Innen/Vorratsdatenspeicherung

Dr. Ekkehard Klug: Beweise für die Erforderlichkeit der Vorratsdatenspeicherung fehlen bis heute

„Schon als das besondere Auskunftsverlangen des Verfassungsschutzes im Zuge der Terrorismusbekämpfungsgesetze eingeführt wurde, war die Skepsis der FDP groß. Trotz des Bemühens, Sicherheitsinteressen und Freiheitsrechte abzuwägen, war es ein Gesetzentwurf des damaligen schwarz-roten Kabinetts, der weitere Eingriffsbefugnisse in die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger vorsah, ohne die sachliche Notwendigkeit darzulegen.

 

Nicht anders verhielt es sich als die jetzige Landesregierung 2013 den Verfassungsschutz und die Polizei den Zugriff auf Telekommunikationsdaten und die Identifizierung von Internetnutzern erlaubte. Erneut wurden schwerwiegende Eingriffe in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger gestattet. Insofern ist die Initiative der Piraten-Fraktion zunächst grundsätzlich auch zu begrüßen. 

 

Auskünfte zu Verkehrsdaten stellen für die Betroffenen einen gewichtigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Und die Beweise für die zwingende Erforderlichkeit der Abfrage von Telekommunikationsverkehrsdaten fehlen bis heute – jedenfalls soweit es sich um die massenhafte und anlasslose Speicherung von Daten handelt.

 

Das Max-Planck-Institut ist in seiner Studie zur Nutzung von Telekommunikationsverkehrsdaten für Zwecke der Strafverfolgung jedoch nicht nur zu dem Ergebnis gekommen, dass keine Schutzlücken durch den Wegfall der Vorratsdatenspeicherung drohen, es hat auch deutlich gemacht, dass es Defizite in der praktischen Anwendung der Regelungen zur Verkehrsdatenabfrage gibt.

 

Bereits vor dem Hintergrund dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse sollten wir als Gesetzgeber Notwendigkeit und Nutzen der Abfrage von Telekommunikationsverkehrsdaten – auch im Vergleich zu anderen, milderen Mitteln – auf den Prüfstand stellen.

 

Das gilt dem Grunde nach selbstverständlich auch für Auskünfte zu Telekommunikationsverkehrsdaten, die unter Rückgriff auf die nach § 113a TKG gespeicherten Daten erfolgen.

 

Gleichwohl ist hier auch nach der Notwendigkeit des vorliegenden Gesetzentwurfs zu fragen. Die mit 4:4 Stimmen ergangene Entscheidung des BVerfG, die Vorschrift für nichtig und nicht nur für unvereinbar mit dem Grundgesetz zu erklären, schloss die Anerkennung einer Übergangsfrist aus.

 

Daher darf die Vorschrift ohnehin nicht mehr angewendet werden. Die Speicherung von Daten, die die Vorschrift zur Grundlage hat, ist damit rechtswidrig. Auch dürfen keine weiteren Daten auf der Grundlage der Vorschrift gespeichert werden.

 

Zwar waren vor Verkündung des Urteils des BVerfG auf der Grundlage von einstweiligen Anordnungen an die Ermittlungsbehörden herausgegebene Daten auch weiterhin in dem Ermittlungs- und Strafverfahren verwendbar, für welches sie herausgegeben wurden, doch sind die Speicherfristen inzwischen abgelaufen.

 

Das sind Fragen, die wir in jedem Fall in den kommenden Beratungen zu klären haben. Insofern sollten Sinnhaftigkeit und Erforderlichkeit des Entwurfs im Ausschuss und im Anhörungsverfahren geprüft werden.“