Heiner Garg zu TOP 19 "Keine zusätzliche finanzielle Belastung der Versicherten"

Heiner Garg

In seiner Rede zu TOP TOP 19 (Keine zusätzliche finanzielle Belastung der Versicherten) erklärt der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Heiner Garg:

"Was hätte man sich alles vorstellen können, was man in so einem Interview erwähnen könnte? Und da bin ich anderer Meinung als der Kollege Hansen: Solch ein Interview wird in der Fachwelt schon wahrgenommen und das wird in der Fachwelt diskutiert. Man hat die Chance, in einer Fachpublikation einfach mal einen Punkt zu setzen. So habe ich das auch wahrgenommen, Frau Ministerin. Sie wollten einen Punkt setzen und mit etwas Eigenem rüberkommen. Wenn das ihre Auffassung ist, dann ist das erstmal so zu akzeptieren. Ich habe übrigens eine gänzlich andere Auffassung über die Wirkungsweise, als Sie es dargestellt haben. Man muss aber auch damit leben, dass hier politisch darüber diskutiert und gestritten wird. Da spielt es überhaupt keine Rolle, ob es auf Bundesebene entschieden wird oder nicht.

Worum es mir geht ist, dass Sie mit der Diskussion etwas erreicht haben, was ich besonders schade finde. Sie haben es zumindest schwerer gemacht, tatsächlich eine Auseinandersetzung anzustoßen, wie wir es in Deutschland hinbekommen können, dass wir endlich eine intelligente Patientensteuerung etablieren. Sie hätten beispielsweise über ein vernünftiges Entlassmanagement reden können. Sie hätten über Patientinnen- und Patientenpfade reden können. Sie hätten über neue Schnittstellen, Professionen zur Assistenz ambulanter Versorgung sprechen können. Warum ausgerechnet dieses wirklich sinnlose Instrument der Praxisgebühr, die nachhaltig weder zu deutlich höheren Einnahmen führt noch in Wahrheit die Arzt-Patientinnen- und Patienten-Kontakte in Deutschland reduziert hat? Das bleibt Ihr Geheimnis, Frau Ministerin.

Ich vermisse eine wirklich kraftvolle Diskussion darüber, wie wir in Zukunft eigentlich den Herausforderungen in der Versorgung gerecht werden. Mit Sicherheit nicht mit einer Praxisgebühr von zehn, 20 oder 50 Euro für Patientinnen und Patienten, die gesetzlich versichert sind. Ganz bestimmt nicht. Wir sehen doch das Dilemma, wie schwierig es ist, eine Krankenhausstruktur, die deutschlandweit nicht mehr zu den Versorgungsnotwendigkeiten passt, zu reformieren. Wir wissen, dass fast zweitausend niedergelassene Ärztinnen und Ärzte in Schleswig-Holstein in den nächsten fünf Jahren nicht mehr bei der Versorgung dabei sein werden. Wir wissen auch, dass wir für jeden und für jede, der geht, zwischen zwei und drei neue Köpfe brauchen. Vor dem Hintergrund ist es mir wirklich zu einfach, darüber zu philosophieren, ob Versicherte sich an ihren Krankenhauskosten oder an ihren Praxisbesuchen in irgendeiner Art und Weise finanziell beteiligen sollen. Wir müssen uns grundsätzlich darüber unterhalten, wie wir es schaffen, diese Versorgungsbedarfe personell zu hinterlegen.

Zweitens müssen wir uns darüber unterhalten, wie wir tatsächlich eine Patientensteuerung hinbekommen. Hierfür sind die Arzt-Patientinnen- und Patientenkontakte ein wunderbares Beispiel. Ich will mich gar nicht darüber streiten, ob es zwölf oder 18 pro Jahr sind - je nachdem wie man zählt und ab wann man zählt. In den skandinavischen Ländern, allerdings auch in vielen anderen europäischen Ländern, sind die Arzt-Patientinnen- und Patientenkontakte um ein Drittel niedriger. Und trotzdem ist die allgemeine Lebenserwartung in diesen Ländern oft sogar höher und die Lebensqualität ist auch im hohen Alter, und das ist eigentlich das Entscheidende, in der Regel höher als in Deutschland. Also stimmt doch hier etwas nicht in der Versorgung. Deswegen brauchen wir mehr als das Herumgedoktere am System. Ich will Ihnen eines sagen und das kostet die Patientinnen und Patienten nichts, jedenfalls nicht direkt: Wenn wir es endlich schaffen würden, intelligente digitale Instrumente, die es in anderen Ländern wie zum Beispiel in Norwegen oder den baltischen Staaten bereits gibt, zu etablieren. Und was leisten wir uns? In 19 Jahren hat die Thematik 21 Milliarden Euro verbrannt und wir haben bis heute keine funktionierende elektronische Patientenakte. Das wären Instrumente und Möglichkeiten zur Patientensteuerung.

Abschließend habe ich noch eine Bitte: Frau Ministerin, sagen Sie doch etwas dazu, wie so ein Artikel entstanden ist, und sagen Sie, dass Sie in Wahrheit diesen Prozess auch nicht innerhalb der Union ansteuern wollen, sondern dass sehr schnell von Ihnen ein moderner fortschrittlicher Vorschlag kommt, wie man in Zukunft intelligente Patientinnen- und Patientensteuerung auf den Weg bringt, um der Versorgungssicherung - für eine älterwerdende Bevölkerung - wenigstens ein Stückchen näher zu kommen, was die Hauptaufgabe der Gesundheitspolitik ist."

 

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort