Jan Marcus Rossa zu TOP 35 ,,Öffentliches Zeigen von Reichskriegsflaggen unterbinden"

innen- und rechtspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jan Marcus Rossa

In seiner Rede zu TOP 35 (Öffentliches Zeigen von Reichskriegsflaggen unterbinden) erklärt der innen- und rechtspolitische Sprecher der FDPLandtagsfraktion, Jan Marcus Rossa:
 
„Ich habe durchaus Verständnis für den Antrag der SPD. Es ist mir zuwider, dass Menschen in unserem Land leben, die eine Staatsordnung, ein Regime, eine Gesellschaftsordnung fordern, die wir glücklicherweise seit 1949 überwunden haben. Die Bundesrepublik Deutschland, das will ich hier einmal ganz deutlich zum Ausdruck bringen, ist einmalig auf deutschem Boden. Nie zuvor gab es hier einen Staat, der demokratischer und gerechter war als die Bundesrepublik. Und kein deutscher Staat hat den Menschen mehr Freiheiten gewährt als die Bundesrepublik. Diese Tatsache in Frage zu stellen, ist geschichtsvergessen und revisionistisch oder auch schlicht dumm. Und die Personen, die heute die Reichskriegsflagge zeigen, sollten sich einmal bewusst machen, dass auch sie von dem Schutz, den ein Rechtsstaat bietet, profitieren. In einem autoritären Staat wären solche Meinungsäußerungen verboten und würden verfolgt und unterbunden werden.  
 
Ich habe durchaus Verständnis für die Motive, die hinter dem Antrag der SPD stehen. Er schießt aber über das Ziel hinaus. Drei Aspekte will ich hier herausstellen: 

1. Der Antrag berücksichtigt nicht hinreichend, dass die Forderungen der SPD empfindlich in die Meinungs- und Versammlungsfreiheit eingreifen. Wir sollten uns nicht dem Verdacht aussetzen, dass wir versuchen, unliebsame Meinungen durch gesetzgeberische Maßnahmen zu unterdrücken. Das wäre fatal und stärkt diejenigen, gegen die wir vorgehen wollen.  

2. Der SPD-Antrag berücksichtigt ferner nicht, dass das Zeigen der Reichskriegsflagge schon heute verboten und auch bestraft werden kann, wenn weitere Umstände hinzutreten. Ich halte es für sinnvoller, wenn wir zunächst die rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, die uns bereits zur Verfügung stehen. Wir können für Versammlungen Auflagen erteilen, die das Zeigen der Flagge im Einzelfall untersagen. Die Anforderungen für solche Verbote sind bekannt und durch die Rechtsprechung anerkannt. Dasselbe gilt für die Verhängung von Bußgeldern nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz. 

3. Schließlich ist zu bedenken, dass es den Gruppierungen, gegen die wir vorgehen wollen, ein Leichtes ist, die Symbole beliebig auszutauschen. Es wäre dann wie bei Hase und Igel. Ein Rennen, das der Rechtsstaat mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht gewinnen kann. Und bedenken wir auch, dass wir mit solchen Maßnahmen die Gegner unseres Rechtsstaats im Zweifel aufwerten. Auch das wäre nicht in unserem Sinne.      

Und obwohl die Diskussion, die die SPD hier angestoßen hat, durchaus ihre Berechtigung hat, weil es eben um die Frage, wie ein freiheitlicher und demokratischer Rechtsstaat mit solchen geschichtsvergessenen, revisionistischen und nationalistischen Gruppierungen umgehen soll, finde ich Ihren Lösungsansatz falsch. Er wirkt hilflos und er ist wirkungslos. Die Diskussion erinnert mich an die Debatte um das Verbot bestimmter Zahlen- und Buchstabenkombinationen auf Kfz-Kennzeichen. Mit Verboten erreichen wir nicht das, was unser Ziel sein sollte, nämlich dass Menschen, die solche Symbole verwenden, keinen Einfluss in unserer Gesellschaft gewinnen sollen. Um das zu erreichen, müssen wir die vorhandenen Möglichkeiten ausschöpfen und nicht neue Instrumente schaffen, mit denen wir zugleich hochrangige Freiheitsrechte übereilt einschränken würden. Deshalb werbe ich für den Jamaika-Antrag.“