In seiner Rede zu TOP 38 (Situation von Post-Covid und ME/CFS Erkrankten in Schleswig-Holstein) erklärt der gesundheitspolitische Sprecher, Dr. Heiner Garg:
„Wie gehen wir eigentlich als Gesellschaft mit einer Zeit um, die uns zwischen 2020 und Ende 2022 weltweit in einer Art und Weise in Atem gehalten hat, wie wir es vorher kaum miteinander erleben mussten? Da ist auf der einen Seite, wenn ich in die Bundesrepublik und auch in den Deutschen Bundestag schaue, ein anhaltender Streit darüber, wie man das Pandemiemanagement aufarbeitet. Etwas, was ich bis heute nicht verstehe. Weil der Versuch objektiv aufzuarbeiten, kritisch zu hinterfragen, was ist besonders gut gelaufen in Deutschland und was nicht so gut gelaufen ist, bewahrt uns im Zweifel nicht nur vor Fehlern, wenn ein solcher Fall wieder eintritt, sondern es würde auch endlich wieder Vertrauen in der Bevölkerung schaffen.
Ich habe das große Glück und das Privileg, dass ich das, was ich hier tue, schon beinahe 30 Jahre machen darf. Und ich habe kaum etwas erlebt, was die Bevölkerung im Nachhinein dermaßen tief spaltet. Und im Übrigen auch die Verweigerung von vielen Menschen, wahrzunehmen, was wir da eigentlich wirklich erlebt haben. Und ich will das nochmal in Erinnerung rufen: Mehr als 7 Millionen Menschen sind im Zusammenhang mit dem Coronavirus verstorben.
In Deutschland waren es 182.981 Menschen.
Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus ist kein alberner Schnupfen gewesen. Und das, finde ich, muss man am Anfang einer solchen Debatte auch noch mal sehr deutlich sagen, weil es nämlich inzwischen viel zu viele Idioten gibt, die genau das versuchen, immer wieder zu behaupten.
Unser Leben geht, Gott sei Dank, weiter und wir können unser normales Leben mit Freunden, mit all dem, was wir gewohnt waren vor der Pandemie, nahezu genauso erleben und leben, wie wir uns das vorstellen. Aber, und das haben die Kolleginnen und Kollegen vor mir bereits gesagt: Es gibt Menschen, für die hat sich das Leben nach einer Infektion mit dem Coronavirus und nach einer durchgemachten Erkrankung fundamental geändert.
Wenn wir jetzt nicht so rangehen und sagen, dass das doch gar nicht so viele seien, haben wir die große Chance, einen Fehler nicht zu machen, der aus meiner Sicht weltweit während einer anderen Pandemie, nämlich der HIV-Pandemie, gemacht worden ist.
Dort waren es nämlich nicht so viele weltweit und es hat nur vermeintlich bestimmte Bevölkerungsgruppen getroffen. Deswegen hat man sich auch lange Zeit kaum um die Betroffenen gekümmert und kaum um sie geschert. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben die große Chance, das anders zu machen.
Wir haben die große Chance und ich finde auch die Verpflichtung, das besser zu machen in diesem Punkt. Und deswegen lassen Sie mich zusammenfassen: Ich finde, der Leiter der Post-Covid-Ambulanz am Universitätsklinikum Marburg-Gießen, der Kardiologe Bernhard Schiefer, fasst den Auftrag an die Politik sehr zutreffend zusammen.
Wir müssen verschiedenste Disziplinen zusammenbringen, die alle gebündelt schnellstmöglich dafür sorgen, dass die Patientinnen und Patienten versorgt werden.
Das ist ein Auftrag an den Bund, das ist ein Auftrag an die Länder, denn es geht um Grundlagenforschung und es geht um Versorgungsforschung und es geht darum, genauso wie bereits gesagt, Betroffenen heute und jetzt schnell ein Angebot zu machen - sie zu sehen, sie wahrzunehmen und sie vor allem ernst zu nehmen.
Denn nichts ist schlimmer für solche Menschen, wenn sie sich am Ende von niemandem ernst genommen fühlen.
Natürlich hilft der übliche Reha-Ansatz diesen Menschen ganz und gar nicht. Wir müssen doch genauso schnell entscheiden können, auch so kreativ sein, wie wir es während der Pandemie waren. Wissen Sie, wie schnell während der Pandemie auf einmal Off-Label-Use bestimmter Arzneimittel möglich war? Warum soll das denn jetzt nicht wieder möglich sein, um solchen Menschen schnell zu helfen? Und ich wünsche mir, dass wir schnell und noch schneller im Sinne der Betroffenen ins Handeln kommen.“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.