Christopher Vogt zu TOP 6+29 "Antrag zum Thema Gesichtsschleier"

CV

In seiner Rede zu TOP 6+29 (Änderung des Gesetzes über die Hochschulen und Antrag zum Thema Gesichtsschleier) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:

,,Der Fall Katharina K. und ihr Bestehen darauf, bei ihrem Studium an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel einen Niqab tragen zu dürfen, erhitzt wenig überraschend seit einigen Wochen die Gemüter. Natürlich kann man jetzt meinen, dass dies ja nur ein Einzelfall sei, und dass die junge Frau doch einfach herumlaufen solle, wie sie es möchte.

Auch in unserer Fraktion und Partei gehen die Meinungen dazu ­ zumindest zum Teil ­ auseinander. Und auch wenn ich der Meinung bin, dass man sich als Landespolitik von einer ­ nach meiner Wahrnehmung ­ jungen Provokateurin, die sich erst vor wenigen Jahren religiös noch ganz woanders verortet sah, nicht allzu sehr auf die Palme jagen lassen sollte, halte ich es für absolut nachvollziehbar, dass das Uni-Präsidium ihr das Tragen des Niqab an der Universität untersagt hat. Es geht doch im Kern um die Frage, wie wir das Zusammenleben in unserer Gesellschaft organisieren, und wie wir uns an einem öffentlichen Ort wie der größten und ältesten Universität unseres Landes begegnen wollen. Es haben sich Dozenten daran gestört, dass sie der Studentin in ihren Veranstaltungen nicht ins Gesicht sehen konnten. Natürlich schränkt das die Kommunikation miteinander ein. Das kann ich abso- lut nachvollziehen. Gerade an einem Ort der Aufklärung wie der Universität halte ich es für zumutbar, dass erwartet wird, dass man sich bei der Kommunikation ins Gesicht schauen kann.

Das Tragen von Burka oder Niqab ist in meinen Augen nun wahrlich kein Ausdruck von Weltoffenheit, sondern vor allem ein Symbol für die Unterdrückung von Frauen. Wir wollen bei der Gleichberechtigung der Geschlechter aber Fort- und keine Rückschritte. Wir müssen in der Debatte um interkulturelle Toleranz im wahrsten Sinne des Wortes Gesicht zeigen und deutlich machen, wo wir Grenzen ziehen müssen. Ich sage ganz deutlich, bei einer Vollverschleierung endet zumindest meine Liberalität. Vor einigen Jahren hat das generelle Vollverschleierungsverbot im öffentlichen Raum in Frankreich und weit darüber hinaus hohe Wellen geschlagen. Wir haben hier in Schleswig-Holstein bisher kaum Frauen, die Burka oder Niqab tragen und deshalb betreten wir ein Stück weit ja nicht nur politisches, sondern auch rechtliches Neuland. Es ist offensichtlich, dass hier viele Rechtsgüter miteinander abgewogen werden müssen. Deshalb ist es auch richtig, dass wir hierzu eine umfassende Anhörung machen werden, wo all diese Aspekte sehr fachkundig miteinander abgewogen werden. Eine interessante Frage wird dabei natürlich auch sein, ob die junge Frau die Vollverschleierung freiwillig trägt. Man muss bei ihr wohl davon ausgehen, da sie eine deutsche Konvertitin ist. Das Neutralitätsgebot des Staates, das zum Beispiel bei kopftuchtragenden Lehrerinnen eine Rolle gespielt hat, wird hier wohl auch nicht greifen, da es sich um eine Privatperson und keine Amtsträgerin handelt.

Wir sind uns in der Koalition bisher noch nicht einig, wie man mit diesem Thema umgehen sollte. Das ist dem einen oder anderen interessierten Beobachter ja auch aufgefallen. Es kommt mit der Zeit immer öfter vor, dass neue Themen auftauchen, zu denen wir im Koalitionsvertrag keine Einigung haben, da diese Themen vor anderthalb Jahren eben noch keine Rolle gespielt haben. Das ist aber auch kein Drama, sondern völlig normal in einer Demokratie und in einem solchen Bündnis. Ich gehe davon aus, dass wir auch hier einen gemeinsamen Weg finden können.

Ich bin leider ­ oder vielleicht auch zum Glück ­ kein Jurist. Es erscheint mir aber plausibel, dass man eine gesetzliche Grundlage braucht, damit das Verbot der Uni vor Gericht Bestand haben kann. Ich gehe davon aus, dass es nicht tragfähig wäre, wenn sich Katharina K. dort auf die Religionsfreiheit berufen würde. Die Mehrheit der Islamwissenschaftler scheint der Meinung zu sein, dass sich eine Vollverschleierung aus dem Islam bzw. aus dem Koran nicht ableiten lässt, sondern eher kulturellen Ursprungs ist aus bestimmten Regionen und auch bereits viel länger als der Islam besteht. In meinen Augen ist eine Vollverschleierung aber zu einem Symbol für einen radikalen Islam geworden, was die Unterstützer aus der Salafisten-Szene, die Katharina K. um sich versammelt hat, ja auch zu bestätigen scheinen.

Und wir kennen auch alle die Bilder aus Afghanistan, wo die Taliban eine Burka vorgeschrieben haben oder aus dem sogenannten Islamischen Staat, der mittlerweile ­ zumindest militärisch ­ weitestgehend niedergerungen werden konnte.

Als Anhänger der Hochschulautonomie schlagen wir als FDP-Fraktion vor, dass man in unserem Hochschulgesetz eine Regelung schafft, mit der die Hochschulen die Möglichkeit erhalten, eine Vollverschleierung in ihren Veranstaltungen rechtssicher zu untersagen. So habe ich auch die Bitte des Uni-Präsidiums an die Landesregierung verstanden, von dem zuletzt zu hören war. Die Hochschulen könnten dann über das Ob und Wie entscheiden. Das würde ich für sachgerecht halten. Bei den Schulen haben wir diese Diskussion zum Glück bisher nicht. Der Bereich wird hier aber natürlich gleich mitdiskutiert. Hier sind die Voraussetzungen und die Rolle des Landes natürlich etwas anders gelagert. Deshalb würden wir empfehlen, dass

wir bei der nächsten Schulgesetznovelle ein entsprechendes Verbot aufnehmen, damit wir keiner Schule zumuten, solche Diskussionen womöglich führen zu müssen.

Ich hoffe, dass wir im zuständigen Ausschuss eine breite und eben auch sehr ernsthafte Anhörung durchführen können und ich bin zuversichtlich, dass wir zu einer vernünftigen Lösung kommen können, die ein gutes Miteinander an unseren Hochschulen ermöglicht."

 

Es gilt das gesprochene Wort.