Agrar/Einzelhandel

Oliver Kumbartzky: Die CDU lenkt von eigentlichen Problemen am Milchmarkt ab

„Die Initiative der CDU, eine Vermarktungsplattform für Milcherzeuger einzurichten, lenkt von den eigentlichen Problemen am Milchmarkt ab. Sie lenkt aber vor allem auch von der verkorksten Landwirtschaftspolitik der Bundesregierung ab. Es ist ja wirklich drollig: Während der CDU-Landesvorsitzende Ingbert Liebing sich über die zu große Marktmacht der Discounter auslässt und fordert, diese zu begrenzen, handelt die schwarz-rote Bundesregierung komplett gegenteilig. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat erst vor wenigen Wochen eine Ministererlaubnis zur zuvor vom Kartellamt abgelehnten Übernahme der Tengelmann-Supermärkte durch den Branchenprimus Edeka in Aussicht gestellt. Dazu muss man wissen: Nicht nur das Kartellamt lehnt die Übernahme ab – auch ein Sondergutachten der Monopolkommission empfiehlt, die Ministererlaubnis nicht zu erteilen.

 

Anstatt in Pressemitteilungen und Landtags-Anträgen Forderungen aufzustellen, sollte sich die einflussreiche Nord-CDU lieber in Berlin mit konkretem Handeln gegen Wettbewerbsbeschränkungen einsetzen. Damit die Milchviehhalter in Zukunft selbstbestimmte Unternehmer bleiben können, müssen strukturelle Reformen im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe und im Sinne des betrieblichen Risikomanagements folgen. Die deutschen Milchbauern brauchen Hilfe dabei, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, auch um neue Absatzmärkte zu erschließen. Das gilt gerade vor dem Hintergrund des Russlandembargos.


Dafür und für weitere Unterstützungsmaßnahmen ist auf Bundesebene noch viel zu tun. Eine steuerfreie Risikoausgleichsrücklage für land- und forstwirtschaftliche Betriebe wäre beispielsweise ein sinnvolles Mittel, das die klassische Form der Eigenvorsorge wirksam unterstützen könnte. Leider wird diese wirklich sinnvolle Maßnahme vom Bundesfinanzminister blockiert.


Die Macht der Erzeuger sollte unserer Meinung nach dadurch gestärkt werden, dass die Rechte der Mitglieder gegenüber den Genossenschaftsvorständen wieder ausgeweitet werden. Insofern muss die von Schwarz-Rot im Jahr 2006 beschlossene Schwächung der innergenossenschaftlichen Demokratie im Genossenschaftsrecht zurückgenommen werden.

 

Die von der Union geforderte Plattform könnte übrigens sogar negative Folgen für die Milchbauern haben: Eine Vermarktungsplattform dieser Art könnte die Discounter dazu bewegen, auf andere Milchzulieferer außerhalb Schleswig-Holsteins auszuweichen und würde die Existenz hiesiger Milchviehbetreibe gefährden.

 

Das letzte, was der Milchmarkt jetzt braucht, ist mehr staatliche Regulierung. Die Milcherzeuger brauchen stattdessen die von mir eben erwähnten, notwendigen Rahmenbedingungen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Anstatt überzogener Regulierungen bei der Agrarinvestitionsförderung, müssen Mittel markgerechter und unbürokratischer freigegeben werden.


Kommen wir nun vom Bund zum Land und damit zum zweiten Antrag der CDU. Die FDP-Fraktion teilt hier die Forderungen der Union. Die Landesregierung darf die Landwirte nicht überfordern, sondern sie soll sie unterstützen. Aber sie tut das Gegenteil. Sie versucht sinkende Preise mit steigenden Kosten zu bekämpfen. Dabei bringen immer neue Verordnungen und Gesetze gepaart mit Habeck’scher Agrarphilosophie die Landwirtschaft keinen Schritt voran.


Beispiele gibt es leider genug: die Knickschutzverordnung, das Dauergrünlanderhaltungsgesetz, die Pflanzenschutzsteuer und nicht zuletzt das Naturschutzgesetz. Apropos Naturschutzgesetz: Was ist eigentlich aus dem von der Koalition groß angekündigten Änderungsantrag geworden? Dialog mit Bauern, Jägern oder Opposition: Fehlanzeige. Im März wollen Sie ihr Gesetz dann samt Vorkaufsrecht und Gewässerrandstreifenbürokratie durchdrücken.


Die rot-grün-blaue Koalition und der Umweltminister treffen immer zielsicher diejenigen am härtesten, die sie angeblich fördern wollen. Und wenn Dr. Robert Habeck sagt, er lasse die Bauern mit ihren Problemen nicht alleine, klingt das aus seinem Mund wie eine handfeste Drohung.


Wir brauchen endlich eine Landwirtschaftspolitik, die sich auf Wissenschaft und Sachverstand gründet und die nicht durch Ideologien, Meinungsmache und Bauchgefühl bestimmt wird.“