Energie/Abstände bei Windkraftanlagen

Christopher Vogt zu TOP 6 u.a. „Größere Abstände zwischen Windkraftanlagen und Wohnhäusern“

In seiner Rede zu TOP 6, 11, 12, 36, 41, 42 (Vorlagen zu größeren Abständen zwischen Windkraftanlagen und Wohnhäusern) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:

„Die Energiepolitik in Schleswig-Holstein und die damit einhergehende Windflächenplanung beschäftigen uns seit vielen Jahren im Hohen Hause. Darüber wird in der Regel ja auch mit großer Leidenschaft debattiert. Dieses Thema bewegt eben sehr viele Bürger in unserem Bundesland, wie nur wenige andere Themen.

Die FDP in Schleswig-Holstein hat sich schon sehr früh zum Atomausstieg bekannt und sich auch sehr vehement gegen die damalige Laufzeitverlängerung ausgesprochen. Wir haben auch immer dafür plädiert, dass Schleswig-Holstein nach der Abschaltung der drei Kernkraftwerke in Brunsbüttel, Brokdorf und Krümmel Stromexportland bleiben soll, und dass die Erneuerbaren Energien deshalb viel stärker genutzt werden sollen. Das geht nur mit dem Ausbau der Windenergie.

Zu schwarz-gelben Zeiten haben wir uns deshalb für entsprechende Rahmenbedingungen zum Ausbau der Windenergie eingesetzt. Damals hatten wir allerdings noch eine etwas andere Situation: Einen hohen Anteil an Bürgerwindparks, im Durchschnitt deutlich kleinere Anlagen und natürlich weniger Flächen. Durch die im Durchschnitt höher gewordenen Anlagen, mehr Flächen in nahezu allen Regionen und – das gehört zur nüchternen Betrachtung der Situation auch dazu – mehr Investoren, die eben nicht mehr quasi neben den Anlagen wohnen, hat sich etwas verändert und darauf sollte man reagieren. Dass viele Bürger unzufrieden sind, zeigen auch die beiden Volksinitiativen, die uns jetzt hierzu vorliegen.

Auch wenn eine der Volksinitiativen die Anzahl der notwendigen zulässigen Unterschriften knapp verfehlt hat, sollte die Botschaft hier doch jeden erreicht haben: Die Windkraft treibt die Menschen um und sie mobilisiert. Deswegen war es richtig, dass die Jamaika-Koalition sich verpflichtet hat, nicht einfach in ein „weiter so“ zu verfallen, sondern die Kriterien für die laufende Planung zu überarbeiten und zu echten Veränderungen im Vergleich zu den Vorhaben der Vorgängerregierung zu kommen.

Uns war bei der Erarbeitung dieser Veränderungen immer klar, dass dieses Regierungsbündnis unterschiedliche politische Sichtweisen auf die Energiewende abbildet. Dass alle Beteiligten jedoch recht zügig begriffen haben, dass hierin auch eine große Chance liegt, ist etwas, das diese Jamaika-Koalition auszeichnet. Der Standpunkt der Freien Demokraten war und ist dabei klar:

Wir wollen die Energiewende.

Wir wollen sie mit Sinn und Verstand umsetzen.

Wir wollen sie mit den Bürgern umsetzen und nicht gegen sie.

Das heißt natürlich, dass man die Sorgen und die Einwände der betroffenen Menschen ernst nimmt und berücksichtigt. Es geht deshalb nicht darum, den Ausbau der Windenergie in Schleswig-Holstein auszubremsen, sondern für eine größtmögliche Akzeptanz zu sorgen. Wir sind somit froh, dass wir bei den Abständen nun zu einer neuen Regelung kommen. Die 1.000 Meter Abstand zu Siedlungen für neue Flächen, wie sie der veränderte Kriterienkatalog ermöglicht, sind ein echter Fortschritt und sehr nah an unserem Wahlprogramm.

