Gesundheit/ Hygienemanagement

Dr. Heiner Garg: Krisenmanagement von Anfang an

„Nachdem die Landesregierung zunächst ein komplettes Informations- und Kommunikationsdesaster zu verantworten hat, hat die FDP-Fraktion ein Sieben-Punkte-Programm vorgelegt, um in Zukunft ein besseres Krisenmanagement zu gewährleisten. Dass die Ministerin vom UKSH-Vorstandsvorsitzenden an der kurzen Leine gehalten wurde und eingeflüstert bekommen hat, was sie zusagen habe, hat uns nur bestärkt dieses Maßnahmenpaket kurzfristig vorzulegen.

 

Dass die regierungstragenden Fraktionen heute dieses Programm ablehnten, zeigt auf erschreckende Art und Weise ihre Konzept- und Kompetenzlosigkeit.

 

Das Programm umfasst:

 

1. Informations- und Kommunikationsmanagement

Das Land als Eigentümerin des UKSH ist in Zukunft unverzüglich darüber zu informieren, wenn das Auftreten multiresistenter Erreger (MRE), wie zum Beispiel MRSA-Stämme, MRGP/MDRGP oder MRGN/MDRGN, ein Ausbruchsmanagement erforderlich machen. In diesen Fällen ist ein mit dem Land abgestimmtes Informations- und Kommunikationskonzept zu erarbeiten und umzusetzen.

 

2. Entlastungsstrategie für das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH)

Die Landesregierung wird aufgefordert, zur Verbesserung der räumlichen Gegebenheiten während des Sanierungsprozesses des UKSH den Einsatz sogenannter Containergebäude – als Klinikgebäude und als Bettenstationen – sowie das Vorziehen baulicher Maßnahmen im Zuge des Sanierungsprozesses zu prüfen und ein entsprechendes Umsetzungskonzept hierfür vorzulegen.

 

3. Keine weitere Arbeitsverdichtung beim Personal

Der Landtag lehnt eine weitere Arbeitsverdichtung im Zuge des Sanierungsprozesses zur Erwirtschaftung einer „Effizienzrendite“ ab. Vielmehr ist unter Einbezug externen Sachverstandes zu prüfen, ob das derzeitige Personal insbesondere in den Bereichen der Intensivpflege, der Hygiene und der Reinigung ausreicht, um einen allen rechtlichen Anforderungen genügenden Klinikbetrieb sicherstellen zu können. Hierbei ist insbesondere darauf zu achten, dass Arbeitszeitregelungen nach dem Arbeitszeitgesetz, Anforderungen des Infektionsschutzgesetzes sowie der Landesverordnung über die Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen vom 08. September 2011 mit der derzeitigen Personalstärke eingehalten und zum Wohle der Patientinnen und Patienten aber auch zum Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umgesetzt werden können. Die Anzahl der sogenannten Gefährdungs- und Überlastungsanzeigen deuten zumindest auf problematische Arbeitsbedingungen in Teilbereichen des UKSH hin.

 

4. Einsatz von Antibiotika in der Humanmedizin

Lediglich in sechs von zehn Krankenhäusern in Deutschland lagen 2013 einrichtungsspezifische Antibiotikaleitlinien vor. Immer noch werden Breitspektrumantibiotika zu häufig eingesetzt. So wird seitens des RKI insbesondere der nach wie vor zu hohe Anteil der Fluorchinolonen und Cephalosporinen der 3. Generation an den zum Einsatz kommenden Antibiotika kritisiert (Ärzteblatt, 15. Januar 2015, S. 56). Die Landesregierung wird aufgefordert, im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereiches für die schleswig-holsteinischen Krankenhäuser darauf hinzuwirken, dass entsprechende Kurse zum sachgerechten Umgang mit Antibiotika ohne lange Wartezeiten verfügbar sind.

 

Im Hinblick auf die Verordnungserwartung der Patientinnen und Patienten sowie dem Verordnungsverhalten der Ärztinnen und Ärzte sind darüber hinaus vor allem umfassende, leicht verständliche zielgruppenspezifische Informationsangebote auszubauen. In diesem Zusammenhang wird die Landesregierung aufgefordert, darzulegen, welche konkreten Schritte sie bislang zur Umsetzung der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) – Humanmedizinischer Bereich – eingeleitet hat.

 

5. Einsatz von Antibiotika in der Tiermast

Der Schleswig-Holsteinische Landtag erwartet von der Bundesregierung, dass sie ihren Ankündigungen, den Einsatz von Antibiotika in der Tiermast deutlich zurückführen zu wollen, konkrete Taten folgen lässt. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt kündigte an, im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft diesbezüglich „global“ initiativ werden zu wollen. Die Landesregierung wird gebeten, den Landtag zeitnah über entsprechende landes- und bundespolitische Initiativen zu unterrichten.

 

Darüber hinaus wird die Landesregierung aufgefordert, darzulegen, welche konkreten Schritte sie selbst bislang zur Umsetzung der DART – Bereich der Tierhaltung, Lebensmittelketten und tierärztlichen Tätigkeit – eingeleitet hat.

 

6. Standardhygiene im Krankenhaus

Neben dem Bundesinfektionsschutzgesetz (IFSG) – maßgeblich geändert durch das Infektionsschutzänderungsgesetz (IfSGuaÄndG) vom 28.07.2011 – sowie den entsprechenden Hygieneverordnungen der Bundesländer sind insbesondere die auf Leitlinien des Centers for Dsease Control and Prevention (CDC) basierenden Anforderungen an die Standardhygiene im Krankenhaus maßgeblich für eine erfolgreiche Hygienestrategie im Krankenhaus. Die Landesregierung wird aufgefordert, gemeinsam mit der Schleswig-Holsteinischen Krankenhausgesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, der Ärztekammer Schleswig-Holstein und anderen relevanten Akteuren eine Evaluierung der hygienischen Praxis im Klinikalltag zu veranlassen. Hierbei sollen insbesondere das stationsspezifische Personaltableau der Krankenhäuser sowie die Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Mittelpunkt stehen.

 

7. Screening von Patientinnen und Patienten

Die Landesregierung wird aufgefordert, zu prüfen, inwieweit Änderungen an den bisherigen Verfahren der Screening-Verabredungen für Patientinnen und Patienten auf multiresistente Erreger (MRE) einen signifikanten Beitrag zur Eindämmung von MRE-Ausbrüchen leisten können. Hierbei ist insbesondere zu prüfen, ob ein verpflichtendes – ggf. stationsspezifisches – Aufnahmescreening bei allen Patientinnen und Patienten auf MRSA und MRGN in Zukunft durchgeführt werden soll. Darüber hinaus soll geprüft werden, ob ein bundesweit verpflichtendes, standardisiertes Aufnahmescreening eingeführt werden soll, wie dessen Umsetzung gewährleistet werden kann und wer die Kosten hierfür übernehmen soll.“