In seiner Rede zu TOP 8+9+32 (Haushaltsberatungen für das Haushaltsjahr 2022) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt:
„Wir haben es – krisenbedingt – mit einer angespannten Haushaltslage zu tun. Die coronabedingten Schulden werden uns noch lange belasten und sie werden dazu führen, dass das Land in den nächsten Jahren sparsamer wirtschaften muss. Vor allem bei den konsumtiven Ausgaben wird Haushaltsdisziplin gefragt sein. Die politischen Herausforderungen sind in diesem Jahrzehnt nicht nur angesichts der Pandemie, sondern auch mit Blick auf die Demographie, die zunehmende Konkurrenz auf dem Weltmarkt und den Klimawandel enorm. Das Land wird sich deshalb stärker auf seine Kernaufgaben konzentrieren müssen: Bildung und Wissenschaft bilden – mehr denn je – nicht nur die Grundlage für die persönliche Entfaltung jedes Einzelnen, sondern auch für den Wohlstand unserer Gesellschaft. Wir können es uns schlichtweg nicht mehr erlauben, dass Jugendliche ihre Schullaufbahn ohne Abschluss beenden und entsprechend nicht ausbildungsfähig sind.
Der Großteil des Fachkräftebedarfs wird in den nächsten Jahren übrigens bei Berufen liegen, für die man kein Studium braucht. Wir sind also gut beraten, die berufliche Bildung und damit das bewährte duale Ausbildungssystem zu stärken, um das uns die ganze Welt beneidet. Das kommt ja nicht mehr so häufig vor. Deshalb wäre es intelligent, eine bundesweite Exzellenzinitiative auch für die berufliche Bildung ins Leben zu rufen. Ein guter Anfang wäre es schon, wenn die bundesweiten Kriterien für den Digitalpakt unbürokratischer werden würden, damit das Geld auch endlich fließen kann und nicht erst bei der nächsten Schülergeneration ankommt. Mit dem Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung stehen wir – gemeinsam mit den Kommunen – vor weiteren Herausforderungen.
Auch unsere Hochschulen werden wir bei der Grundfinanzierung und bei den Investitionen in Gebäude und Ausstattung noch stärker unterstützen müssen. Ohne stärkeres Engagement des Bundes wird dies auch hier schwierig werden. Wir werden eine Art ‚Digitalpakt Hochschule‘ – aber bitte möglichst unbürokratisch – und eine bundesweite Offensive für den Hochschulbau brauchen. Bildung und Wissenschaft müssen endlich als gesamtstaatliche Aufgabe angesehen werden, damit wir unser Wohlstandsniveau sichern können und jeder junge Mensch faire Chancen hat, um aus seinen Talenten das Beste zu machen.
Ja, wir haben mehr Stellen geschaffen als wir zu Beginn der Wahlperiode vereinbart hatten – vor allem mit Blick auf die Schulen und die Stärkung des Rechtsstaates war dies jedoch sinnvoll und notwendig. Wir werden das Vertrauen in den Rechtsstaat nur wieder stärken können, wenn Ermittlungen und Gerichtsverfahren in einem angemessenen Zeitrahmen durchgeführt werden können und wenn die Polizei in der Lage ist, die vielen Großeinsätze zu bewältigen und auch die Präsenz in der Fläche sicherzustellen. Der Rechtsstaat darf sich nicht zurückziehen. In anderen Bereichen haben vorübergehend mehr Stellen vor allem mit Blick auf die Altersabgänge in der Babyboomer-Generation Sinn gemacht, aber in der Verwaltung werden wir hier durch weniger Bürokratie und mehr Digitalisierung mittel- bis langfristig auch wieder zurückhaltender sein müssen.