Wir hatten – anders als viele Mitbewerber – in unserem Wahlprogramm keine festen Energie- oder Flächenziele definiert, sondern die Vergrößerung der Abstände auf 1.000 Meter zu Wohnsiedlungen. Für neue Flächen konnten wir dies erreichen. Die ausgewiesenen Flächen sind das eine, die konkrete Genehmigung der Anlagen das andere: Da gibt es das neue Schallprognoseverfahren, die dreifache Höhe der Anlagen als Abstand im Außenbereich und die fünffache Höhe der Anlagen als Abstand im Innenbereich. Im Ergebnis ist es logischerweise nicht ganz das, was wir gemacht hätten, wenn wir alleine die Verantwortung tragen würden, sondern ein Kompromiss. Es ist aber ein Kompromiss, der aus unserer Sicht ein Fortschritt darstellt. Wenn die SPD die Wahl gewonnen hätte, hätte sich nichts geändert. Ich bin auch der Überzeugung, dass die Energiepolitik einer der Gründe war, warum die Landtagswahl so ausgegangen ist.

Die Windkraft ist ein Wirtschaftsfaktor für Schleswig-Holstein und viele warten darauf, dass wir nun endlich zu einer rechtssicheren Windplanung kommen. Das Moratorium, wie es diese Koalition und davor die Vorgängerkoalition beschlossen haben, ist nicht beliebig oft verlängerbar. Die Überarbeitung der Kriterien war deshalb eine besondere Herausforderung, nicht nur in fachlicher, sondern auch in zeitlicher Hinsicht. Durch die im letzten Plenum behandelte Änderung des Landesplanungsgesetzes sorgen wir zwar für eine zeitliche Straffung des Verfahrens, indem wir die elektronische Versendung der Anhörungsmaterialien im Planungsverfahren ermöglicht haben. Das bedeutet jedoch nicht weniger Arbeit für die Mitarbeiter der Landesplanung. Insbesondere beim anstehenden Anhörungsverfahren ist nicht damit zu rechnen, dass dieses weniger anspruchsvoll wird als das letzte.

Wir haben stets angemahnt, die Akzeptanz bei den Bürgern mehr zu beachten und dem einen oder anderen Koalitionspartner mögen wir damit auch mal auf die Nerven gefallen sein. Wir haben uns aber nie unserer Verantwortung entzogen, sondern stets zwischen den verschiedenen Interessen bei dieser Diskussion abgewogen. Und so müssen wir auch sagen, dass der von der Volksinitiative vorgelegte Gesetzesentwurf zu den Abständen mit dem von uns geforderten Ziel eines Ausbaus der Windenergie mit Augenmaß nicht vereinbar wäre.

Dieser ließe der Windenergie nämlich überhaupt keinen Raum mehr. Das ist nicht das, was wir wollen und so kann es niemanden verwundern, wenn wir das Vorhaben der Volksinitiative nicht unterstützen können. Auf die rechtlichen Bedenken bei der Volksinitiative zur Durchsetzung des Bürgerwillens haben wir auch schon früh hingewiesen. Diese Einschätzung wurde durch den Wissenschaftlichen Dienst des Landtages bestätigt. Die Mindestanzahl an zulässigen Unterschriften wurde hier – wenn auch knapp – verfehlt.

Mit den jetzt vorgestellten Änderungen im Kriterienkatalog nehmen wir jedoch viele der Sorgen, die die Menschen zur Unterstützung der Volksinitiativen geführt haben, auf. Die Veränderung der Kriterien haben von allen Seiten Zugeständnisse erfordert. Auch von uns. Mit einem Ergebnis, das für mehr Abstände sorgt und höhere Spielräume zugunsten der Anwohner ermöglicht, können wir nun leben. Die Ausschöpfung von möglichen Spielräumen hängt im Übrigen nicht nur allein von uns als Land ab, sondern wird gerade bei den harten Tabukriterien vom Bund bestimmt.

Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen, aber ich habe großes Vertrauen, dass sie seitens der Landesplanung mit Hochdruck weiter betrieben werden, und dass wir zeitnah zu einer rechtssicheren Planung kommen werden. Dass nun Mitte des Jahres der zweite Planentwurf vorliegen wird, zeigt, dass dieses Vertrauen gerechtfertigt ist.“

 

Es gilt das gesprochene Wort!