In seiner Rede zu TOP 29 (15 Jahre UN-Behindertenrechtskonvention – Noch ist viel zu tun) erklärt der sozialpolitische Sprecher, Heiner Garg:
„Ich möchte gerne daran anknüpfen, wo Eka von Kalben aufgehört hat. Ich will auch nicht kritisieren, sondern mir ist wichtig, den Grundkonsens der Demokratinnen und Demokraten voranzustellen, den ich jedenfalls in den vergangenen 20 Jahren in diesem Landtag bei diesem Thema immer gespürt habe.
Es ist richtig, dass Demokratinnen und Demokraten im Zweifel auch in einen harten Schlagabtausch gehen, um die Geschwindigkeit oder Nichtgeschwindigkeit von Maßnahmen zu kritisieren. Aber mir ist noch wichtiger zu sagen, der Feind steht woanders. Ich weiß nicht, ob Sie Pablo Pineda kennen. Der heute 50-Jährige ist ein spanischer Lehrer für pädagogische Psychologie, Schauspieler und Autor. Er ist der erste Europäer mit Down-Syndrom, der einen Universitätsabschluss hat. Und bereits 2014 wurde eben jener Pablo Pineda verunglimpft, und zwar durch den damaligen stellvertretenden sächsischen AfD-Landesvorsitzenden, der über Pineda in Bezug auf den Film ‚Me Too – Wer will schon normal sein‘, der mit und über ihn ist, Folgendes sagte: ‚Sei nur blöd genug, reise in der Welt herum, die Dummen wenden sich schon ganz allein dir zu.‘ Und weiter: ‚Ich spreche einem Menschen mit Trisomie 21 die Befähigung ab, in Deutschland den Hochschulberuf eines Lehrers zu ergreifen und gebe kund, dass ich als Nichtbehinderter von einem solchen nicht unterrichtet werden möchte.‘ Der Feind steht ganz woanders. Und dem gesellschaftlichen Klima, das gerade Menschen mit Handicap zunehmend erfahren müssen, dem müssen wir Demokratinnen und Demokraten mit allem Nachdruck und mit allem, was uns zur Verfügung steht, etwas entgegensetzen. Und vor diesem Hintergrund sage ich sehr deutlich: Inklusion ist weder ein Nice-to-have, geschweige denn eine Ideologie. Inklusion, die inklusive Gesellschaft, ist ein Recht. Ein Recht für alle Menschen. Die UN-Behindertenrechtskonvention schafft keine Sonderrechte, sondern konkretisiert und spezifiziert die universellen Menschenrechte aus der Perspektive der Menschen mit Behinderungen vor dem Hintergrund ihrer Lebenslagen, die im Menschenrechtsschutz Beachtung finden müssen.
Eka von Kalben hat vor mir schon viele Einzelbeispiele benannt. Es wurde kritisiert, es wurde gelobt. Das ist auch das Übliche an einem solchen Schlagabtausch. Ich möchte einen Vorschlag machen. Die Ausschussüberweisung von beiden Initiativen finde ich richtig. Ich würde gerne vorschlagen, dort anzuknüpfen, wo die letzte Landesregierung bei der Novelle des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes aufgesetzt hat. Das war wirklich ein Erfolg. Wir haben zum ersten Mal die Grundlage für das Landesbehindertengleichstellungsgesetz gemeinsam mit den Menschen mit Handicap, und zwar unter anderem hier in diesem Plenarsaal, mit erarbeitet. Vielleicht wäre es ja möglich im Ausschuss, dass wir nicht nur eine klassische Anhörung mit Expertinnen und Experten aus Verbänden machen, sondern mit denjenigen, die unmittelbar von dem betroffen sind, was wir miteinander bereden. Denn die Kollegin Pauls hat im Antrag der Sozialdemokraten eine ganze Reihe Handlungsfelder aufgezeigt, bei denen Handlungsbedarf besteht, bei denen es in den vergangenen 15 Jahren auch schon unbestritten Fortschritte gegeben hat. Handlungsfelder wie beispielsweise der weitere Abbau von Barrieren, Bildung, Gewaltschutz, Arbeit – ein Riesenthema im Übrigen –, Wohnen und Partizipation fände ich nicht nur spannend, interessant und erkenntnisbringend, sondern ich fände es richtig, diese Themen gemeinsam mit denen zu diskutieren, die wir eigentlich adressieren wollen.“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.