Innenpolitik/ Landesaufnahmeprogramm

Jan Marcus Rossa zu TOP 26 „Landesaufnahme-programm kommt“

In seiner Rede zu TOP 26 (Landesaufnahmeprogramm kommt) erklärt der innenpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jan Marcus Rossa:

„Die Flüchtlingspolitik ist in den letzten Wochen wieder einmal das zentrale Thema in der deutschen und in der europäischen Politik gewesen. Und es ist uns wieder einmal vor Augen geführt worden, wie hilflos insbesondere in Berlin mit dieser Thematik umgegangen wird. Auf Bundesebene geht es dabei nicht zuallererst um die Frage, wie wir den hunderttausenden Menschen, die weltweit auf der Flucht sind, helfen und wie wir Fluchtursachen bekämpfen können, sondern es geht in erster Linie um Abschottung und Zurückweisung. Die teilweise skurril anmutende Diskussion zwischen den Unionsparteien um den richtigen Kurs in der Flüchtlingspolitik, wo ein Innenminister über Tage hinweg nahezu kindisch seinen “Masterplan” geheim hält, ist so beherrschend gewesen, dass die deutsche Bundespolitik der drohenden humanitäre Katastrophe, die sich zeitgleich auf dem Mittelmeer abspielte, überhaupt keine Aufmerksamkeit schenkte. Und als unser Innenminister erklärte, Flüchtlingen auf der „Lifeline“ Schutz gewähren und aus humanitären Gründen aufnehmen zu wollen, sofern das Bundesministerium seine Zustimmung erteilt, da wartete man zunächst vergebens auf eine Reaktion und die dann später folgende Ablehnung kam – jedenfalls für die Öffentlichkeit – ziemlich schroff und ohne sachliche Begründung.

Hier hatten die auf Bundesebene für die Flüchtlingspolitik Verantwortlichen und insbesondere der Bundesinnenminister ganz offensichtlich völlig die Orientierung verloren. Der Kern des Problems, dass Millionen Menschen auf der Flucht sind, dass weltweit Not, Elend, Krieg und Verfolgung die Menschen aus ihrer Heimat vertreiben, spielte in der bundespolitischen Diskussion keine Rolle mehr. Aus diesem Grund ist es so wichtig, dass wir hier in Schleswig-Holstein heute unser Landesprogramm auf den Weg bringen, um 500 besonders schutzwürdigen Menschen zusätzlich zu den schon laufenden humanitären Maßnahmen auf europäischer- und Bundesebene humanitären Schutz und eine sichere Aufnahme in unserem Land zu gewähren. Im Angesicht des Ausmaßes des Elends der Flüchtlinge scheint diese Zahl verschwindend gering. Aber es ist ein Anfang und es ist ein Signal, dass wir bei all den politischen Diskussionen, die in der Flüchtlingspolitik geführt werden, die Menschen nicht vergessen dürfen, die auf unsere Hilfe angewiesen sind.

Ich werbe für unser Landesprogramm, mit dem wir besonders schutzwürdigen Menschen in akuten Notlagen schnell und unbürokratisch humanitären Schutz gewähren können. Wir werden hier eng mit dem UNHCR zusammenarbeiten, denn kaum eine Organisation weltweit weiß besser, welche Menschen in welchen Regionen besonders schutzbedürftig sind. Humanitäre Katastrophen drohen in weiten Teilen Afrikas, wir dürfen aber auch die Not der Rohingya in Myanmar nicht vergessen und auch auf der arabischen Halbinsel hat der Bürgerkrieg hunderttausende Menschen in existentielle Notlagen gebracht, denen wir helfen müssen.

Europa und auch Deutschland sind hier ja keineswegs tatenlos. So wird die Bundesrepublik im Rahmen eines europäischen Hilfsprogramms in enger Kooperation mit dem UNHCR mehr als10.000 Menschen aus humanitären Gründen aufnehmen. Wir wissen aber auch, dass das nicht ausreichen wird, und dass andere Hilfsprogramme auslaufen und trotz eines entsprechenden Bedarfs möglicherweise nicht fortgesetzt werden sollen.

Und genau hier setzt unser Landesprogramm an. Wir wollen dort Hilfe gewähren, wo sich besonders schutzwürdige Menschen in humanitären Notlagen befinden, die aber von den bestehenden Hilfsprogrammen nicht mehr erfasst werden. Und es ist unsere Hoffnung, dass unser Landesprogramm ein Signal ist, das auch andere Bundesländer und andere Staaten Europas ermutigt, ebenfalls humanitäre Hilfsprogramme aufzulegen, um Menschen zu retten, die in extremer Not sind und sich nicht mehr selbst helfen können. Wir bitten daher dieses Haus um breite Zustimmung für unser Landesprogramm.

Wir lehnen aber den Antrag der AfD ab, der nur ein Ziel hat, nämlich die Regierung zu kontrollieren, dass ja kein Mensch über die 500 hinaus in unser Land kommen wird. Mit Verlaub: Dieser Antrag geht an den Zielen unseres Landesprogramms vorbei und ist schlicht unnötig. Natürlich werden wir als Parlament den Verlauf des Landesaufnahmeprogramms konstruktiv begleiten, aber lassen Sie mich angesichts Ihres Änderungsantrages klarstellen: Uns geht es um die Hilfe für in Not geratene Menschen und nicht um eine Obergrenze.

Natürlich müssen wir eine solche Begrenzung setzen, weil wir ja auch die für die Hilfsmaßnahmen notwendigen Finanzmittel kalkulieren und bereitstellen müssen. Aber die Zahl ist doch nicht der entscheidende Aspekt unseres Antrags, sondern die Tatsache, dass wir schnellen, unbürokratischen und effektiven humanitären Schutz gewähren wollen, wenn sich Menschen in akuten Notlagen befinden. Und da finde ich es überflüssig und geschmacklos, wenn Ihr Beitrag, werte Kollegen der AfD, sich darauf beschränkt zu kontrollieren, ob wir auch nicht mehr als 500 Menschen Schutz gewähren werden.

Heute kann ich Ihnen dazu nur sagen: Die 500 Menschen sind eine Zielgröße, die wir aus heutiger Sicht für angemessen halten. Je nachdem wie sich die Flüchtlingssituation in den nächsten Jahren entwickelt, werden es mehr oder weniger sein. Gedulden Sie sich einfach. Aber es gebietet die Menschlichkeit, dass wir alles tun werden, um humanitäre Katastrophen zu verhindern, und dass wir Menschen auch weiterhin aus Notlagen retten werden und das können auch mehr als 500 Menschen sein. Wenn Ihnen das nicht gefällt, dann ist Ihnen jedenfalls nicht zu helfen. Die Zielrichtung Ihres Antrags lehne ich jedenfalls ab.“

 

Es gilt das gesprochene Wort!