In seiner Rede zu TOP 4+31 (Änderung des Kindertagesförderungsgesetzes sowie Kindertagesbetreuung in Schleswig-Holstein auch in der Krise weiterentwickeln) erklärt der kitapolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Heiner Garg:
"Mit dem Kindertagesförderungsgesetz wurde die Grundlage für eine vollständige Neuordnung des Finanzierungssystems der frühkindlichen Bildung und Betreuung geschaffen. Exorbitant hohe Elternbeiträge gehören inzwischen infolge der Deckelung der Vergangenheit an. Ebenso wurden Mindeststandards u.a. beim Fachkraft-Kind-Schlüssel, den Verfügungszeiten oder der Leitungsfreistellung gesetzlich verankert.
Das Land hat mehr als eine halbe Milliarde Euro zusätzliches Geld in der vergangenen Legislaturperiode in die Hand genommen, um dem Ziel bester Startchancen für die jüngsten Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner einen guten Schritt näher zu kommen. Zugleich war allen Beteiligten von vornherein klar, dass eine solch umfassende Reform genauso umfassend evaluiert, angepasst und nachgesteuert werden muss – und zwar über Jahre. Jetzt hatte die neue schwarz-grüne Koalition zum ersten Mal die Chance, ihre Vorstellungen als Gesetzentwurf einzubringen, wie sie die Kita-Reform weiterentwickeln möchte. Und das ist gründlich in die Hose gegangen. Sie sind gerade dabei, die Kita-Reform an die Wand zu fahren.
Entstand die Kita Reform in einem über die Landesgrenzen hinweg viel beachteten Beteiligungsformat, soll die jetzt zu debattierende Anpassung ohne Anhörung durchgewunken werden. Statt eines Regierungsentwurfs gab es eine Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen, u.a. damit die sogenannte Verbändeanhörung nach dem ersten Kabinettsdurchgang umgangen werden konnte. Die Opposition konnte zumindest eine mündliche Anhörung durchsetzen, in welcher genau diese fehlende Beteiligung immer wieder kritisiert wurde. Im Übrigen hätten sich die Regierung und die sie tragenden Fraktionen mit einer rechtzeitigen Einbindung der Beteiligten auch so manchen handwerklichen Fehler ersparen können.
Kommen wir zunächst zur Elternentlastung über die Sozialstaffel. Die von Ihnen häufig kritisierte Bundesregierung hat mit dem Wohngeld Plus dafür Sorge getragen, dass in Zukunft sehr viel mehr Eltern mit Kindern gar keine Kita-Beiträge mehr bezahlen müssen. Insofern ist das, was Sie als großartige Entlastung anpreisen, schlicht ein Scheinriese. Eine der wenigen wirklich zielführenden Möglichkeiten, Menschen – in diesem Falle junge Familien mit Kindern – in der Krise zu entlasten wäre die von uns geforderte weitere Absenkung der Elternbeiträge, und zwar für alle. Damit würde man auch dem Ziel der Beitragsfreiheit ein weiteres Stück näherkommen. Stattdessen soll jetzt die Elternentlastung über eine Änderung der Sozialstaffel erfolgen. Ich bin sehr gespannt, ob das ab 1. Januar 2023 läuft.
Den nächsten Punkt finde ich bedenklich, das sind nämlich die sogenannten helfenden Hände. Die Landesregierung nimmt zurecht die Personalsituation in den Fokus und – ich unterstelle mal – differenziert zwischen kurzfristigen Sofortmaßnahmen und mittel- bis langfristiger Personalsicherung und -gewinnung. Als kurzfristige Sofortmaßnahme sind die helfenden Hände also grundsätzlich ein sinnvoller Ansatz. Man muss es dann aber auch richtig machen und nicht einen massiven Fehlanreiz zur Qualitätsabsenkung im Gesetzentwurf verankern. Warum das so ist? Weil die vorgesehene Personalentlastungsmaßnahme der Landesregierung genau für die 294 Gruppen gedacht ist, die von der Übergangsregelung des § 57 Absatz 4 KiTaG Gebrauch machen. Dadurch, dass helfende Hände nicht grundsätzlich für alle Kitas für klar abzugrenzende nicht-pädagogische Tätigkeiten vorgesehen sind, wird ein krasser Fehlanreiz geschaffen. Das heißt konkret: Um eine helfende Hand zu erhalten, müsste eine Kita, die den Fachkraft-Kind-Schlüssel von 2.0 erfüllt, diesen absenken – z.B. auf 1.75. Das ist pädagogisch falsch und hat mit echter Entlastung in den Kitas nur wenig zu tun.
Wichtig ist auch der Erhalt der Sprachkitas. Dass das Land – nachdem es Träger und Eltern wochenlang im Ungewissen ließ – die Fortführung der Sprachkitas auf Druck der Opposition finanziell in der Regelfinanzierung absichert, ist grundsätzlich richtig. Wenn das allerdings das wichtigste gewesen wäre, dann hätten Sie getrennte Verfahren machen müssen und und uns den Murks bei den Elternentlastungen, die keine wirklichen Entlastungen sind, und bei der Qualitätssicherung, die eine Qualitätsverschlechterung ist, erspart. Sie hätten in einem ordentlichen Verfahren unter Beteiligung aller am Prozess Beteiligten uns im nächsten Jahr Ihre Reform für die Kita-Reform vorlegen können. Wenn Sie so weiter machen, Frau Ministerin, dann haben Sie das Kind an die Wand gefahren und dann wird die Weiterentwicklung der Kita-Reform, für die Sie bisher keinen Plan haben, krachend scheitern. Das wäre verheerend für Schleswig-Holstein."
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort