinnern: Es gab im letzten Jahr eine völlig überraschende und ziemlich chaotische Haushaltssperre, die nach einer schnellen Einsparung von rund 100 Millionen Euro schon nach wenigen Tagen wieder aufgehoben wurde. Bis heute rätseln viele Beobachter und auch wir, warum die ehemalige Finanzministerin zu diesem recht ungewöhnlichen Schritt gegriffen hat. Offenbar sollte dieses Manöver dazu dienen, die eigenen Leute wachzurütteln und disziplinieren. Der Haushalt 2023 war mit Blick auf das Karlsruher Urteil zur Schuldenbremse und mangels eines entsprechenden Nachtragshaushalts bereits verfassungswidrig, wie mehrere Anzuhörende im Finanzausschuss überzeugend erläutert hatten. Der Haushalt 2024 ist mit seiner bundesweit einmaligen Dreifach-Notlage und der umfassenden Aufstockung der Notkredite durch die Nachschiebeliste laut dem von uns in Auftrag gegebenen Gutachten ebenfalls verfassungswidrig, was das Landesverfassungsgericht derzeit prüft. Wir gehen davon aus, dass das Landesverfassungsgericht diese schwarz-grüne Haushaltspraxis kassieren wird.
Der gestern von der Landesregierung vorgestellte Nachtragshaushalt spricht auch dafür, dass diese Notkredite in der Sache gar nicht wirklich benötigt wurden, wenn diese – bereits im Oktober – mal eben um rund 327 Millionen Euro abgesenkt werden können. Offenbar kann dieses Geld nicht mehr bis zum Jahresende ausgegeben werden. Dabei war das Prinzip der Jährigkeit und Jährlichkeit, das das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zur Schuldenbremse noch einmal sehr stark betont hatte, doch bereits bei der Verabschiedung des aktuellen Haushalts allen Beteiligten klar. Ich kann die Landesregierung auch nur davor warnen, jetzt Notkreditmittel zu nutzen, um ungeplante Ausgaben zu tätigen. Da hört man momentan ja interessante Dinge und das werden wir uns ganz genau anschauen – und das Verfassungsgericht vermutlich auch!
Wir haben es mittlerweile mit einer neuen Finanzministerin zu tun, die ja auch als bisherige Verfassungsrichterin deutlich gemacht hat, dass sie auf die Verfassungskonformität der Landesfinanzen genau achten will. Das nehme ich ihr auch ab, allerdings bin ich sehr skeptisch, dass dieser Haushaltsentwurf eine entsprechende Prüfung bestehen würde. Es soll jetzt nur noch einen Notkredit geben – mit Blick auf das Thema Ukraine. Aber wenn ich mir die bemerkenswerte Begründung, die daraus geplanten Ausgaben und auch den geringen Umfang anschaue – nämlich 116 Millionen Euro bei einem Gesamtvolumen des Haushalts von rund 17 Milliarden Euro – dann sehe ich weder die Notwendigkeit noch die Rechtmäßigkeit dieses Notkredits. Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts zu unserer Klage gegen den Haushalt 2024 werden Sie das voraussichtlich anders lösen müssen. Ich kann Ihnen nur raten: Streichen Sie diesen Notkredit wieder aus Ihrem Haushaltsentwurf.
Ich will viele Kürzungen im vorliegenden Haushaltsentwurf heute gar nicht kritisieren. Es ist ja dringend notwendig und eigentlich überfällig, hier etwas zu tun. Sie bedienen sich auch einiger Rücklagen und lassen oftmals auch einfach etwas Luft aus Haushaltstiteln. An einigen Stellen scheint der Entwurf nicht so recht zu den vorherigen Ankündigungen der Landesregierung zu passen. Da braucht es noch mehr Transparenz und Klarheit, um den Entwurf detailliert bewerten zu können. Das werden wir uns in den nächsten Wochen sehr genau anschauen, wieder viele Fragen stellen und uns da – wie gewohnt – konstruktiv einbringen. Ich will aber sehr deutlich machen, dass wir die schwarz-grüne Schwerpunktsetzung an verschiedenen Stellen für falsch halten – und sie irritiert uns teilweise auch wirklich. Ich weiß noch aus eigener, leidvoller Erfahrung, wie schwierig eine Haushaltskonsolidierung ist – auch deshalb möchte ich fair sein. Ich sage Ihnen aber auch: Für eine gelingende Haushaltskonsolidierung braucht es nicht nur eine sinnvolle Schwerpunktsetzung, sondern auch Ehrlichkeit. Wenn ich aus dem Regierungslager höre, dass bei der Bildung gar nicht gespart würde, macht mich das schon wirklich fassungslos, wenn ich Ihre Vorschläge sehe!
