„Zunächst gilt es, festzuhalten: Eine Aufwertung und eine bessere Bezahlung der klassischen Frauenberufe, zu denen insbesondere die Gesundheits- und Pflegeberufe zählen, erreichen wir nicht durch ein Entgeltgleichheitsgesetz. Dies ist letztendlich nur simple Symbolpolitik, die beruhigen mag, aber am zentralen Problem vollkommen vorbeigeht
Wir würden uns sehr wünschen, wenn die Landesregierung stringent ihrem eigenen Anspruch folgen würde und die geplante Schlechterstellung der Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer bei der Lehrerbesoldung rückgängig machte. Die rot-grün-blauen Koalitionäre sollten von ihrer eigenen Regelungskompetenz Gebrauch machen und mit guten Beispiel voran gehen, denn gerade in diese Berufsgruppe sind überproportional viele Frauen vertreten.
Die Gründe für den unbereinigten Gender-Pay-Gap sind einfach zu benennen: Es sind insbesondere die hohe Teilzeitquote und die Berufswahl der Frauen. Die Frage stellt sich jedoch, ob die Entscheidung der Frauen verstärkt in Teilzeit zu gehen auch immer eine freiwillige Entscheidung war bzw. ist. Haben Frauen tatsächlich die Wahl, ob sie nach der Geburt ihrer Kinder in den Beruf zurückkehren können?
Wir, die Politik, müssen uns die Frage stellen, ob wir die Strukturen geschaffen haben, damit Frauen eine echte Wahlmöglichkeit haben. Warum kehrt nur ein Drittel der Frauen in Deutschland nach der Elternzeit in ihre Berufe zurück? Eine Antwort gibt die nach wie vor nicht ausreichende Betreuungsinfrastruktur. Der Staat sollte an diesem Punkt ansetzen und unter anderem die Gründungen von Betriebskindergärten unterstützen.
Ein Blick zu unserem europäischen Nachbarn Frankreich offenbart, wie sehr wir hier in Deutschland unser Rollenbild zementieren. Der Arbeits- und Sozialmarkt ist in Frankreich familienorientiert und der Staat unterstützt dort selbstverständlich, dass junge Frauen frühzeitig an ihren Arbeitsplatz zurückkehren.
Die Politik in Deutschland muss die Voraussetzungen schaffen, damit Frauen die Wahlfreiheit haben. In der Vergangenheit wurden dafür leider nicht die passenden Instrumente gefunden. Dazu zähle ich das Betreuungsgeld sowie das Elterngeld als misslungene Beispiele dafür auf, die Frauen möglichst lange von ihrer Erwerbstätigkeit abzuhalten, statt ihnen die Möglichkeit zu geben, schnellstmöglich wieder in den Beruf zurückzukehren.
Eine moderne, faire Gesellschaft garantiert Menschen Wahlfreiheit und stellt sie nicht vor die Wahl ‚Familie oder Karriere‘.“