„Eine Landtagsdebatte zur Ernährungswirtschaft und dann noch zu Beginn der Fastenzeit, das hat was. Zunächst danke ich der Regierung für die Beantwortung der Fragen. Die Antworten sind eine gute Grundlage für weitere Diskussionen und anstehende Entscheidungen. Schließlich betrifft die Frage nach guter und gesunder Ernährung uns alle jeden Tag. Ernährungspolitik und die Stärkung der Ernährungswirtschaft sind deshalb von zentraler Bedeutung.
Gleichzeitig danke ich der SPD-Fraktion für die Einreichung der Fragen. Ich begrüße auch in Teilen Ihr Positionspapier zur Landwirtschaft – zumal Sie dort in einigen Punkten auf Distanz zur Politik des grünen Umweltministers Dr. Habeck gehen.
Aber zurück zu der Großen Anfrage. Ich möchte gerne einige Fragen und Antworten aus unterschiedlichen Themenblöcken näher beleuchten.
Bei den Fragen Nummer 10, 26, 28, 29, 30, 32 und 66 geht es schnell. Die lassen sich gemeinsam kommentieren. Schließlich gibt es zu diesen Fragen schlicht keine Antwort der Landesregierung. Hier stellt sich für mich jetzt nur die Frage, wem ich das jetzt ankreide – der fragestellenden SPD oder der nicht antwortenden Landesregierung? Einigen wir uns darauf, dass die Performance und die Abstimmung zwischen Koalition und Regierung verbesserungsfähig ist.
In den ersten Punkten in der Großen Anfrage wird die Entwicklung der Betriebe, Existenzgründungen und die Ziele und Visionen der Landesregierung für eine Ernährungswirtschaft 2030 näher betrachtet. In den Antworten wird dokumentiert, dass es immer weniger Betriebe und immer weniger Existenzgründungen gibt.
Es mangelt in unserem Land an einem gründerfreundlichen Klima, gerade in der Landwirtschaft. Mit keinem anderen Beruf wird momentan von Seiten der Grünen in der Öffentlichkeit so unfair umgegangen wie mit den Landwirten. Da wird von Agrarindustrie geredet, von Massentierhaltung und davon, dass man es ‚satt hat‘. Ich habe diese pauschale Verunglimpfung satt! Natürlich fühlen sich junge Leute durch die Angriffe demotiviert. Dabei haben wir in Schleswig-Holstein keine Agrarindustrie, sondern familiär geführte landwirtschaftliche Betriebe. Die leistungsbereiten Landwirte und die Landwirtschaft sind das Rückgrat des ländlichen Raumes. Diese Landwirte brauchen keine von Verboten, Misstrauen und Kontrolle durchzogene Politik, sondern sie brauchen die Freiheit, eigenverantwortlich handeln zu können.
Ich komme zu den Abschnitten Vermarktung und Tourismus. Natürlich lebt der Schleswig-Holstein-Tourismus von kulinarischen Angeboten. Dazu zählt insbesondere die Möglichkeit, fangfrischen Fisch direkt vom Kutter zu kaufen. Problem nur: Der Fischerei wird immer wieder Knüppel zwischen die Beine geworfen. Auch dieser Beruf wird durch die Landesregierung immer unattraktiver gemacht.
Ein weiterer Punkt ist die Direktvermarktung. Hier soll es laut Antwort der Landesregierung endlich Erleichterungen bei der Aufstellung von Werbeanlagen geben. Immerhin ein kleiner Lichtblick.
Interessant wird, was aus der Dachmarke wird. In der Antwort auf die Große Anfrage wird genau das noch einmal dokumentiert, was die FDP-Fraktion von Anfang an bemängelt hat: Das neue, unsinnige Logo vom ‚Echten Norden‘ soll nach dem Willen der Landesregierung überall eingesetzt werden. Auch bestehende, etablierte Marken wie beispielsweise ‚Schleswig-Holstein is(s)t lecker‘ soll geopfert werden. Jedes Printprodukt soll den Stempel des Wirtschaftsministers aufgedrückt bekommen, nach dem Motto ‚Kein Flyer ohne Meyer‘. Dabei ist klar: Die Dachmarke kann kein Label oder Gütezeichen ersetzen.
Beim Themenblock ‚Infrastruktur‘ fand ich insbesondere Frage 54 und die dazugehörige Antwort interessant. Gefragt wurde, welche Rolle der Fehmarnbelt-Querung, der Jütland-Route und der A20 im Hinblick auf die Ernährungswirtschaft zuteil wird. In der Antwort wird zuerst betont, dass man die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene wolle. Wie das gehen soll, wird natürlich nicht gesagt. Dabei erfordert gerade die dezentral organisierte Ernährungswirtschaft eine gute Erreichbarkeit durch Landes- und Kreisstraßen. Wie die Regierung seit einigen Jahren mit den Landesstraßen umgeht, wissen wir leider.
Wirklich putzig ist die Antwort der Landesregierung in Sachen A20. Die Wirtschaft verspreche sich durch die Planungen zum Weiterbau der A20 eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Infrastrukturnetzes. Durch die Planung! Das ist doch lächerlich. Die Wirtschaft erwartet den konsequenten Weiterbau!
Schade übrigens, dass zum dringend notwenigen B5-Ausbau gar nichts gesagt wird. Gerade die B5 ist für die Ernährungswirtschaft an der Westküste die zentrale Lebensader.
