In seiner Rede zu TOP 17 (Perspektiven für die maritime Wirtschaft entwickeln) erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Kay Richert:
‘Schleswig-Holstein meerumschlungen‘ - das beschreibt uns, unsere Traditionen, unsere Sprache und auch unser Denken. Das alles ist bei uns eng mit dem Meer und mit der Seefahrt verbunden. Dabei sind Seefahrt und maritime Wirtschaft nicht nur Folklore. 1.800 Betriebe, an der Küste und im Binnenland, Industrie und Mittelstand, aus den Bereichen Schiffbau, Marinetechnik, Bootsbau, Häfen, Offshore- Technologie, Aquakultur, Schifffahrt und Seeschifffahrt, Kreuzfahrt, Inseltourismus, Meerestechnik inklusive aller dazugehöriger Zulieferer, dazu Ausbildung und Forschung sind über das ganze Land verteilt. Über 42.000 Menschen arbeiten hier und erwirtschaften über neun Milliarden Euro Umsatz im Jahr. Ich selbst habe vor dem Studium mehrere Jahre bei einem Schiffsausrüster Motorenteile geschleppt. Ich kenne den Geruch von Stahl und Tectyl. Und ich finde, dass wir zu Recht stolz sein können auf unsere maritime Wirtschaft in Mittelstand und Industrie. Und wir sind nicht nur stolz, wir unterstützen die wirtschaftenden Menschen an viele Stellen.
Aber es gibt Verbesserungsbedarf. Was immer wieder auffällt, sind die Vergabeverfahren für Neubauten, Modernisierungen, Instandsetzungen und Dienstleistungen. Die Verfahren sind zu bürokratisch und damit zu langwierig. Und sie erbringen nicht immer das gewünschte Ergebnis. Eine Zusammenfassung von Flotten der öffentlichen Hand in einem Betrieb könnte hier eine pragmatische Lösung sein. Dieser Betrieb hätte die Fachkompetenz, Leistungskriterien passgenau zu formulieren und Investitionsfolgekosten abzuschätzen – eine wesentliche Voraussetzung für passende Ausschreibungen. Die Stadt Hamburg hat mit der „Flotte Hamburg GmbH“ so einen Betrieb und auch die Marine hat mit den Arsenalen in Kiel und Wilhelmshaven Spezialbetriebe hierfür. Ich bin überzeugt davon, dass auch wir die Möglichkeiten eines konzertierten Flottenbetriebs beleuchten sollten. Damit verbunden ist eine Rückkehr zum Prinzip der Wirtschaftlichkeit in der Beschaffung. Natürlich können andere Kriterien als der Beschaffungspreis den Ausschlag geben. Aber dafür muss man diese Kriterien auch formulieren können. Und es gibt in der Gesamtdiskussion weitere Punkte. Dabei geht es vor allem um verlässliche Rahmenbedingungen: Wartungsroutinen und Abnahmezusagen müssen eingehalten werden. Rechnungen müssen pünktlich bezahlt werden, gerade von der öffentlichen Hand.
Unsere maritime Wirtschaft ist zu einem großen Teil wehrtechnisch geprägt. TKMS arbeitet derzeit einen Auftrag der israelischen Marine für vier Korvetten ab. In den letzten Tagen durften wir uns darüber freuen, dass TKMS den Auftrag für sechs hochmoderne U-Boote bekommen hat. Innovation und Qualität sind vorhanden. Was den wehrtechnischen Unternehmen in Deutschland fehlt, sind verlässliche Exportregelungen. Ob restriktiv oder eher locker, ist dabei zweitrangig. Wichtig wäre, dass überhaupt Entscheidungen getroffen werden, und zwar in akzeptabler Zeit, und dass man sich auf den Bestand dieser Entscheidungen auch verlassen kann. Und schließlich müssen wir selbst verlässlich sein. Es geht nicht, dass wir einerseits die maritime Wirtschaft haben wollen, andererseits die Wehrtechnik in die Schmuddelecke rücken. In den sogenannten nachhaltigen Finanzanlagen etwa schließen wir sie aus, zusammen mit Verletzern von Arbeitsrechten, mit Kinderarbeit und Menschenhandel. Ich fordere hier auch ein klares Bekenntnis zu unserer wehrtechnischen Industrie.
Erlauben Sie mir noch einen letzten Punkt. Dass wir hier über Schleusentore für die Schleusen des Nord-Ostsee-Kanals reden müssen, ist fast schon grotesk. Die Beschaffung und Bevorratung von Ersatzteilen ist eigentlich nichts, womit sich ein Parlament befassen sollte. Es sollte selbstverständlich sein, dass die zuständige Verwaltung die Instandsetzung und laufende Modernisierung von sich aus passt. Im Falle der wichtigsten künstlichen Wasserstraße Europas scheint das anders zu sein, wobei man zur Ehrenrettung der Wasserstraßenverwaltung sagen muss: Eine Behörde kann auch nur mit den Mitteln arbeiten, mit denen sie ausgestattet wird. Und so bitten wir die Regierung, weiterhin bei der Bundesregierung darauf zu drängen, das Selbstverständliche zu tun und den NOK mit allen Schleusen einsatzbereit zu halten.
Wir alle haben bei dem Begriff „maritime Wirtschaft“ blaues Wasser und schmucke weiße oder graue Boote oder Schiffe vor Augen, den Geruch des Meeres in der Nase und das Gefühl von Gischt auf der Haut. Wir diskutieren über Werftprogramme, Standortfaktoren und Geld. Aber eigentlich geht es um die Menschen, aus denen die maritime Wirtschaft besteht. Um die Kaufleute und Ingenieure, um die Schlosser, Elektriker, Lackierer, Ausrüster und die Lagerarbeiter, wie ich auch mal einer war, und um ihre Familien. Wirtschaftspolitik ist immer Sozialpolitik. Wir von der FDP, ich persönlich, ich bekenne mich zu einer sozialen Wirtschaftspolitik, zu unserer maritimen Wirtschaft und zu unserer wehrtechnischen Industrie. Wir stehen hinter Ihnen und werden weiterhin alles tun, damit Sie hier in Schleswig-Holstein gut und erfolgreich wirtschaften können.“
Es gilt das gesprochene Wort!