In seiner Rede zu TOP 18+19 (Gemeinsame Beratung a) 70 Jahre Bonn-Kopenhagener Erklärungen – Minderheitenrechte bleiben wichtig b) 70 Jahre friedliches Miteinander – Resolution zu 70 Jahre Bonn-Kopenhagener Erklärungen) erklärt der Parlamentarische Geschäftsführer und europapolitische Sprecher, Heiner Garg:
"Ich möchte zunächst einmal aus einem Beitrag anlässlich der Unterzeichnung der Bonn-Kopenhagener Erklärungen von NDR Retro zitieren, und zwar damals im Jahr 1955: ‚Jedenfalls nach den Gesichtern und den Gesprächen zu urteilen, hat man sich gut verstanden, auch wenn noch nicht alles behoben worden ist. Es sind natürlich, wie einer der Teilnehmer sagte, nicht alle Früchte gereift, aber man ist doch wohl ein gutes Stück vorangekommen. Das ist der allgemeine Eindruck und man hofft, dass nun auf diesem Wege auch das, was noch nicht behoben werden konnte, ausgeräumt werden kann‘.
50 Jahre später. Was ist denn aus unserer Sicht der Kern der Bonn-Kopenhagener Erklärungen? Und das haben alle Vorrednerinnen und Vorredner gesagt, auf die ein oder andere Art und Weise. Es ist nämlich die Bedeutung für ein friedliches Zusammenleben, die Bedeutung für die Rechte der deutschen Minderheit in Dänemark und für die dänische Minderheit in Deutschland. Aus Gegnern wurden Freunde und Verbündete.
Es bedeutet inzwischen kulturelle Vielfalt, zwei Kulturen, Mehrsprachigkeit, das als echte wechselseitige, gegenseitige Bereicherung zu begreifen. Es bedeutet Bildung und Sprache. Die Schulen der dänischen Minderheit sind dabei Brückenbauer. Mehrsprachigkeit ist ein klarer Vorteil in einem vielfältigen Europa. Das bedeutet Wirtschaft und Zusammenarbeit, der grenzüberschreitende Arbeitsmarkt und die enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark. Die Grenzregion ist Modell oder vielleicht sogar das Modell für gelungene europäische Integration. Es bedeutet Freundschaft und Versöhnung als Kern der Erklärungen, der Wandel vom Konflikt zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit auf Augenhöhe bis hin zur tiefen Freundschaft zwischen zwei Völkern. Gelebte, generationenunabhängige Akzeptanz und Normalität der Mehrsprachigkeit, der Unterschiedlichkeit der Kulturen, die Vorbildfunktion im Bereich der Minderheitenpolitik, Rechte und Gleichstellung der Minderheiten ohne Assimilationsdruck. Europäische Anerkennung, das Modell, auch das ist schon mehrfach zur Sprache gekommen, als Vorbild für all die Regionen mit Minderheitenkonflikten, und davon gibt es noch reichlich in Europa. Als Vorbild für die demokratische Beteiligung, die politische Repräsentation ist dabei nur eine, aber sie ist aus meiner Sicht zentral. An die weniger schönen Ereignisse aus der näheren Vergangenheit haben auch schon einige erinnert.
Ich will deswegen etwas Positives sagen. Das sage ich als Freier Demokrat und ich sage es als Demokrat. So ein bisschen Geist des SSW täte allen anderen Landtagen in Deutschland auch ganz gut. Lassen Sie uns nach vorne schauen. Lassen Sie uns einen Ausblick nehmen. Ein Ausblick auch auf die noch ungenutzten Chancen und auf die Potenziale, die zu heben sind. Und es liegt auch an uns, sie zu heben, z. B. auf dem Arbeitsmarkt. Es gibt nach wie vor die Probleme bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen. Die Mehrsprachigkeit weiter zu fördern, ist geradezu Auftrag für uns. Ich finde, wir sollten uns nicht darauf beschränken, dass die Mehrsprachigkeit in den Schulen der Minderheit stattfindet. Ich finde, da ist wirklich noch Luft nach oben. Bei den Reisen nach Dänemark stelle ich fest, dass Deutsch eigentlich recht gut gesprochen wird. Ich glaube, da ist noch Potenzial nach oben auf der anderen Seite der Grenze.
Bei der Hochschulkooperation ist wirklich Potenzial, sie zu intensivieren. Gerade die Bedeutung für Europa bei einer zunehmenden Polarisierung, auch hier müssen wir einfach von einer Vorbildfunktion sprechen. Gerade in diesen Zeiten brauchen wir mehr mutige, mehr visionäre Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger, die die hohe Kunst der Diplomatie auch wirklich beherrschen und damit wie einst Adenauer und Hansen zur Völkerverständigung, zu Frieden und Freiheit in einem Europa voller Chancen für die Menschen in Europa beitragen."
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.