Der Bildungsbereich steht vor enormen Herausforderungen. Das bestätigen uns auch alle Bildungsstudien mit teilweise wirklich verheerenden Ergebnissen. Ich vermisse nennenswerte Reaktionen der Bildungsministerin auf diese fatale Entwicklung, die die Chancen unserer Kinder und Jugendlichen schmälert und den Wohlstand unserer Gesellschaft gefährdet. CDU und Grüne wollen jetzt im Bildungsbereich an wirklich schmerzhaften Stellen Millionenbeträge einsparen. Die Absenkung der Unterrichtsversorgung ist problematisch, weil schon heute viel zu viel Unterricht ausfällt. Das geht massiv zu Lasten der Bildungsqualität. Auch die Kürzungen bei der Kontingentstundentafel und das Streichen von 40 Stellen bei den Berufsbildenden Schulen sind harte Einschnitte. Ich halte das in dieser Form für falsch. Bei der Bildung sollte man als Letztes sparen und nicht als Erstes. Im Vergleich dazu fällt auf, dass das Umweltministerium bei den Einsparungen sehr glimpflich davonkommt. Um es einmal zuzuspitzen: Um fragwürdige Ranger bezahlen zu können, werden jetzt Lehrerstellen gestrichen! Das ist wirklich absurd und ein schwerer Fehler dieser Landesregierung!
Die notwendige Haushaltskonsolidierung wird nicht nur durch Kürzungen gelingen, die Landesregierung muss auch mehr dafür tun, dass es in Schleswig-Holstein wieder mehr Wirtschaftswachstum gibt. Das fängt bei der Infrastruktur an: Der Haushaltsentwurf sieht mit 9,1 Prozent wieder eine sehr geringe Investitionsquote von unter zehn Prozent vor. Das ist aus unserer Sicht zu wenig, auch weil wir wissen, dass die reale Investitionsquote am Ende oft noch einmal deutlich unter der geplanten liegt. Und Kürzungen wie beim Landesstraßennetz sind einfach kontraproduktiv: Wenn man hier beim Erhalt und der Sanierung kürzt, zahlt man am Ende doppelt. Ich dachte eigentlich, dies wäre mittlerweile eine allgemeine Lehre aus den vergangenen Jahren. Wobei: Die Grünen wollten an diese Titel immer schon heran, ich halte das für völlig fehlgeleitet.
Schleswig-Holstein hat eigentlich gute wirtschaftliche Chancen, macht daraus aktuell aber zu wenig: Mit einer gewissen Sorge schauen wir wohl alle derzeit auf die Entwicklung bei Northvolt, dessen Ansiedlung in den letzten beiden Jahren zu einer Art Kronzeugin für das schwarz-grüne Mantra vom ‚klimaneutralen Industrieland‘ gemacht wurde. Das höre ich aktuell nicht mehr von der Landesregierung. Ich hoffe, im Interesse unseres Bundeslandes, dass diese Ansiedlung trotz aller Widrigkeiten am Ende doch klappen wird. Aber auch die Situation an einigen Werften oder auch Standortschließungen wie bei Coca-Cola in Neumünster bereiten Sorge, während es im Gegenzug einfach zu wenig positive Nachrichten aus der Wirtschaft gibt. Das Einzige, was sich hier derzeit wirklich nachhaltig anzusiedeln scheint, ist das zweite Wolfsrudel. Übrigens im Sachsenwald – vermutlich wegen der niedrigen Steuern dort.
Aber im Ernst: Es reicht nicht aus, wenn der Wirtschaftsminister immer nur über Optimismus redet. Es braucht auch wieder mehr Grund für Optimismus. Von einem ‚klimaneutralen Industrieland‘ ist unser Bundesland aktuell leider sehr weit entfernt. Wenn wir ehrlich sind, droht eher eine Deindustrialisierung und ich würde mir sehr wünschen, dass das Land da stärker gegensteuert und endlich auch mal neue Impulse setzt. Es wurde zuletzt sehr lange über ein Projektbüro an der Westküste diskutiert: Wie wäre es zum Beispiel, wenn das Land über die WTSH an der Westküste oder auch an der entstehenden Fehmarnbelt-Trasse auch über die Entwicklung eigener Industrie- und Gewerbeflächen nachdenkt?