Die FDP-Fraktion setzt sich bekanntermaßen sehr dafür ein, dass das Land dauerhaft deutlich mehr investiert als in der Vergangenheit. Wir haben die Investitionen deshalb auch mit dem Corona-Paket entsprechend abgesichert. Daran gibt es ja teils heftige Kritik. Alles andere wäre in meinen Augen aber fatal. Es wäre völlig falsch, in Krisenzeiten wieder zu Lasten der Investitionen zu sparen. Ich bin sehr froh darüber, dass wir im Jahr 2022 über 1,5 Milliarden Euro investieren wollen. Das entspricht einer Investitionsquote von 10,8 Prozent. Und diese Investitionen sind ja kein ‚Fetisch der FDP‘. Sie sichern schlichtweg die Zukunftsfähigkeit unseres Bundeslandes. Sie schaffen einen Mehrwert für unsere Gesellschaft. Von dieser Infrastruktur profitieren letztlich alle Bürgerinnen und Bürger. Das Landesstraßennetz wird seit Jahren konsequent erneuert und dies bleibt eine Mammut-Aufgabe.
Der Verkehrsminister hat gerade erst gestern sehr eindringlich darauf hingewiesen. Die jahrzehntelange Vernachlässigung des Straßennetzes kommt uns jetzt teuer zu stehen.
Wir werden unser Straßennetz übrigens auch in der Zukunft brauchen. Manch einer hält das ja für nicht so wichtig. Der Großteil der Menschen lebt jedoch im ländlichen Raum und wird weiterhin Autos und Busse brauchen, auch wenn deren Antriebe klimafreundlicher werden. Und auch bei den Fahrradwegen in Stadt und Land gibt es viel zu tun. Die Digitalisierung der Verwaltung, der Schulen und Hochschulen wird noch mehr Engagement von Bund, Ländern und auch Kommunen erfordern und auch beim Breitbandausbau werden wir weiterhin mit Steuergeld beschleunigen müssen, um unsere – im bundesweiten Vergleich – gute Position halten und weiter ausbauen zu können. Ein Glasfaseranschluss ist längst notwendig, um zum Beispiel vernünftig arbeiten zu können – auch von zu Hause aus. Auch wenn viele Menschen jetzt erst einmal froh sind, wieder ins Büro fahren zu können, werden das ‚Homeoffice‘ und das flexible Arbeiten für unser Flächenland ganz neue Perspektiven bringen – da bin ich mir sicher. Bei den Krankenhäusern, bei der energetischen Sanierung der Landesliegenschaften, wo der Staat endlich beim Klimaschutz seiner Vorbildfunktion nachkommen muss, und beim Katastrophenschutz haben wir ebenso hohe Bedarfe. Deshalb bleiben wir auch bei unserem Vorschlag, die Schuldenbremse in der Landesverfassung um ein Investitionsgebot mindestens zehn Prozent sinnvoll zu ergänzen. Wir haben gezeigt, dass dieses Niveau möglich und auch notwendig ist.
Wenn es bei der diskutierten Aufweichung der Schuldenbremse tatsächlich nur um mehr Investitionen gehen würde, hätte man unserem Vorschlag übrigens längst zustimmen müssen. Wir bekennen uns zur Schuldenbremse. Wer bei Steuern und Abgaben mittlerweile Weltmeister ist, sollte in normalen Zeiten nicht auf Kosten zukünftiger Generationen wirtschaften müssen – gerade in einer älter werdenden Gesellschaft. Ich kann auch nicht erkennen, dass es dem Land an Schulden mangelt. Und die Zinswende zeichnet sich mit Blick auf die US-Notenbank und die Aussagen von Prof. Felbermayr doch längst ab. Man muss eben innerhalb des Haushaltes Schwerpunkte setzen. Es ist noch nicht so lange her, dass das Land allein zur Bedienung der Zinszahlungen weitere Schulden von über einer Milliarde Euro pro Jahr aufnehmen musste. Das hat mit sozialer Politik nichts zu tun. Mit generationengerechter schon gar nicht.