Aber auch sonst geht der Wunsch nach einer Verlagerung des Güterverkehrs gerade in der Ernährungswirtschaft an der Realität vorbei. Die von den Grünen immer favorisierten Wasser- und Schienenwege stehen dem Standortfaktor ,Frische und Qualität‘ entgegen.
Interessant sind auch die Einlassungen des MELUR im Kapitel ‚Bildung, Ausbildung, Weiterbildung‘. Ich meine insbesondere die Einlassungen zum KIN Lebensmittelinstitut. Das Lebensmittelinstitut – so schreibt es die Landesregierung selbst – ist die einzige Fachschule für den Bereich Lebensmitteltechnik. Dort werden dringend erforderliche Fachkräfte ausgebildet. Leider scheint das Agrarministerium nicht zu wissen, was das Schulministerium treibt. Die Neuordnung der Ersatzschulfinanzierung ist insbesondere zu Lasten der privaten Schulen mit technischer Ausrichtung gegangen, darunter auch das Lebensmittelinstitut. Völlig unnötig wurden diese Schulen durch Mittelkürzungen in Bedrängnis gebracht. Ich erwarte, dass der Agrarminister seinen Einfluss geltend macht, so dass bei diesen Schulen nachgesteuert wird. Es ist ja wohl ein Schildbürgerstreich erster Güte, in Zeiten des Fachkräftemangels solche Schulen platt zu machen. Wir brauchen diese Fachkräfte! Wir brauchen diese gut ausgebildeten jungen Leute, um auch in Zukunft Ernährungswirtschaft auf höchstem Niveau betreiben zu können. Herr Minister Habeck ich erwarte, dass Sie sich für diese Schule einsetzen!
Im Abschnitt ‚Gute Arbeit in der Ernährungswirtschaft‘ geht es um den Mindestlohn. Leider wird in den Antworten verschwiegen, dass es zahlreiche negative Auswirkungen gibt. Um nur mal ein Beispiel zu nennen: Der Bundesverband der Obst-, Gemüse- und Kartoffel verarbeitenden Industrie (BOKG), fordert laut Bericht im Bauernblatt vom 14. Februar 2015, dass die bürokratischen Dokumentationspflichten für den Mittelstand abgebaut werden müssen. Auch der Zentralverband Gartenbau (ZVG) fordert in dem besagten Artikel, dass insbesondere der erheblich höhere Verwaltungsaufwand durch die Aufzeichnungspflichten, die Einschränkungen bei den Arbeitszeitkonten und die nicht gelösten Fragen im Zusammenhang mit den mitarbeitenden Familienangehörigen dringend nachverhandelt werden müssten.
Die Forderungen werden zu Recht erhoben. Schließlich arbeiten für die Ernährungswirtschaft in der Saison teilweise bis zu 100 Erntehelfer pro Betrieb. Der Aufwand bei den Dokumentationspflichten ist also weitaus höher als beispielsweise bei einem Handwerksbetrieb. Zudem sieht die Ernährungswirtschaft die Stundenvorgaben und Ruhezeiten kritisch. Auch das ist nachvollziehbar, denn schließlich richtet sich Gemüse bei seinem Wachstum nach dem Wetter und nicht nach den Wochentagen.
Die Landesregierung schweigt sich zu dem Thema in der Großen Anfrage aus. Einzig der SPD-Fraktions- und Landesvorsitzende Dr. Stegner wagt sich aus der Deckung und bezeichnet in seiner gewohnt zurückhaltenden Art diejenigen, die sich über den bürokratischen Aufwand beim Mindestlohn beklagen, als ‚Trottel‘ und ‚Ganoven‘.
Das, sehr geehrter Kollege Dr. Stegner, geht gar nicht. Dafür sollten Sie sich schämen.
Aber irgendwo passt diese Verunglimpfung der Land- und Ernährungswirtschaft auch ins Bild dieser Koalition. Der ländliche Raum ist für Rot-Grün-Blau nicht mehr als der Vorgarten für die städtischen Milieus, sie man eigentlich im Fokus hat.
Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, es ernst meinen mit einer Stärkung des ländlichen Raumes, dann stoppen Sie endlich diesen grünen Umweltminister. Bislang haben Sie alles durchgewinkt – vom Dauergrünlanderhaltungsgesetz über den Filtererlass bis hin zum fachlich absolut unsinnigen Knickerlass. Die SPD-Fraktion kann doch nicht einfach tatenlos zusehen, wie der grüne Umweltminister ihr Lieblingsland mit seiner von Misstrauen getriebenen Verbotspolitik überzieht.
Sehr geehrte SPD-Fraktion: Große Anfragen und Positionspapiere sind die Theorie. Aber entscheidend sind die Gesetze und Verordnungen. Daran werden Sie sich messen lassen müssen. Die erste Nagelprobe wird das Naturschutzgesetz sein. Der Entwurf der Landesregierung lässt Böses erahnen. Es liegt nun auch an der SPD, hier korrigierend zum Wohle der Land- und Ernährungswirtschaft und damit zum Wohle des ländlichen Raumes einzugreifen.
Die Land- und Ernährungswirtschaft ist einer der größten Arbeitgeber in Schleswig-Holstein. Es kann nicht sein, dass alles, was diese täglich hart arbeitenden Menschen von der Landesregierung erwarten dürfen, Misstrauen und Überregulierung ist.“