Innen/ Bürgerfreundliche Sprache

Jan Marcus Rossa zu TOP 17+34 „Bürgerfreundliche Sprache in der Verwaltung“

Jan Marcus Rossa

In seiner Rede zu TOP 17+34 (Bürgerfreundliche Sprache in der Verwaltung und Bericht) erklärt der innenpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jan Marcus Rossa:

„Die Forderung der SPD, dass amtliche Bescheide von Landesbehörden an Bürgerinnen und Bürger in rechtsicherer, aber verständlicher Sprache, nachvollziehbar und übersichtlich formuliert werden müssen, sollte für jede Behörde eine Selbstverständlichkeit sein. Und diese Erwartung dürfte wohl auch jeder Abgeordneten in diesem Haus haben.

Richtig ist auch, dass hier Handlungsdruck besteht, denn Verständlichkeit wird in der Praxis allzu oft nicht erreicht. Jeder, der schon einmal einen Steuerbescheid in den Händen gehalten hat, weiß wovon ich spreche. Die Erläuterungen und Hinweise in Steuerbescheiden – aber nicht nur dort – sind häufig nicht nur schwer verständlich, sondern werden von vielen Bürgerinnen und Bürgern als Kauderwelsch wahrgenommen. Die Inhalte erreichen damit häufig den Adressaten tatsächlich nicht mehr. Ein unhaltbarer Zustand!

Fehlende Verständlichkeit ist gerade beim Verwaltungshandeln ein gravierendes rechtsstaatliches Problem. Mit ihren Bescheiden setzen Behörden geltendes Recht um. Bürgern wird mit Verwaltungsakten ein bestimmtes Handeln erlaubt, abverlangt oder auch verboten.

Aus dieser Funktion des Verwaltungshandelns hat sich allerdings eine Verwaltungssprache entwickelt, die sehr stark juristisch geprägt ist und durch die Verwendung von Fachsprache und Fachbegriffen regelmäßig zu Verständnisproblemen führt.

Ich will das mit einem kleinen Beispiel deutlich machen. In einem abfallrechtlichen Bescheid hieß es: 

‚Hinsichtlich der Abfalltrennung und Entsorgung der bei Ihnen anfallenden Abfälle haben Sie die Möglichkeit, die Getrennthaltung am Entstehungsort verschieden zu organisieren und umzusetzen.‘

Aha! Der angesprochene Bürger wusste jetzt sicherlich ganz genau, was die Behörde von ihm erwartete. Wie vermeidet man nun solche Stilblüten? Wie bewegt man Behörden, sich bürgerfreundlich und verständlich auszudrücken, damit Inhalte von den Bürgerinnen und Bürgern unproblematisch und ohne fremde Hilfe verstanden werden?

Schon heute gibt es rechtliche Bestimmungen, die den Behörden die Pflicht auferlegen, sich verständlich auszudrücken. Zu nennen ist hier § 37 VwVfG des Bundes und der dort geregelte Bestimmtheitsgrundsatz. Das OVG Nordrhein-Westfalen hat hierzu entschieden, dass ein Verwaltungsakt aus sich heraus verständlich sein muss. Von den Adressaten könne nicht verlangt werden, dass sie unter Hinzuziehung eines Dritten erforschen müssen, was die Behörde von ihnen verlangt.

Es wäre vielleicht schon hilfreich, den Verwaltungsbehörden die Bedeutung solcher Rechtsvorschriften und die dazu ergangene Rechtsprechung bewusst zu machen.

Es dürfte auch sinnvoll sein, diese verwaltungsrechtliche Vorschrift zu schärfen und quasi zu einem AGB-Recht für Verwaltungshandeln auszubauen, so dass Bescheide und sonstige Verwaltungsakte stets einer strengen Inhaltskontrolle zu unterziehen sind.

In der Privatwirtschaft ist das mittlerweile ein erprobtes Mittel, um sicherzustellen, dass vorformulierte Verträge klar und unmissverständlich abzufassen sind, weil sie anderenfalls im Zweifel zu Lasten des Verwenders ausgelegt werden.

Ein solches Prinzip wäre auch bei Verwaltungsakten möglich. Lassen Sie uns gerne im Innen- und Rechtsausschuss diese Idee gemeinsam vertiefen und vielleicht gelingt es uns, hier einen kreativen Lösungsansatz zu entwickeln, der über die pauschale aber doch sehr unbestimmte Forderung der SPD hinausgeht. 

Erlauben Sie mir zum Schluss noch einen Hinweis: Verständlichkeit darf nicht über alles gehen! Wir müssen uns stets bewusst machen, dass Verwaltungshandeln vor allen Dingen rechtmäßig sein muss. Daher muss jede Anpassung der Verwaltungssprache ihre Grenze dort finden, wo Vereinfachungen zu falschen oder missverständlichen Aussagen führen. Dort, wo eine sprachliche Vereinfachung nicht möglich ist, muss es bei der rechtlich zutreffenden und vielleicht komplexeren Sprache bleiben. Hier wird ein Abwägungsprozess stattfinden müssen und im Zweifel muss der Formulierung der Vorzug gegeben werden, mit der die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns gewährleistet wird, auch wenn das auf Kosten der Verständlichkeit zu gehen scheint.“

Es gilt das gesprochene Wort!