Heiner Garg zu TOP 38 "Gesundheitsversorgung von Menschen mit Behinderungen verbessern"

Heiner Garg

In seiner Rede zu TOP 34 (Gesundheitsversorgung von Menschen mit Behinderungen verbessern) erklärt der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Heiner Garg:

"Ich finde die Initiative gut und ich finde sie auch richtig, wenn man sich mal vor Augen führt, dass sich der Blick auf Einschränkungen wirklich extrem langsam verändert. Denn wenn Sie mal einen Blick in die Märzausgabe 2022 des Journal of health monitoring werfen, werden Sie dort das von der WHO 1980 etablierte internationale Klassifikationssystem, also das ICIDH, finden. Das beschrieb damals Krankheiten und Gesundheitsschädigungen, Behinderungen und deren soziale Folgen in Form einer sogenannten Kausalkette. So, als wären dies ganz zwangsläufige Abfolgen. Erst um die Jahrtausendwende, also zwei Jahrzehnte später, leitete die WHO durch die internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, der Behinderung und Gesundheit, also das als ICF, ein zentral wichtiges Umdenken ein, in dem das dynamische Gleichgewicht stärker in den Mittelpunkt gerückt wurde.

Vor diesem Hintergrund können wir jetzt zwei Dinge unternehmen. Entweder kritisieren wir weiter, dass es das bei uns nicht gibt in Schleswig-Holstein. Ich glaube, das hilft allerdings den Betroffenen wenig bis gar nicht. Oder wir machen das, was die Sozialdemokraten vorschlagen und überlegen in diesem Zusammenhang, ob wir das, was es in anderen Bundesländern ja schon gibt, auf Schleswig-Holstein übertragen. Ich glaube aber, wenn ich so die Entwicklung der letzten zehn Jahre sehe, was es an modernen, innovativen Möglichkeiten gibt, könnten wir überlegen, ob wir das für Schleswig-Holstein noch weiterentwickeln können, und zwar als Versorgungsangebot für ein Land mit Inseln und Halligen. Wir müssten also Kompetenzen identifizieren, Kompetenzen gemeinsam nutzbar machen und Kompetenzen bündeln. Wir müssen uns aus meiner Sicht an dieser Stelle auch genau überlegen, wie wir das angehen, denn wir werden das nicht landesweit flächendeckend umsetzen können. Das ist auch nicht gefordert, aber wir können uns ja überlegen, wie man mit dem intelligenten Einsatz von Telematik in der Medizin beispielsweise Kompetenzen überall nutzbar macht. Auch dort, wo man im Zweifel kein Zentrum aus Stein oder Zement aufbaut.

Ich finde ein solches Zentrum muss sektorenverbinden sein. Es muss intra- und interprofessionell sein, es soll interdisziplinär sein, es muss in jedem Fall die Frage der Diagnostik, der Therapie, der Kommunikation und der Ausbildung berücksichtigen. Da wird auch interministerielle Zusammenarbeit notwendig sein, aber ich glaube, es gibt zumindest zwei vorhandene Möglichkeiten, wie man auch von Landesseite aus finanziell so etwas unterstützt. Und einen Punkt will ich herausgreifen. Die Frage der Zeit, die eine Ärztin oder ein Arzt oder eine Therapeutin oder ein Therapeut für Menschen mit Behinderung aufwendet, ist nochmal ganz anders zu betrachten, als die Zeit, die Patientinnen und Patienten ohne Handikap beanspruchen, obwohl auch dort mehr Zeit für die Medizin notwendig wäre und mehr Zeit bezahlt werden müsste. Aber hier dieses Delta auszugleichen, auch in einem Versuch, dafür beispielsweise wäre der Versorgungssicherungsfonds eine ganz wunderbare Sache. Wie man mit dem Fonds für Barrierefreiheit an anderer Stelle hier etwas auf die Beine stellen kann, das überlasse ich gerne anderen. Aber ich glaube, wenn man das will, dann kriegt man das relativ schnell mit einem überzeugenden Versuch in Schleswig-Holstein für die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner hin, denn hier arbeiten Kostenträger, kassenärztliche Vereinigung, Ärztekammer, Zahnärztekammer oder auch die Ärztegenossenschaft innovativer und besser zusammen als in vielen anderen Bundesländern."

 

Sperrfrist Redebeginn!

Es gilt das gesprochene Wort