Heiner Garg zu TOP 11+19 "EU-Institution zur Förderung der Sprachenvielfalt"

Heiner Garg

In seiner Rede zu TOP 11+19 (EU-Institution zur Förderung der Sprachenvielfalt) erklärt der europapolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Heiner Garg:

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bereits auf dem Weg zum Rednerpult erfahre ich Ausgrenzung als zugereister Schleswig-Holsteiner durch meine Lieblingskollegin. Mein Fraktionsvorsitzender setzt sich weg, weil er fürchtet, ich halte diese Rede auf Alemannisch, was ich natürlich nicht tue.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach den Vorrednerinnen und Vorrednern, wenn ich das richtig identifiziert habe, waren das alles gebürtige Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner, ist es für den Zugereisten in der Tat etwas schwierig. Und deswegen lassen Sie mich auch gar nicht versuchen in diesen Chor mit einzustimmen, sondern von dieser etwas anderen Perspektive berichten, wie ich groß geworden bin, und der Faszination, was für einen unglaublichen Schatz, was für einen unglaublich kulturellen Reichtum Europa hat.

Sie wissen, oder die Meisten jedenfalls wissen, dass ich im deutsch-französisch-schweizerischen Grenzland groß geworden bin. Für uns Kinder war es immer spannend, dass es in der Schweiz vier Landessprachen gibt. Die vierte ist nicht unbedingt eine Sprache, die weltweit bekannt ist. Deutsch, Französisch und Italienisch kennt man sogar in den USA. Aber das Rätoromanische ist die vierte Landessprache in der Schweiz und wird immerhin von 30 Prozent der Menschen im Kanton Graubünden gesprochen, für 15 Prozent ist es sogar die Hauptsprache, und wird von 0,7 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer gesprochen und verstanden.

Die spannende Frage wird vielleicht für Sie sein, was das alles mit Schleswig-Holstein und dem Grenzland zu tun hat. Auch hier empfehle ich einen Blick nach Europa, nämlich in das beliebte Urlaubsland Spanien zu Zeiten der Franco-Diktatur, in der versucht wurde, Kastilianisch als Nationalsprache mit Brachialgewalt durchzusetzen und dabei gleichzeitig Sprachen wie Katalanisch, Valenzianisch, Baskisch, Galizisch zu verbieten. Und zwar wurden nicht nur die Sprachen verboten, sondern das Leben der eigenen Kultur.

Wenn man also gucken will, wie man es nicht macht und wenn man erklären will, warum bis heute in Katalonien diese extremen Konflikte mit der Zentralregierung, die weit über einen Sprachenkonflikt hinausgehen, bestehen, dann guckt man dorthin.

Und dann guckt man hier her, wie es funktioniert. Und das hat, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch viel damit zu tun, dass man sich seiner Geschichte gestellt hat. Und dass Politik ab und zu, auch wenn es ja viele Vorurteile gibt, ab und zu auch sehr weit nach vorne schaut.

Die Bonn-Kopenhagener Erklärung von 1955 war ein weit nach vorne schauendes Meisterwerk, das im Übrigen, wenn ich die letzten Jahrzehnte schleswig-holsteinischer Geschichte rekapituliere, mitnichten nur eine Veranstaltung von Friede, Freude und Eierkuchen gewesen ist, sondern ein extrem schwieriger Lernprozess, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Was hat das also mit Schleswig-Holstein zu tun? Ja, meine Güte, eine EU-Institution zur Förderung der Sprachenvielfalt, wenn nicht in Schleswig-Holstein, meinetwegen in Flensburg, aber wenn nicht in Schleswig-Holstein, wo denn dann in Europa, meine sehr geehrten Damen und Herren? Was hier in den letzten Jahrzehnten gelungen ist, glaube ich, kann man mit Fug und Recht sagen, ist in keinem anderen europäischen Land gelungen. Und deswegen gehört eine solche Institution hierher und ich würde mich freuen, wenn das tatsächlich gelingt. Lassen Sie mich ganz kurz noch zur Europeada sagen:

Ich fand das Projekt, das auf Antrag der Sozialdemokraten im Europaausschuss vorgetragen wurde, und den Elan und die Begeisterung derjenigen, die das Fußballturnier organisieren und vorgestellt haben, bemerkenswert. Ich freue mich wirklich, dass es inzwischen, jedenfalls in dem Kreis, die Aufmerksamkeit erfährt, die es verdient. Und ich wünsche mir die breite öffentliche Bekanntmachung, sodass die Gemeinschaft nicht nur auf dem Fußballplatz, sondern auch neben dem Platz gelebt wird. Und auch aus diesem Grund, liebe Frau Kollegin, werden wir selbstverständlich auch diesen Antrag unterstützen."

 

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort