Justiz/ Justizvollzugsmodernisierungsgesetz

Jan Marcus Rossa zu TOP 4 „Entwurf eines Justizvollzugsmodernisierungsgesetzes“

Jan Marcus Rossa

In seiner Rede zu TOP 4 (Entwurf eines Justizvollzugsmodernisierungsgesetzes) erklärt der justizpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jan Marcus Rossa:

„Erneut beschäftigt uns der Justizvollzug in dieser Legislaturperiode. Nachdem sich das Ministerium zunächst mit einer Personalbedarfsanalyse und einer darauf fußenden Personalstrategie befasst hat, ist es nun an der Zeit, dass wir in unserem modernen Justizvollzugsrecht die jüngsten Entwicklungen in Rechtsprechung und Wissenschaft unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der Strafvollzugspraxis nachvollziehen.

Dieses Gesetzesvorhaben hat ein monströses Ausmaß angenommen. 594 Seiten umfasste der Regierungsentwurf inklusive Begründung. 302 Seiten stark ist die Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses und dazu kommen noch die Stellungnahmen der Experten. Es ist daher nicht möglich, das Gesetz in allen Einzelheiten im Parlament zu debattieren. Auf einige Punkte muss aber eingegangen werden: Im Zentrum jeden Strafvollzugs müssen Resozialisierung und Eingliederung der Gefangenen in die Gesellschaft stehen. Das ist die Kernaufgabe eines modernen Strafvollzugs. Es ist daher zu begrüßen, dass die sogenannte Legalprognose verbessert wird, indem die Vollzugsmaßnahmen individuell auf den jeweiligen Gefangenen ausgerichtet ausgestaltet werden. Grundlage für den Vollzugsplan ist eine Delinquenzhypothese, die zu Beginn des Vollzugs erstellt werden muss. Darauf beruhende Maßnahmen sind regelmäßig auf ihre Wirksamkeit sowie die Möglichkeit von Verbesserungen zu überprüfen. Nur so wird man Resozialisierung wirklich erreichen können. 

Ein anderer sehr wichtiger Aspekt ist der Opferschutz, der künftig verstärkt berücksichtigt wird. Ziel ist es, dass Gefangene befähigt werden, Empathie zu entwickeln und Verantwortung für die von ihnen zu vertretenen Folgen für die Opfer zu übernehmen. Das ist ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige Resozialisierung. Wir waren aber auch gefordert, die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Fixierung umzusetzen. Obwohl mit der Unterbringung im Justizvollzug die Freiheit bereits genommen worden ist, hat das Bundesverfassungsgericht keinen Zweifel daran gelassen, dass bei nicht nur kurzfristigen Fixierungen von Gefangenen eine Kontrolle durch die Gerichte notwendig ist. Unser Strafvollzugsgesetz wird künftig diese Anforderungen erfüllen. Diese und alle Änderungen sind folgerichtig wortgleich auch in den anderen Justizvollzugsgesetzen (Jugendstrafvollzugsgesetz, Untersuchungshaftvollzugsgesetz, Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz und Jugendarrestgesetz) übernommen worden.

Mein Fazit ist: Wir sichern heute ab, dass wir in Schleswig-Holstein auch weiterhin einen modernen Justizvollzug haben werden, bei dem Resozialisierung und Opferschutz die zentrale Rolle spielen werden. Schließlich musste aufgrund EU-rechtlicher Vorgaben auch das Justizvollzugsdatenschutzgesetz novelliert werden. Hier will ich nur einen Aspekt herausgreifen, mit dem wir uns in der Koalition besonders intensiv auseinandergesetzt haben, nämlich mit dem Begriff der drohenden Gefahr. Im Polizeirecht ist es durchaus umstritten, ob mit dem Begriff der drohenden Gefahr die Eingriffsbefugnis der Gefahrabwehrbehörde in unzulässiger Weise vorverlagert wird. Das Bundesverfassungsgericht hat für terroristische Straftaten entschieden, dass Überwachungsmaßnahmen auch auf eine drohende Gefahr gestützt werden dürfen. Ob damit die drohende Gefahr auch im allgemeinen Polizeirecht zulässig ist, hat es nicht entschieden, hier bestehen aber doch erhebliche rechtliche Bedenken. Trotzdem haben wir uns nach intensiven Diskussionen dafür entschieden, dass bereits bei einer drohenden Gefahr durch die Justizvollzugsbehörde Daten erhoben, übermittelt und verarbeitet werden dürfen. Anders als im ‚normalen‘ Leben trifft den Staat im Justizvollzug eine besondere Schutzpflicht, die es erfordert, frühzeitig Gefahren erkennen zu können, um sie entweder überhaupt nicht entstehen zu lassen oder rechtzeitig abwenden zu können. Diese besonderen Schutzpflichten im Justizvollzug rechtfertigen es, Ermittlungsmaßnahmen bereits bei einer drohenden Gefahr einzuleiten.“

Es gilt das gesprochene Wort!