Die roten Zahlen dieses Haushalts sind natürlich nicht unser Anspruch, sondern krisenbedingt. Dieser Haushalt ist offensichtlich auf Kante genäht, aber ich hoffe, dass die nächsten Steuerschätzungen gute Nachrichten bringen werden. Dass das Institut für Weltwirtschaft seine Wachstumsprognose für dieses Jahr nach unten korrigieren wird, bremst da jedoch zunächst die Hoffnungen. Das macht noch einmal deutlich, dass wir nicht nur im Bund, sondern auch im Land alles befördern müssen, was das Wirtschaftswachstum beschleunigt und möglichst alles unterlassen müssen, was schadet. Mehr staatliche Investitionen sind deshalb auch ein Signal an die Wirtschaft, ebenfalls kräftig zu investieren. 90 Prozent der Investitionen kommen schließlich aus dem privaten Bereich und damit nicht vom Staat. Wir werden unsere aktive Ansiedlungspolitik deshalb auch weiter optimieren und auch die verfügbaren Gewerbeflächen noch besser koordinieren. Viele Unternehmen wollen sich hier ansiedeln oder ihre Standorte bei uns erweitern. Das unterstützen wir gerne. Und wir freuen uns sehr über viele Unternehmensgründungen, wo wir bundesweit hinter Berlin und Hamburg den bemerkenswerten dritten Platz belegen – also vor Bundesländern wie Bayern und auch Baden-Württemberg. Wer hätte das noch vor einigen Jahren gedacht!?
Bildung fängt schon vor der Grundschule an. Während die Sozialdemokraten uns die höchsten Beiträge für die frühkindliche Bildung hinterlassen haben und immer wieder – ohne Finanzierungsvorschläge – die sofortige Beitragsfreiheit fordern, haben wir uns bei der Beitragsfreiheit längst auf den Weg gemacht und die Elternbeiträge für die Familien gedeckelt. Bei den Krippen haben wir da gerade auch noch einmal nachgelegt. Wir verbessern aber auch weiter die Qualität und unterstützen die Kommunen, denn auch diese müssen handlungsfähig sein und investieren können. Wir sollten die Familien aber auch an anderen Stellen entlasten, zum Beispiel bei der Grunderwerbsteuer, wo der Immobilienboom die Einnahmen des Landes quasi explodieren lässt. Das ist eine wichtige Frage der sozialen Gerechtigkeit: Die Vermögensbildung durch die eigenen vier Wände ist schließlich ein zunehmend wichtiger Faktor für die Altersvorsorge. Da wollen wir eine Lösung finden, um Familien in die eigenen vier Wände zu bringen und ihnen diesen wichtigen Traum nicht zu verbauen. Wir sind übrigens Befürworter des Einfamilienhauses, von dem jedes neue den teils sehr angespannten Wohnungsmarkt entlastet.
Die Infrastrukturprojekte des Bundes wie A20, Fehmarnbeltquerung oder auch Nord-Ostsee-Kanal inklusive Brücken müssen auch nach der Bundestagswahl weiter vorangetrieben werden, aber dann bitte mit einem beschleunigten Planungsrecht und ohne einen Bundesverkehrsminister aus Bayern. Ein Verhinderungsrecht und Provinzialismus können wir uns nicht mehr leisten! Nicht wenige hier setzen wirtschaftlich ja auf den jetzt wieder anziehenden Windenergieausbau: Man muss aber auch kein Prophet sein, dass dies auch wieder zu zahlreichen Protesten führen wird. Der größere Abstand zu Wohngebieten von 1000 Metern war unser Vorschlag und völlig richtig. Die berechtigten Interessen von Anwohnern gilt es zu wahren, ansonsten ist die Akzeptanz schnell dahin. Deshalb erteilen wir Forderungen nach noch mehr Windflächen im Land auch eine Absage. Notwendiger ist es, dass der vom Verbraucher bezahlte Strom endlich auch überall genutzt werden kann. Dafür brauchen wir Stromleitungen in den Süden und entsprechende Ansiedlungen vor allem an der Westküste, zum Beispiel mit Blick auf das Thema Wasserstoff. Interessenten sind dafür ja vorhanden. Ich bin auch der Meinung, dass die Standortgemeinden und damit ihre Bürgerinnen und Bürger finanziell stärker von den Windkraftanlagen im Gemeindegebiet profitieren sollten. Auch das würde die Akzeptanz stärken.
Es gibt also unendlich viel zu tun. Blicken wir trotz der Herausforderungen optimistisch in die Zukunft und investieren wir weiter konsequent in Bildung, Infrastruktur, Rechtsstaat, Digitalisierung und Klimaschutz. Und kehren wir zurück zu soliden Finanzen nach der Krise, indem wir unser Land beim Neustart bestmöglich aufstellen. Packen wir es an.“
Es gilt das gesprochene Wort!