Innenpolitik/Asylverfahren

Jan Marcus Rossa zu TOP 13 “Gewährleistung effizienterer Asylverfahren”

In seiner Rede zu TOP 13 (Bundesinitiative zur Gewährleistung effizienterer Asylverfahren) erklärt der innenpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jan Marcus Rossa:

„Die AfD möchte mit uns im Landtag über eine effizientere Gestaltung von Asylverfahren sprechen. Das ist grundsätzlich eine gute Idee, denn weder für die Migranten noch für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land ist es hinnehmbar, dass das BAMF nach jüngsten Statistiken durchschnittlich fast elf Monate benötigt, um über einen Asylantrag zu entscheiden.

Diese Diskussion werden wir aber nicht auf der Grundlage des Koalitionsvertrages von Union und SPD führen. Wir haben in Schleswig-Holstein unsere eigenen Vorstellungen, die wir in unserem Koalitionsvertrag klar zum Ausdruck gebracht haben, und die wir viel überzeugender finden als das, was sich in Berlin die Union und die SPD überlegt haben. Es ist allerdings an Phantasielosigkeit kaum zu überbieten, dass die AfD uns hier einen Antrag serviert, der in weiten Teilen aus dem Koalitionsvertrag im Bund schlicht abgeschrieben worden ist. Möge sich die AfD im Bundestag mit dem Koalitionsvertrag der Regierungsparteien auseinandersetzen. Wir stehen für eine Stellvertreterdebatte in Kiel nicht zu Verfügung.

Unabhängig davon ist aber die Forderung nach Anker-Zentren, die das Asylverfahren beschleunigen sollen, unsinnig. Wie diese Zentren ausgestaltet werden sollen und wie dort Verfahren effizienter gestaltet werden können, bleibt bei der AfD genauso unklar wie bei der Bundesregierung. Deshalb war es richtig, dass sich die Landesregierung verweigerte, am Pilotprojekt der Bundesregierung teilzunehmen. Zudem ist die Idee von großen ‚Aufnahmezentren‘ keineswegs neu. Auch in Schleswig-Holstein haben wir Erfahrungen mit großen Aufnahmeeinrichtungen gemacht, in denen schon heute Asylsuchende aufgenommen werden, wo sie wohnen und registriert und über ihre Fluchtgründe befragt werden können. In diesen Einrichtungen werden die Flüchtlinge betreut, sie stellen ihren Asylantrag und bleiben hier, bis über ihren Antrag entschieden worden ist. Wird ein Asylantrag abgelehnt und besteht auch aus sonstigen Gründen kein Aufenthaltsrecht in Deutschland, wird aus den Erstaufnahmeeinrichtungen heraus die Ausreise oder Abschiebung durchgeführt. Nichts anderes soll in den Anker-Zentren geschehen.

Nicht neu ist auch die Idee, dass in den Erstaufnahmeeinrichtungen verschiedene Behörden und Institutionen eng zusammenarbeiten. Das ist heute schon gelebte Praxis in Schleswig-Holstein. Wo ist also der Vorteil von Anker-Zentren? Der Hauptunterschied zwischen Bundesregierung und Landesregierung scheint zu sein, dass wir in Schleswig-Holstein keinen plakativen neuen Begriff für Aufnahmeeinrichtungen in unserem Land brauchen. In der Diskussion um Anker-Zentren wird zudem viel zu wenig berücksichtigt, wie problematisch Aufnahmeeinrichtungen sind, in denen Migranten über Monate hinweg untergebracht und im besten Sinne nur ‚verwahrt‘ werden. Die Bedingungen in diesen Einrichtungen schaffen schon heute ein erhebliches Konfliktpotential, das wir lösen müssen. Repression allein hilft nicht und hier bleiben sowohl die Bundesregierung als auch die AfD eine Antwort schuldig. Ich halte es vor diesem Hintergrund für richtig, wenn wir uns in Schleswig-Holstein bis auf weiteres gegen Anker-Zentren aussprechen.

Der Koalitionsvertrag im Bund kann für uns kein Vorbild in der Flüchtlingspolitik sein. Nicht zu Unrecht hat die ZEIT der Koalition im Bund vorgeworfen, dass der Koalitionsvertrag bei der Flüchtlingspolitik ‚die Sprache der Rechtspopulisten übernommen‘ habe.  Und auch deshalb ist es richtig, wenn wir hier in Schleswig-Holstein an der Flüchtlingspolitik festhalten, auf die wir uns verständigt haben. Wir haben schon im Mai letzten Jahres erkannt, dass wir die Erstaufnahmeeinrichtungen zu Landeskompetenzzentren weiterentwickeln müssen. Wir haben uns bewusst gegen ein bloßes Verwahren der Flüchtlinge in solchen Einrichtungen entschieden. Wir werden das in Schleswig-Holstein angewandte Rückführungsmanagement evaluieren und auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse weiterentwickeln. Wir haben uns entschieden, in Schleswig-Holstein eine den europarechtlichen Anforderungen entsprechende Abschiebehafteinrichtung zu schaffen und werden noch in diesem Jahr die dafür notwendigen rechtlichen Grundlagen schaffen.

Sie sehen, verehrte Kollegen der AfD, dass es nicht nötig ist, uns auf der Grundlage von Koalitionsverträgen anderer Parteien zu erklären, wie Flüchtlingspolitik zu gestalten ist. Dazu sind wir durchaus ohne ihre plagiierten Vorschläge in der Lage. Wir verzichten dankend und ich bitte die Abgeordneten der übrigen Fraktionen, den Antrag der AfD abzulehnen.“

 

Es gilt das gesprochene Wort!