Auch Teilen des Handwerks und vor allem der Baubranche geht es derzeit nicht wirklich gut, während sich viele Menschen um die Bezahlbarkeit des Wohnens sorgen. Hier ist die Landesregierung auf dem falschen Kurs, und zwar mit der Grundsteuerreform, die das Wohnen oftmals zu verteuern droht. Aber auch bei der ablehnenden Haltung im Bundesrat, was die Flexibilisierung der Grunderwerbsteuer angeht. Die angekündigte Eigenheimzulage wird sowieso nicht mehr kommen und jetzt soll es auch noch eine gesetzliche Pflicht zur Installation einer Photovoltaik-Anlage für private Bauherren geben. Dabei kommt das Land seiner festgeschriebenen Vorbildfunktion aus dem betreffenden Energiewende- und Klimaschutzgesetz noch nicht einmal nach. Es gibt noch immer kaum PV-Anlagen auf den Gebäuden des Landes. Wer Privathaushalten neue Vorschriften macht, sollte erstmal selbst liefern. Die angekündigte Gesetzesnovelle ist sowieso ein planwirtschaftliches Bürokratiemonster, bei dem sich die Grünen offenbar komplett durchgesetzt haben. Wie bei der Grundsteuerreform passt dies überhaupt nicht zu den Ankündigungen, man wolle Bürokratie abbauen. Es passiert erneut das genaue Gegenteil. Aus der Diskussion über Habecks Heizungsgesetz wurde offenbar überhaupt nicht gelernt
Wir plädieren für einen fairen Umgang mit den Kommunen, die derzeit oftmals große Haushaltsprobleme haben – dies betrifft zum Beispiel den Kita-Bereich oder auch die Städtebauförderung. Der Versorgungsfonds der Beamten soll nun offenbar doch nicht geplündert werden, aber die Leistungskürzung bei der Beihilfe sehen wir genauso kritisch wie beim Versorgungssicherungsfonds. Mit Sorge sehen wir das teilweise wirklich schlechte Regierungshandwerk in verschiedenen Ressorts, wie zum Beispiel bei der völlig falsch aufgesetzten Gerichtsstrukturreform der Justizministerin, bei der chaotischen Amtsführung im Sozialministerium im Zuge der Entlassung ihrer Staatssekretärin oder auch bei der Digitalisierung, beispielsweise wenn Kommunen ihre Förderanträge in Briefkästen werfen müssen. Im Haushalt gibt es eine Reihe von Risiken: mit Blick auf die Zinsen, mit Blick auf das Personal oder auch mit Blick auf das Universitätsklinikum. Und es gibt auch viele Herausforderungen wie den Schutz der kritischen Infrastruktur, die Cybersicherheit oder den Katastrophenschutz. Und es gibt eine sehr hohe globale Minderausgabe, was ebenfalls interessant werden wird.
Die fehlenden inhaltlichen Schnittmengen zwischen den Koalitionspartnern können endgültig nicht mehr mit Geld kaschiert werden! Der eh schon recht ambitionslose Koalitionsvertrag ist längst Makulatur! Es drohen Schleswig-Holstein mit Schwarz-Grün nicht nur fünf verlorene Jahre, sondern sogar Rückschritte in verschiedenen Bereichen – vor allem bei der Bildung, bei der Infrastruktur oder auch bei der wirtschaftlichen Entwicklung! Dieser Koalition fehlt ganz einfach der rote Faden! Es reicht nicht aus, wenn der Ministerpräsident immer nur versucht, möglichst wenig mit der Politik seiner eigenen Regierung in Verbindung gebracht zu werden und öffentlichen Streit zwischen den Koalitionspartnern zu vermeiden. Viele Menschen im Land müssen jetzt ausbaden, dass Sie zu lange unseriös gehaushaltet haben. Ihre Schwerpunktsetzung ist an verschiedenen Stellen falsch und kontraproduktiv! Schleswig-Holstein hat wirklich Besseres verdient!“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.