Queer/Geschlechtsidentität

Dennys Bornhöft zu TOP 26 „Anerkennung der Geschlechtsidentität“

In seiner Rede zu TOP 26 (Bundesrats-Initiative für ein Gesetz zur Anerkennung der Geschlechtsidentität von Transsexuellen und Intersexuellen Menschen) erklärt der queerpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dennys Bornhöft:

„Das Transsexuellengesetz in seiner jetzigen Form wurde vom Bundesverfassungsgericht in weiten Teilen für verfassungswidrig erklärt. Damit wurde dem Gesetzgeber die Aufgabe übertragen, bis zum 31. Dezember 2018 eine Neuregelung zu schaffen.

Transsexuelle und intersexuelle Menschen, also solche, die sich dem ihnen zugeordneten Geschlecht nicht zugehörig fühlen und Menschen, denen dauerhaft weder das männliche noch das weibliche Geschlecht zugeordnet werden kann, sehen sich derzeit noch mit einem Gesetz konfrontiert, das eine Zuordnung entweder zum männlichen oder zum weiblichen Geschlecht zwingend erforderlich macht. Diese Vorschrift stellt sich nicht nur der Lebensrealität der Betroffenen entgegen, sondern geht auch nicht mit den verfassungsmäßigen Grundrechten konform.

Zweifellos einer der persönlichsten und intimsten Lebensbereiche eines Menschen, seine eigene, geschlechtliche Identität, die ein Grundpfeiler seines Daseins bildet, darf nicht zu einem Spielball in der politischen Debatte werden. Der Schutz und die Akzeptanz eines jeden Menschen, ungeachtet seines Geschlechtes, müssen sich im staatlichen Handeln unmissverständlich widerspiegeln. Dabei steht hinter dem Begriff des Geschlechts viel mehr als nur männlich oder weiblich. Wer heutzutage als trans- oder intersexueller Mensch in Deutschland aufwächst, dem begegnen immer noch Vorurteile und sogar Ablehnung. Das Erwachsenwerden und auch der weitere Verlauf des Lebens verlangen den betroffenen Menschen mehr Stärke, Durchhaltevermögen und Mut ab als denen, die sich mit ihrem eingetragenen Geschlecht identifizieren. Der Weg zur eigenen, geschlechtlichen Identität ist für jene oft lang und schmerzvoll.

Es gilt ein Zeichen für mehr Akzeptanz und Weltoffenheit zu setzen. Zwei verpflichtende und zudem kostspielige Gutachten, die mit einem massiven Eingriff in die Intimsphäre einhergehen, nur um den Vornamen ändern zu lassen, sind keine solchen Zeichen. Im Gegenteil: Sie stellen einen Menschen auf den Prüfstand, der mit der Änderung seines Vornamens auch eine symbolische Richtigstellung seiner oft jahrelang falsch gelebten Identität ersucht. Hier mit großem Verwaltungsaufwand aufzuwarten ist für den Betroffenen schlichtweg unwürdig. Letztlich kann Trans- und Intersexualität nicht von Dritten beurteilt werden. Das Transsexuellengesetz ist hier schlichtweg aus der Zeit gefallen.

Deshalb ist es ein überfälliger Schritt, die Eintragung des Geschlechtes entsprechend zu öffnen und zu vereinfachen. Ob das nun durch die Möglichkeit der Eintragung eines dritten Geschlechtes oder durch das vollständige Weglassen des Geschlechtes in offiziellen Dokumenten erreicht wird, muss noch erörtert werden. Entscheidend ist aber, dass den betroffenen Personen endlich ihr im Grundgesetz verankertes Recht auf eine freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit und eine diskriminierungsfreie Behandlung durch den Staat zugestanden wird. Voraussichtlich wird es gesellschaftlich noch einige Zeit dauern, bis trans- und intersexuelle Menschen vollkommen vorurteilsfrei leben können. Das ist traurig und ernüchternd. Umso wichtiger ist daher, dass der Staat einen entschiedenen Schritt in das 21. Jahrhundert macht und mit einem diskriminierungsfreien Handeln jedem gegenüber als Vorbild vorrangeht.

So können auch hoffentlich mehr junge Menschen motiviert werden, die Zweifel in der eigenen geschlechtlichen Identität haben, sich zu äußern und nicht mehr allein mit ihren Fragen zu bleiben. Es ist leider eine enorme psychische Belastung für junge Menschen, offen über das Thema geschlechtliche Identität zu sprechen. Ein Ende der Stigmatisierung benötigt einen offenen gesellschaftlichen Dialog, damit trans- und intersexuelle Menschen zukünftig nicht nur vor dem Gesetz, sondern auch im Alltag gleichgestellt werden. Nichts weniger ist den Trans- und Intersexuellen in unserem Land würdig, nichts weniger ist denjenigen gegenüber gerecht, deren Frage nach der eigenen Identität lange mit der Diagnose als psychisch-pathologisches Phänomen abgespeist wurde. Die zugrunde liegende Bundesrats-Initiative ist daher ausdrücklich zu begrüßen.“

Es gilt das gesprochene Wort!