Agrar/ Strukturbruch

Oliver Kumbartzky: Marktwirtschaftliche Lösung und Bürokratieabbau statt Milchgipfelei und Gängelung

„Dass ausgerechnet SPD, Grüne und SSW heute mit ihrem nichtssagenden Antrag die Lage der Landwirtschaft beklagen, ist ein Treppenwitz. Gerade die rot-grün-blaue Koalition hat doch mit ihren Gesetzen und Verordnungen die Landwirtschaft in Schleswig-Holstein stark belastet und im Wettbewerb geschwächt. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Preiskrise kommt es deshalb reichlich scheinheilig daher, wenn Sie sich heute um das Wohlbefinden der Landwirte sorgen, gleichzeitig aber immer weiter an der Kostenschraube drehen. Sie gaukeln Engagement für die Bauern vor, schwächen sie aber hinterrücks immer weiter. Selbst wenn die Preise irgendwann wieder steigen, haben die Landwirte mit steigenden finanziellen Belastungen zu kämpfen.

 

Bevor ich gleich noch einmal tiefer auf die Kosten und die Bürokratie eingehe, will ich zunächst mit Bedauern feststellen, dass das gestrige Treffen der Agrarminister von Bund und Ländern zur Milchkrise leider ohne konkretes Ergebnis zu Ende gegangen ist. Die ganze Milchgipfelei diente bisher nur der politischen Selbstdarstellung. Dabei brauchen wir dringend eine nachhaltige, marktwirtschaftliche Lösung, die es den Betrieben ermöglicht, mit ihren Produkten faire Preise am Markt zu erzielen.

 

Die beim ersten Berliner Milchgipfel zugesagten 100 Millionen Euro Unterstützung für die Bauern sind lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein und belegen, wie wenig produktiv all die Gipfel sind. Hilfreiche Ergebnisse hat bislang kein Milchgipfel hervorgebracht. Auf hilfreiche Vorschläge oder Maßnahmen des schleswig-holsteinischen Landwirtschaftsministers Dr. Robert Habeck warten die Bauern übrigens ebenfalls bisher vergeblich.

 

Mehr Engagement der Politik zur Erschließung neuer Absatzmärkte für deutsche Milchbauern wäre ein richtiger Weg. Die deutschen Milchbauern brauchen Hilfe dabei, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. China beispielsweise hat sein zurückhaltendes Kaufverhalten abgelegt und tritt wieder verstärkt als Käufer am Markt auf. Hier liegt eine Chance. Der Leiter des Institutes für Agrarökonomie der CAU, Professor Hess, schlug beispielsweise vor, unternehmerische Initiativen entlang der Wertschöpfungsketten zu fördern. Langfristig könne die Qualität deutscher Milch- und Molkereiprodukte sich dabei zu einem Alleinstellungsmerkmal entwickeln.

 

Ein großes Problem für unsere Landwirtschaft ist das Russlandembargo. Mit diesem Embargo trägt die Politik zentrale Verantwortung für die Preiskrise auf dem Milchmarkt. Wie wäre es denn mit einem neuen Bürgschaftsprogramm, zumindest in der Höhe, die das Russlandembargo ausmacht? So ein Programm könnte dazu beitragen, dass zukunftsfähige Betriebe, die gerade investiert haben, am Markt bleiben.

 

Das letzte, was die Bauern jetzt brauchen, ist rot-grün-blaue Gängelung gepaart mit Politik-Rezepten von Vorgestern. Dass einige grüne Akteure sich nun direkt oder indirekt die Rückkehr zur staatlichen Mengenregulierung auf dem Milchmarkt herbeiwünschen, kommt wirklich einem Rückfall in die agrarpolitische Steinzeit gleich.

