Kay Richert zu TOP 36+44 „Arbeits- und Gesundheitsbedingungen auf Schlachthöfen und in der Fleischverarbeitung“

Kay Richert

In seiner Rede zu TOP 36+44 (Kapazitäten und Arbeits- und Gesundheitsbedingungen auf Schlachthöfen und in der Fleischverarbeitung in Schleswig-Holstein) erklärt der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Kay Richert:

„Wir wollen, dass es den Menschen in der Wirtschaft gut geht. Wir wollen, dass die Arbeitsbedingungen gut und sicher sind. Wir wollen, dass die Löhne und Gehälter der Arbeit angemessen hoch sind. Wir wollen, dass die Unternehmen ausreichende Gewinne erwirtschaften. Wir wollen, dass die Rechte der Arbeitnehmer durch starke Betriebsräte gewahrt werden. Und wir wollen nicht, dass sich eine der genannten Gruppen auf Kosten einer anderen unangemessene Vorteile verschafft.

Für das Gleichgewicht der Interessen sind die Sozialpartner zuständig. Und wo das nicht klappt, weil einer der beiden Sozialpartner zu schwach ist – was auch immer die Gründe dafür sein mögen – da muss staatlicherseits eingegriffen werden. Die Wirtschaft ist für die Menschen da, das ist das Wesen der sozialen Marktwirtschaft. In der Fleischindustrie hat es in der Vergangenheit Grund zur Beanstandung gegeben. Sie sprechen hier ja oft von der Fleischwirtschaft, das finde ich nicht richtig. In der Fleischindustrie gab es in zwei Bereichen Mängel: Bei den Arbeitsbedingungen und bei den Wohnbedingungen. Die staatliche Arbeitsschutzbehörde bei der Unfallkasse Nord (STAUK) hat hier eine Informations- und Kontrollkampagne durchgeführt. Die aufgedeckten Mängel wurden abgestellt. Inzwischen ziehen alle Betriebe in Schleswig-Holstein mit, es gibt eine große Kooperationsbereitschaft. Sie sagen jetzt: Ja, aber das machen die nur, weil die Kontrollen angezogen wurden. Und ich sage Ihnen: Na und?

Wer Gesetze macht und deren Einhaltung nicht kontrolliert, ist ein schlechter Gesetzgeber. Das führt dazu, dass die Ehrlichen die Dummen sind und am Ende doch jeder tut, was ihm am vorteilhaftesten erscheint. Das kenne ich aus meiner Heimatstadt Flensburg, was die Sicherheit und Sauberkeit in der Stadt angeht und die Parksituation nach 16.00 Uhr am Wochenende. Und auch Sie haben das in der Küstenkoalition im Übermaß ausprobiert, nämlich mit Ihrem gescheiterten Tariftreue- und Vergabegesetz TTG. Wie gesagt, es gab Auffälligkeiten in den Bereichen Unterbringung und Arbeitsschutz. Um Verbesserungen in diesen Bereichen umzusetzen, werden auf Bundesebene drei Regelwerke novelliert: Das Arbeitsschutzgesetz, das Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft und die Arbeitsstättenverordnung.

In den Bereichen Unterbringung und Arbeitsschutz werden genau die Dinge nun durch Bundesgesetz geregelt, die wir hier in Schleswig-Holstein gefordert haben: verbindliche Besichtigungsquoten, Besichtigungs- und Betretungsrechte, Vorschriften zur Unterkunftsstellung und Aufnahme der Gemeinschaftsunterkunft in die Arbeitsstättenverordnung mit festgelegten Standards und Dokumentationspflichten, eine Bundesfachstelle für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit in der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und ein Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Und es ist auch nicht verwunderlich, dass hier unsere Forderungen umgesetzt werden. Schließlich sind es die durch Schleswig-Holstein initiierten Beschlüsse der Arbeits- und Sozialministerkonferenz ASMK, die nach über einem Jahr umgesetzt werden.

Lassen Sie mich noch ein paar abschließende Bemerkungen machen. In jeder Krise, so scheint es, wird versucht, das Maximum für die eigene Agenda herauszuholen. Das mag politisch-taktisch verständlich sein, gut finde ich das nicht. Konkret meine ich damit das Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit. Kontrolle und Eingriffsmöglichkeiten zur Durchsetzung notwendiger Regeln: Ja, unbedingt. Aber dafür braucht man einen klaren Kompass. Und das geht darüber hinaus. Das Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit ist bestenfalls ein hilfloses Eingeständnis von Orientierungslosigkeit. Wenn man sich die Einlassungen des Ministers Heil dazu anhört, wird es allerdings eher Symbolpolitik sein. Vollkommen nutzlose Symbolpolitik, wie ich ergänzen möchte. Ein Feldzug gegen die Wörter ‚Werkvertrag‘ und ‚Leiharbeit‘, der an der Sache selbst nichts ändert. Alle wissen das. Und die Einschränkungen werden als kollaterale Auswirkungen in Kauf genommen. Positive Kreativität entsteht durch Neugierde und Freiheit. Wir sind das Land der Dichter und Denker, der Tüftler und Erfinder, des technologischen Vorsprungs. Geistige Enge stranguliert die Neugierde und erwürgt positive Kreativität. Um die Arbeits- und Unterbringungsbedingungen in der Fleischindustrie menschenwürdig adäquat zu gestalten, um die Schwachen zu schützen und die Übeltäter zu sanktionieren, brauchen wir die geistige Enge nicht, das haben wir bewiesen.“