Innen/Polizei

Dr. Ekkehard Klug: Vertrauen der Bürger bewahren, Motivation der Polizeibeamten sichern

„Gemessen an der Einwohnerzahl gibt Schleswig-Holstein von allen Bundesländern am wenigsten für die Polizei aus: 121 Euro je Einwohner. Im Vergleich der Bundesländer weist Schleswig-Holstein mit 2,7 Polizeibeamten auf 1.000 Einwohner die drittniedrigste Polizeipräsenz auf.

 

Und nun will die Landesregierung hier weiter kürzen: 122 Stellen sollen wegfallen.

 

Nicht nur die Gewerkschaften warnen: Die Kürzungspläne sind Ausdruck einer besorgniserregenden Fehlentwicklung. ‚Das Innenministerium streut den Bürgern Sand in die Augen, wenn es behauptet, das mit weniger Personal alles besser wird‘, sagt GdP-Landesvize Torsten Jäger (KN 10.04. 2015).

 

Dabei sind die Anforderungen an die Polizei immer mehr gestiegen: Bei Einbruchdiebstählen rangiert Schleswig-Holstein, gemessen an der Einwohnerzahl, bundesweit zu den ‚Top 5‘ unter den Bundesländern. Der Schutz von Unterkünften für Asylbewerber und Flüchtlinge bindet weiteres Personal. Zur wirksamen Bekämpfung von Internet-, Serien- und Bandenkriminalität braucht unser Land eigentlich 100 zusätzliche Stellen für Polizeibeamte.

 

Behördenleiter beginnen bereits, wegen der schon vorhandenen Belastung ihrer Mitarbeiter Alarm zu schlagen. Der Chef der Kieler Polizeidirektion beklagte Anfang Juni, im Zusammenhang mit Demonstrationen, dem Schutz von Staatsgästen und anderen Sondereinsätzen hätten sich in diesem Jahr bereits so viele Stunden angehäuft wie im gesamten Jahr 2014. Jede Menge Verfahren blieben deshalb lange Zeit liegen (KN 06.  Juni 2015).

 

Beispiel G-7-Gipfel in Elmau: rund 600 Polizeibeamte aus Schleswig-Holstein standen deshalb für eine Woche in unserem Land nicht zur Verfügung.

 

Die Krankenstände erreichen eine Rekordhöhe: Ende vorigen Jahres war zu vernehmen, dass sie in Kiel mit über 7 Prozent etwa doppelt so hoch liegen wie im Durchschnitt der gesetzlich Versicherten. In zwei Kieler Revieren waren es sogar rund 17 Prozent (KN 28. November 2014).

 

Während die Zahl der Verunglückten im Straßenverkehr im vorigen Jahr um 11 Prozent gestiegen ist, droht nun die Stilllegung von 10 Videowagen – der Hälfte aller bislang eingesetzten Fahrzeuge. (KN 10. April 2015).

 

Wie reagiert der zuständige Innenminister auf die Hilferufe aus ‚seiner‘ Landespolizei? Hilflos. Ratlos.

 

Während Herr Studt die Lage schönredet, sprechen die Vertreter der Polizeibeamten Klartext: Die Identifikation vieler Polizistinnen und Polizisten mit ihrem Beruf stünde auf dem Spiel, sagt die GdP (GdP-Presseinfo Nr. 19/2015, 05. Juni 2015).

 

In einer Umfrage bei ihren Kollegen verschickte die GdP 3.000 Fragebögen: 76 Prozent der Antwortenden bezeichneten die Personalsituation bereits jetzt, also vor den geplanten Stellenstreichungen, als ‚belastend‘ (LN 28. November 2015).

 

Die Verunsicherung ist dabei längst über die Reihen der Polizeibeamten in der Bürgerschaft unseres Landes angekommen:

 

‚Leider müssen wir feststellen, dass offenbar aufgrund der Arbeitsverdichtung auf den Polizeidienststellen die Hinweise an die Opfer auf die Betreuungsmöglichkeiten des WEISSEN RINGs trotz zunehmender Einbruchdiebstähle rückläufig sind‘, erklärte die Organisation am 18. März 2015 in der schriftlichen Anhörung auf den von der FDP-Fraktion beantragen Bericht der Landesregierung. Unterschrift: Landesvorsitzender Uwe Döring – ehemals SPD-Justizminister unseres Landes in der Zeit der Großen Koalition (Umdruck 18/4182).

 

Scharfe Kritik äußerte ebenfalls Klaus Buß, der SPD-Innenminister zur Zeit der Ministerpräsidentin Heide Simonis gewesen ist: Der Stellenabbau bei der Landespolizei sei ein ‚grober Fehler‘, denn das Sicherheitsempfinden der Bürger werde dadurch gestört (KN 01. November 2014).

 

Wie können die Sprecher der ‚Küsten-Ampel‘ also die Kritik an den Stellenabbauplänen bei der Landespolizei als oppositionelle Panikmache abtun, wenn diese Kritik doch aus ihren eigenen Reihen in gleicher Weise geäußert wird?

 

Die lokalen Seiten der schleswig-holsteinischen Zeitungen sind voll von Beiträgen, aus denen die Besorgnis der Bürger angesichts eines Rückzuges der Polizei aus der Fläche deutlich wird. Nehmen wir das Beispiel der Kripo-Außenstelle Brunsbüttel, deren Schließung droht.

 

Und wegen der dann bei Einsätzen vor Ort anfallenden Fahrzeiten gehen weitere Arbeitsstunden für effektive Fallbearbeitung verloren, ganz abgesehen von dem Verlust an wertvoller Vertrautheit mit den örtlichen Gegebenheiten.

 

Die Ausdünnung der Polizeipräsenz in der Fläche führt dazu, dass Bürger im Notfall länger warten müssen, bis die Polizei vor Ort erscheint.

 

Die Bildung von Bürgerwehren ist dann die Kehrseite dieser Entwicklung: Zeichen für ein schwindendes Vertrauen der Bürger in die Schutzfunktion des Staates, und – wie wir Freie Demokraten meinen – ein gefährliches Signal für einen funktionierenden Rechtsstaat.

 

So kann es nicht weitergehen. Die Politik muss all dem Einhalt gebieten. Die Landesregierung muss ihren Kurs ändern, sie muss die Abwärtsspirale zu Lasten der inneren Sicherung und des Vertrauens der Bürger in unseren Rechtsstaat stoppen.

 

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD, Grünen und SSW: Nehmen Sie sich ein Beispiel!

 

‚Die Koalitionspartner werden die Vollzugspolizei von jeglichen Stellenstreichungen ausnehmen...‘ – So steht es im Hamburger Koalitionsvertrag von SPD und Grünen, auf Seite 100.“