Energie/Windenergie

Oliver Kumbartzky: Abstände vergrößern und mehr Transparenz bei Windenergie schaffen

„Nach dem OVG-Urteil vom Januar wurde das Landesplanungsgesetz im Eilverfahren und ohne Anhörung durch die Koalition und die CDU geändert. Einige Zeit später wurde der dazugehörige Kriterienkatalog für Ausnahmen veröffentlicht und vor kurzem Karten, auf denen die Abwägungsbereiche dargestellt sind. Spätestens mit Veröffentlichung der Karten war die Verwirrung im Land endgültig perfekt. Bürgerinitiativen schießen wie Pilze aus dem Boden und auch Naturschutzverbände üben berechtigte Kritik. Es ist leider festzustellen, dass das Verfahren der Landesregierung weder transparent noch bürgerfreundlich ist. Mit unserem Antrag wollen wir der Landesregierung helfen, das Verfahren wieder bürgerfreundlicher und zukunftssicher zu gestalten. Schließlich ist Schleswig-Holstein das Land der Windenergie und soll es auch bleiben.

 

Allerdings müssen wir die Interessen der Anwohnerinnen und Anwohner beim Ausbau der Windenergie stärker berücksichtigen, wenn wir die hohe Akzeptanz der Windenergie erhalten möchten. Die Landesregierung und die Koalition müssen endlich zur Kenntnis nehmen, dass sich in unserem Bundesland immer mehr berechtigter Protest gegen den Ausbau der Windenergie regt. Immer mehr Einwohner machen sich Sorgen, dass durch große Anlagen ihr Immobilienvermögen, aber auch ihre Gesundheit beeinträchtigt werden könnten. Und es ist auch nicht gerade vertrauensfördernd, wenn man, wie Kollege Detlef Matthiessen von den Grünen es am 9. September 2015 im Umweltausschuss getan hat, die gesundheitlichen Bedenken der Menschen als 'Märchen' abkanzelt.

 

Viele Bürgerinnen und Bürger, die sich in Schleswig-Holstein gegen neue Windparks oder Repowering-Maßnahmen aussprechen, stören sich an den viel zu geringen Abständen zur Wohnbebauung. Wir halten viele dieser Bedenken für berechtigt, weil die aktuellen Mindestabstände von nur einigen Hundert Metern noch aus einer Zeit stammen, als die Anlagen erheblich kleiner waren als heute. Vor einigen Jahren waren die Anlagen in der Regel zwischen 80 und 100 Metern hoch. Heute sind sie hingegen um die 150 bis 200 Meter hoch. Auf diese technische Weiterentwicklung muss die Politik doch reagieren! Man kann die Sorgen der Menschen doch nicht mit einer Basta-Politik vom Tisch wischen. Wir schlagen vor, dass die Abstandsregelungen entsprechend der technischen Entwicklung angepasst werden. Wir haben bewusst keine genauen Meterangaben gemacht, weil wir im Ausschuss sachlich diskutieren und die Betroffenen - sowohl die Bürgerinitiativen als auch die Windbranche - in den Dialog im Rahmen einer Anhörung einbinden wollen. Ich gehe davon aus, dass auch die Kolleginnen und Kollegen von der Koalition sich diesem Dialog nicht verweigern werden. Wir führen im Ausschuss ja auch schon eine sachliche Debatte über die Befeuerung von Windenergieanlagen, was ich übrigens sehr begrüße.

 

Wir müssen uns doch folgende Fragen stellen: Warum sollen sich die Abstände nicht der technischer Weiterentwicklung anpassen? Warum schafft man nicht eine flexiblere Regelung und gibt der kommunalen Ebene mehr Entscheidungsbefugnisse? Warum gibt es bei den Abstandsregelungen Unterschiede zwischen Innen- und Außenbereichen? Es darf sich darüber hinaus auch nicht der Eindruck verfestigen, dass auf Seeadlerhorste mehr Rücksicht genommen wird als auf die Menschen.

 

Wir fordern in unserem Antrag, im Zuge der anstehenden Teilaufstellung der Regionalpläne zum Sachthema Windenergie Transparenz, Mitbestimmung und Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger sicher zu stellen. Denn was geschieht momentan? Die Landesregierung steuert momentan doch auf ein Demokratieproblem zu, indem sie sagt, dass trotz negativer Bürgerentscheide Ausnahmegenehmigungen erlassen werden könnten.

 

Wir haben heute mit der landesplanerischen Veränderungssperre und den dann doch möglichen Ausnahmen ein schwer nachvollziehbares, intransparentes Verfahren. Es muss dabei doch im Interesse der Landesregierung sein, dass die Rechtsstaatlichkeit eingehalten wird. Es darf doch gar nicht erst der Eindruck entstehen und sich verfestigen, dass die Ausnahmegenehmigungen nur derjenige erhält, der einen guten Zugang zum Ministerium hat.

 

Ein ganz wichtiger Punkt ist für uns zudem der so genannte charakteristische Landschaftsraum. Ein von der Landesregierung in Auftrag gegebenes Gutachten soll hier in den nächsten Wochen Klarheit bringen. Wir fordern dabei, die räumliche Festsetzung der charakteristischen Landschaftsräume im Einvernehmen mit den Kreisen vorzunehmen. Zudem sollten die charakteristischen Landschaftsräume aufgrund ihrer besonderen naturschutzfachlichen Wertigkeit als Tabukriterium aufgenommen werden. In diesen bisher freigehaltenen ökologisch bedeutsamen Flächen dürfen aus unserer Sicht auch zukünftig keine Windkraftanlagen errichtet werden. Wir brauchen schließlich eine umwelt- und naturverträgliche Energiewende.

 

Die zentrale Frage ist doch: Wie gestalten wir die Energiewende und wie nehmen wir die Bürgerinnen und Bürger mit? Wie können wir die hohe Akzeptanz der Energiewende aufrechterhalten? Eine Debatte über die Abstandsregelungen und die schützenswerten Landschaftsräume ist dringend geboten. Ich freue mich auf die Diskussion hier im Plenum und später im zuständigen Ausschuss.“