Justiz/Fürsorgepflicht

Dr. Ekkehard Klug: Die Sicherheit der Mitarbeiter darf auf gar keinen Fall gefährdet werden

„Nach der Geiselnahme in der JVA Lübeck am 24. Dezember sind Sachverhalte bekannt geworden, die Zweifel begründen, ob die Sicherheit der Justizvollzugsbeamten in dem Umfang gewährleistet ist, wie es nicht nur angemessen erscheint, sondern auch durch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn geboten erscheint.

 

In der Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses vom 7. Januar habe ich die Justizministerin gefragt, ob es zutreffend sei, dass in der JVA Lübeck in jüngster Zeit geprobt worden sei, den Betrieb in einzelnen Häusern, speziell im Haus E, mit nur zwei Bediensteten bei 60 Inhaftierten aufrechtzuerhalten. In diesem Zusammenhang habe ich darauf hingewiesen, dass aus dem Kreis der Mitarbeiter mitgeteilt worden sei, unter den Bediensteten gebe es wegen solcher geplanter Änderungen im Strafvollzug ein hohes Maß an Verunsicherung.

 

Im Protokoll der Sitzung heißt es dazu (S. 19):

 

‚Ministerin Spoorendonk antwortet, sie könne durchaus nachvollziehen, dass es eine Verunsicherung bei einigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gebe. Das habe nichts mit dem konkreten Vorfall zu tun, sondern mit den gerade durchgeführten und auch schon angesprochenen Organisationsveränderungen allgemein. Diese Verunsicherung werde auch ernst genommen, aber solche Prozesse seien immer schwierig’.

 

Die Zuschrift, die mir Anlass gab, die erwähnte Frage zu stellen, enthält hierzu folgende Aussage:

 

‚Warum wird im E-Haus der Dienst mit über 60 Gefangenen auf drei Etagen mit nur ZWEI Bediensteten geprobt? Wie soll so Sicherheit garantiert werden? Wie sollen diese beiden Bediensteten im Alarmfall helfen, wenn beide zunächst über 60 Gefangene versperren müssen, das Haus abschließen müssen und dann erst zur Hilfe laufen können? Weihnachten hatten wir Glück! Es waren genug Kollegen im E-Haus, und es waren Kollegen aus dem E-Haus, die die Kollegen aus dem D-Haus gerettet haben. Im Hafthaus genau gegenüber! Wären nur zwei Kollegen im Haus gewesen, hätten diese nicht helfen können! Wichtige Minuten wären verstrichen. Und wie ist die weitere Planung nun? Weiterhin die Erprobung, das Hafthaus mit nur zwei Bediensteten zu fahren, damit die Gefangenen Aufschluss bekommen? Zu Lasten der Sicherheit von uns Kollegen!’

 

In der Ausschusssitzung vom 7. Januar ergänzte der Justizstaatssekretär die Antwort auf meine Frage mit der Bemerkung, es sei möglich, dass es Überlegungen gebe, nur zwei Bedienstete im Früh- oder Spätdienst einzusetzen. ‚Staatssekretär Dr. Schmidt-Elsaeßer kündigt an, das zu klären’.

 

Ob diese Klärung erfolgt ist und worin ihr Ergebnis besteht, ist uns bisher nicht mitgeteilt worden. Vor diesem Hintergrund möchte ich generell feststellen:

 

Es darf nicht sein, dass Änderungen in der Organisation des Strafvollzuges, und speziell im Hinblick auf den personellen Einsatz, auf Kosten der Sicherheit der Bediensteten erfolgen. Solchen hätten auch mit ‚liberalem Strafvollzug’ nicht das Geringste zu tun. Sie wären schlicht fahrlässig und verantwortungslos.

 

Natürlich wollen wir, dass der Strafvollzug auf bestmögliche Weise dem Ziel der Resozialisierung dient. Resozialisierung hat jedoch mit Nachlässigkeit und Unvorsichtigkeit bei der Aufsicht nicht im Mindesten zu tun.

 

Die Sicherheit der Mitarbeiter darf auf gar keinen Fall gefährdet werden, weil zu wenig Personal eingesetzt wird oder weil der Betrieb der Hafthäuser unter nicht angemessenen Bedingungen durchgeführt wird.

 

Zu Recht spricht der Antrag der CDU auch Fragen der Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter an. Selbstverteidigungskurse sind ein unverzichtbarer Bestandteil der Aus- und Fortbildung. Im Innen- und Rechtsausschuss wird Gelegenheit sein, die Frage zu klären, ob dies in hinreichender Weise gewährleistet ist und in welchem Umfang dieser Aspekt überhaupt bislang in der Aus- und Fortbildung gewährleistet worden ist.

 

Es ist unabdingbar, zu prüfen, welche Schlussfolgerungen aus der Geiselnahme vom 24. Dezember im Hinblick auf die Organisation des Strafvollzuges in unseren JVAs gezogen werden müssen.“