Heiner Garg zu TOP 21 "Sicherstellung der pflegerischen Versorgung"

Heiner Garg

In seiner Rede zu TOP 21 (Sicherstellung der pflegerischen Versorgung) erklärt der pflegepolitische Sprecher, Dr. Heiner Garg: 

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Kollegin Pauls, lassen Sie mich unmittelbar an Ihre Rede anschließen. Zunächst einmal danke ich dem Landespflegeausschuss sehr herzlich dafür, dass es dann doch noch gelungen ist zu etwas Gemeinsamem zu kommen.

Ich will auch sagen, dass niemand von uns behaupten, dass irgendeine Maßnahme davon überflüssig ist. Was mich ein bisschen stutzig macht, bei näherem Betrachten, ist erstens die Priorisierung durch die Landesregierung. Ich komme einfach nicht drumherum. Das riecht so danach, dass die Priorisierung, wie sie heute auch die Ministerin vorgetragen hat, vor allem etwas mit der Haushaltslage zu tun hat und nicht mit der Dringlichkeit und Notwendigkeit von Maßnahmen. Ich will das auch begründen. Ich will sehr deutlich sagen, dass ich viel Sympathie dafür habe und finde, dass die digitale Pflegebedarfserhebung mit Frühwarnsystemen gut ist. Aber, meine Damen und Herren, die Probleme von pflegenden Angehörigen, die Probleme von Pflegefachkräften, die Probleme von Pflegebedürftigen sind weitaus größer. Wir reden darüber, dass Menschen keinen ambulanten Pflegedienst finden. Wir reden darüber, dass Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung keinen Platz in einem Pflegeheim finden. Wir reden darüber, dass Menschen im Durchschnitt bis zu 2.700 Euro Eigenanteile in einer stationären Einrichtung nach dem SGB XI bezahlen müssen.

Da sage ich Ihnen bei allem guten Willen: Das reicht einfach nicht, was Sie hier als Priorisierung der Pflegepolitik für die Landesregierung beschrieben haben. Das reicht einfach nicht. Die Kollegin Pauls hat zu Recht darauf hingewiesen. Wir haben uns einmal den Spaß gemacht, die Bewertung durch die Landesregierung anzugucken, um herauszufinden wie häufig das Wort Prüfen vorkommt. 28-mal wird geprüft oder eine Prüfung vorgeschlagen, siebenmal wird gegebenenfalls eine Projektinitiierung, z.B. in Bezug auf die Digitalisierung geprüft und dreimal haben wir es mit Appellen zu tun.

Was mich nachdenklich gestimmt hat, war die Priorisierung der 30 Maßnahmen seitens der Landesregierung, weil ich fand, die waren vor allem haushaltspolitisch getrieben. Deswegen habe ich die Notwendigkeiten und die Probleme, die es akut in der Pflege gibt, noch einmal so aufgezählt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Initiativen zur Begrenzung der Eigenanteile in der Pflege neben den Verpflichtungen, die das Land hat, die gab es auch schon in der letzten Legislaturperiode. Ich habe gemeinsam mit der Kollegin Leonhardt eine Bundesratsinitiative eingebracht, diesen Deckel bei 1.000 Euro einzuziehen. Aus der Bundesratsinitiative ist leider keine aktuelle Politik, also in der Umsetzung, geworden. Ich halte das aber nach wie vor für erforderlich und für richtig.

Jetzt muss der Kollege Buchholz ganz tapfer sein. Ich bin auch der Auffassung, dass wir inzwischen im Bereich Pflege, übrigens leider auch inzwischen im Bereich Kita, ein echtes Problem mit dem Anstieg der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer haben. Das erfahren Sie, wenn Sie mit Stammbelegschaften sprechen. Und seit ich Mitglied dieses Landtags bin, seit 2000, besuche ich eigentlich ständig und immer wieder Altenpflegeheime, und zwar nicht nur, um mir zeigen zu lassen, was alles toll ist, sondern auch, um mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu sprechen.

Der Grundgedanke hinter der Leiharbeit ist ein richtiger, nämlich Belastungsspitzen auszugleichen. Inzwischen werden aber halbe Stammbelegschaften dadurch ersetzt. Die Arbeitsbedingungen in der Pflege müssen grundsätzlich verbessert werden. Denn es geht um die Zufriedenheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Darauf müssen wir abzielen. Selbstverständlich führt das zu Unzufriedenheit, wenn beispielsweise in einem Pflegeheim mit Früh-, Tag- und Nachtschichten Schichten, die mir am liebsten sind, ausgesucht werden können - und beispielsweise die Stammbelegschaften, die Wochenenddienste, die Dienste jetzt wieder an den Feiertagen absolvieren müssen. Das bringt selbstverständlich Unruhe in ein Team.

Im Übrigen, wenn wir über Pflegebedürftige in Einrichtungen nach dem SGB XI sprechen, dann sind das fast immer hochbetagte Menschen, und die wünschen sich auch so etwas wie Kontinuität wünschen bei den Bezugs- und Ansprechpersonen. Wenn jeden zweiten Tag jemand Neues kommt, dann macht das etwas mit diesen Menschen. Und vor diesem Hintergrund, liebe Kolleginnen und Kollegen, wünsche ich mir – ich weiß nicht, wie ich das nennen will, und ich will jetzt auch nicht irgendwelche Superlative zum Schluss kreieren –, aber ich wünsche mir wirklich für das kommende Jahr mehr Dampf bei der Pflegepolitik dieser Landesregierung, damit die Probleme, die alle kennen, wirklich angegangen werden und zumindest teilweise gelöst werden. Denn in der Pflege haben wir kein Erkenntnisproblem, sondern wir haben ein Umsetzungsproblem. Herzlichen Dank."

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort.