Minderheiten/ Minderheitenpolitik

Kay Richert zu TOP 39 u.a. „Berichte zu Minderheiten- bzw. Volksgruppenpolitik und Regionalsprachen“

Kay Richert

In seiner Rede zu TOP 39+40+41 (Berichte zu Minderheiten- bzw. Volksgruppenpolitik und Regionalsprachen) erklärt der minderheitenpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Kay Richert:

„Wie wichtig uns die Minderheiten – die drei Minderheiten hier im Land und die deutsche Minderheit in Dänemark – sind, sieht man an der Zahl der Gremien, die sich hier in unserem Haus um die Belange eben dieser Minderheiten kümmern:

  • Das Gremium für Fragen Deutscher Sinti und Roma in Schleswig-Holstein,
  • das Gremium für Fragen der Friesischen Volksgruppe und
  • das Gremium für Fragen der Deutschen Minderheit in Nordschleswig.

Seit nun über 30 Jahren wird dem Landtag in jeder Legislaturperiode ein Minderheitenbericht vorgelegt, in dem die Situation aller vier Minderheiten beschrieben wird. Heute reden wir über den achten Minderheitenbericht.

Wir alle kennen Landes-, Bundes- und Europapolitische Vorgänge um unsere Minderheiten. Hier im Haus haben wir zum Beispiel schon über die Aufnahme von nationalen Minderheiten in das Grundgesetz, über die Sprachencharta, über die Friesenstiftung oder über die Minority Safepack-Initiative gesprochen. Und bei aller Unterschiedlichkeit in Detailfragen ist der Wert von Minderheiten hier im Haus und auch im Land Konsens. Das zu betonen liegt mir am Herzen, denn das war nicht immer so. Die Ausstellung in unserem Foyer vor einigen Wochen mit dem Titel ‚Vom Grenzkampf zur kulturellen Freiheit‘ hat das eindrucksvoll – und in einigen Details erschreckend – illustriert. Für mich der interessanteste Teil des Berichts ist allerdings ein anderer. Teil drei und vier des Berichtes befassen sich nämlich mit den Institutionen, mit Bildungs- und Kulturarbeit in den Minderheiten und mit den Grenzverbänden, also mit dem echten, tatsächlichen Leben zum Anfassen. Und hier ist es auch, wo die Besonderheiten einer Minderheit tatsächlich erlebbar sind. Sollten Sie das noch nicht kennen, dann besuchen Sie mal das Aarsmoede oder das Knivsbergfest oder die vielen anderen Sport- oder Kulturveranstaltungen! Ich verspreche Ihnen, auch Sie werden dem Charme des Minderheiten-Miteinanders erliegen. Ich selbst engagiere mich seit Jahren im ADS-Grenzfriedensbund – den finden Sie ab Seite 117 des Berichts – und finde das absolut erfüllend. Damit man dem Charme der Minderheiten erliegen kann, gibt es allerdings eine wichtige Prämisse: Das Verständnis der Sprache. Und bevor Sie jetzt bei sich denken: ‚Ah, dann ist das also nichts für mich‘, lassen Sie mich Ihnen sagen: Wir Grenzlandbewohner sprechen zwar meistens mehrere Sprachen, aber perfekt sind die meisten von uns auch nicht. Ich kenne sogar SSW-Folk, das daarlig Dansk spricht – selv daarliger end mig. Aber darauf kommt es gar nicht an. Wer sich etwas Mühe gibt, der kommt mit Deutsch, Dänisch oder Platt gut durchs Grenzland – denn sich Mühe geben zeigt dem Gesprächspartner, dass man Respekt vor dessen Kultur und Sprache hat. Der Rest ergibt sich dann meistens von selbst. Und – wenn ich das sagen darf – etwas mehr Medienpräsenz im Rundfunk wäre sicherlich auch förderlich.

Aber Aufgeschlossenheit und Flexibilität der Grenzlandbewohner sind natürlich kein Grund, warum man die Minderheitensprachen nicht fundiert unterrichten sollte – irgendwer muss Sie ja auch verstehen können, wenn Sie mal in das Grenzland kommen sollten. Ein großes und wichtiges Feld ist deswegen die Vermittlung von Sprachkompetenz in den Schulen. Darüber gäbe es viel zu sagen, z.B. dass die Landesregierung diese Bemühungen unterstützt – durch Stellen im Bildungsministerium und dem nachgeordneten Bereich oder durch die Mitwirkung bei der Erstellung von Schulbüchern. Paul und Emma sprechen übrigens Platt, Dänisch und Friesisch. Wir sollten aber nicht nur an kulturelle Bereicherungen denken. Mehrsprachigkeit ist auch ein bedeutender Standortfaktor für wirtschaftliche Aktivitäten. Viele Menschen von außerhalb des Grenzlands unterschätzen das kolossal. Natürlich gibt es immer noch etwas zu tun und Frieden zwischen Völkern ist ein instabiler Zustand, wenn nicht ständig daran gearbeitet wird. Aber alles in allem bin ich dankbar, zu dieser Zeit in diesem Teil unseres Landes leben zu dürfen, ohne Hass, Kampf, Ablehnung, Ausgrenzung und gegenseitiges Unverständnis.

Für mich ist Kern der Minderheitenpolitik das friedliche Miteinander, das Begreifen der kulturellen Vielfalt als Bereicherung, das Überwinden von Revanchismus auf beiden Seiten der Grenze, gegenseitige Achtung und Respekt. In diesem Sinne sage ich: ‚Tak for jeres opmerksamhed og slutter min tale til minde om vores tidligere kollega Flemming Meyer: Jo Tak!‘