 

Die Agrarpolitik darf nicht bevormunden, sondern muss Freiräume für unternehmerisches Handeln eröffnen. Was die Politik nicht kann, ist Einfluss auf Preise nehmen. Was sie aber kann und unbedingt auch tun muss: Die Betriebe brauchen dringend eine Atempause von dem gigantischen Veränderungsdruck, dem sie seit Jahren unterliegen. Am schlimmsten betroffen sind doch genau jene, die im Vertrauen auf die Politik in höhere Standards und mehr Tierwohl investiert haben. Aber nicht nur Auflagen sind deutlich gestiegen, sondern auch Eingriffe in das Eigentum. Die Liste an Stichworten ist lang: Knickschutz, Gewässerrandstreifenbürokratie, Biotopverbund, Dauergrünlanderhaltungsgesetz, Filtererlass und Vorkaufsrecht.

 

Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, bürokratische Belastungen zu überprüfen und überflüssige oder unnötig komplizierte Vorschriften abzuschaffen oder zu vereinfachen. Wir fordern deshalb die Landesregierung auf, sich des Problems anzunehmen und bürokratische Doppelbelastungen unverzüglich abzubauen. Der Bauernverband hat Ihnen vor kurzem eine umfangreiche Liste mit Vorschlägen überreicht – nutzen Sie sie.

 

Aber es gibt noch weitere Baustellen. Die sozioökonomische Beratung sollte beispielsweise weiter ausgebaut werden. Außerdem sollte der Gesetzgeber schon jetzt für bessere Zeiten vorsorgen. Eine steuerfreie Risikoausgleichsrücklage für land- und forstwirtschaftliche Betriebe wäre beispielsweise ein sinnvolles Mittel, das die klassische Form der Eigenvorsorge wirksam unterstützen könnte.

 

Ich komme nun noch kurz zum vorliegenden Bericht zur ‚Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschützes‘. Die GAK-Mittel bilden auf Landesebene das wichtigste Kofinanzierungsinstrument zur Entwicklung ländlicher Räume. Etwas mehr als 6 Prozent der Bundesmittel in Höhe von 585 Millionen Euro entfallen auf Schleswig-Holstein.

 

Die Mittel sind eine gute Grundlage, um die wirtschaftlichen, ökologischen und demografischen Herausforderungen der ländlichen Räume zu bewältigen und dessen Leistungsfähigkeit zu stärken.

 

Durch die konzeptionelle Änderung des GAK-Gesetzes zu einem effektiveren Förderinstrument und der Investitionsinitiative der Bundesregierung für die Jahre 2016 bis 2019 erschließen sich für die Landesregierung weitere Möglichkeiten und finanzielle Mittel, die ländlichen Räume in ihrer Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

 

Leider ist während dieser Legislaturperiode von Minister Dr. Habeck und der Küstenkoalition der ländliche Raum Schritt für Schritt zu einem Reservat und Naherholungsgebiet für die urbane Wählerschaft gemacht worden. Die Koalition hat absolut nichts zur wirtschaftlichen Zukunftsfähigkeit der ländlichen Räume beigetragen.

 

Die einseitige Beschränkung der Landesregierung auf die Vermarktung und Verarbeitung innerhalb regionaler Strukturen widerspricht zudem einer bedarfsgerechten Förderung und hilft eben nicht bei der Verbesserung der Entwicklung ländlicher Räume. Dies widerspricht übrigens auch der Antwort des MELURs in der Großen Anfrage zur Ernährungswirtschaft, wonach ‚die Ausweitung des überregionalen Exports [als] ein wichtiger Bestandteil zukünftiger Entwicklungsstrategien‘ deklariert wird.

 

Dann helfen auch die bereitgestellten Mittel nicht, wenn die Schwerpunktsetzung grundsätzlich nicht stimmt. Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse muss weiterhin als politisches Ziel festgeschrieben sein.

 

Über die einzelnen Schwerpunkte wird demnach noch im Ausschuss zu sprechen sein – insbesondere auch was die Breitbandförderung und die Marktstrukturverbesserung angeht.“