In seiner Rede zu TOP 9 (Nachhaltige Strategie gegen Lebensmittelverschwendung) erklärt der umweltpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Dennys Bornhöft:
„Wir haben das Privileg, in einer Gesellschaft zu leben, in der uns Nahrung im Überfluss zugänglich ist. Von früh bis spät steht uns eine riesige Auswahl an Lebensmitteln zur Verfügung. Es ist ein großes Privileg, nicht mit der täglichen Sorge um die Essensbeschaffung leben zu müssen. Der Überfluss stellt uns jedoch vor neue Herausforderungen. Aus Überfluss wird nur zu leicht Verschwendung.
Verschwendung von Lebensmitteln ist nicht nur ein Problem, weil leider immer noch viele Menschen in einigen Teilen der Welt Hunger erleiden. Es ist auch ein enormes Problem für die Ökologie. Mit Nahrungsverschwendung geht Verschwendung von Wasser einher, Verschwendung von Energie, Verschwendung von Verpackungsmaterialien. Das wiederum produziert einen unnötigen und schädlichen Überschuss zum Beispiel an Plastikmüll. Aus volkswirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Gesichtspunkten ist Lebensmittelverschwendung daher möglichst konsequent zu vermeiden.
Die Frage ist daher: Wie kann man angesichts des überbordenden Lebensmittelangebotes sicherstellen, dass weniger davon in der Mülltonne landet?
Die Universität Stuttgart untersuchte 2012 die Verluste entlang der Wertschöpfungskette – von der Erzeugung, über die Verarbeitung, den Transport, den Einzelhandel bis hin zum Konsumenten. Das Ergebnis: Ungefähr elf Millionen Tonnen Lebensmittel werden pro Jahr entsorgt. Die Privathaushalte sind für 61 Prozent dieser Abfälle verantwortlich; Industrie für 17 Prozent; Großverbraucher ebenfalls für 17 Prozent und der Handel für fünf Prozent. Diese Zahlen sind interessant, sollten aber mit Vorsicht genossen werden. Es gab erhebliche Probleme bei der Erhebung der Daten und deren Vergleichbarkeit. Es sind eher Schätzungen, aus denen sich aber Tendenzen ableiten lassen.
Ein weiteres Grundproblem der Debatte ist, dass die Begriffe Lebensmittel und Verschwendung häufig unterschiedlich definiert werden. Die Datenlage ist insgesamt unzureichend. Deswegen können wir nicht sofort damit beginnen, eine nationale Strategie zu schreiben, wie es die SPD verlangt. Die EU arbeitet an einheitlichen Definitionen. Für die EU ist ein Lebensmittel für den Verbrauch vorgesehen. Deutschland sollte sich dem gemeinsamen EU-Vorschlag zu Messmethoden und Analyseprozessen anschließen. Denn erst einmal brauchen wir eine einheitliche Datenlage, bevor wir lösungsorientiert und fundiert eine Strategie formulieren können.
Bis dahin sollten wir pragmatische Projekte fördern, die dort ansetzen, wo Verschwendung konkret ersichtlich ist. Viele Abfälle sind vermeidbar. Das sieht der Endverbraucher, also ein Mitarbeiter in einer Großküche oder ein jeder von uns beim Befüllen des Kühlschranks am besten. Denn hier passiert auch der größte Teil der Verschwendung: Im Privathaushalt und in den Großküchen. Wir müssen hier ansetzen und die Aufklärung verstärken. Es gibt einige gute Kampagnen, die eine Hilfestellung zur Abschätzung des eigenen Verbrauches geben.
Händler und Hersteller wollen den Verbrauchern ein bestmöglich bestücktes Warenangebot zu gewinnbringenden Preisen liefern. Dies führt einerseits dazu, dass Verluste in der Produktion minimiert werden. Aber es führt auch dazu, dass der Händler wiederum mit mehr Lebensmitteln kalkulieren muss als am Ende tatsächlich verkauft und verbraucht werden. Der Kunde greift lieber in ein volles Regal anstatt die letzte Tomate zu nehmen. Die Tomaten, die der Handel wegwerfen muss, weil sie niemand mehr kauft, sind eingepreist. Mit jeder Tomate, die Sie als Verbraucher kaufen, bezahlen sie auch die, die nicht verkauft und weggeschmissen werden. Denn der Einzelhandel muss seine Kosten decken.
In diese Zusammenhänge einzugreifen, kann nicht gelingen. Das ist umso brisanter, weil wir immer noch nicht europaweit definiert haben, was als Lebensmittel gilt, und was als Verschwendung. Diese Definition müssen wir haben, bevor wir die nächsten Schritte tun.“
Es gilt das gesprochene Wort!