Umwelt/Meeresverschmutzung

Oliver Kumbartzky: Meeresstrategie rechtssicher machen, Paraffinverschmutzung eindämmen

„Der Berichtsantrag der Koalition beinhaltet eine Kuriosität. Die eigene Regierung wird aufgefordert, dem Landtag nach Vorlage der Evaluation der Aufgabenerledigung aus dem Verwaltungsabkommen zum Meeresschutz schriftlich über die Ergebnisse und Schlussfolgerungen zu berichten. So weit, so gut. In der Begründung zum Antrag befindet sich der Hinweis, dass Paragraf 12 des vom Bund und den Küstenländern Anfang 2012 unterzeichneten ‚Verwaltungsabkommen Meeresschutz‘ beinhaltet, dass die Aufgabenerledigung unmittelbar nach dem 15. Juli 2014 evaluiert wird. Diese Evaluierung sollte bis zum 30.November 2014 vorgelegt werden. Auch das ist grundsätzlich richtig gewesen. Aber nun kommt es: Der Antrag wurde am 2. Juli 2014 eingereicht. Was die Antragsteller im Gegensatz zur Regierung offenbar nicht wussten: der zuständige Bund-Länder-Ausschuss hatte bereits am 17. Dezember 2013 beschlossen, dass die nach Paragraf 12 des Verwaltungsabkommens vorgesehene Evaluierung erst nach Erfüllung des letzten Umsetzungsschrittes, der Ablieferung des Maßnahmenprogramms, erfolgen soll. Es ist also bereits ein halbes Jahr, bevor SPD, Grüne und SSW ihren Antrag gestellt haben, durch das SPD-geführte Bundesumweltministerium und die rot-grün-blaue Landesregierung beschlossen worden, dass die Evaluierung erst 2016 beginnt. Die Kommunikation zwischen Regierung und Fraktionen scheint überhaupt nicht stattzufinden.


Dem eben beschriebenen Umstand entsprechend fällt der schriftliche Bericht der Landesregierung dünn aus.


Der vorliegende Bericht verdeutlich an mehreren Stellen, dass bei der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie – MSRL – und seinen Beurteilungen in einzelnen Bereichen noch inhaltliche und räumliche Lücken bestehen. Der Kern des Problems stellt sich wie folgt dar: Die Autoren der MRSL haben aus einigen Fehlern der Natura 2000-Richtlinien gelernt und quantitativ messbare Kriterien in Form von Indikatoren sowie Deskriptoren eingeführt. Damit ist es möglich und sogar gefordert, numerische Werte für die Zustandsbeschreibung und Zielerfüllung zu liefern und zu benutzen. Dadurch können und müssen auch die Maßnahmen begründet und ausgestaltet werden. Ihr Beitrag zur Zielerreichung ist dann nachvollziehbar und messbar.

 

Bei der Anfangsbewertung von Nord- und Ostsee ist das aber nicht geleistet worden. Man begnügte sich mit verbal-argumentativen Abhandlungen ohne ausreichende fachliche Substanz. Dies wurde sogar von der EU-Kommission gerügt. Gerade die Initialbewertungen sind ausdrücklich bemängelt worden. Damit ist es nun sehr schwer möglich, daraus Maßnahmen ordnungsgemäß herzuleiten und zu begründen. Die Folge wird doch sein, dass die Betroffenen beste Aussichten haben, die Maßnahmen später auf dem Klageweg zu stoppen.


Im Bereich Fischerei gibt es beispielweise als Deskriptor den Zustand der kommerziell genutzten Fisch- und Schalentierbestände. Ein ‚guter Umweltzustand‘, wie die MSRL es fordert, ist aus Sicht führender Wissenschaftler des International Rates für Meeresforschung, ICES, die Bewirtschaftung auf msy-Niveau (maximum sustainable yield). Das ist der allgemein anerkannte Standard für Nachhaltigkeit in der Fischerei. Die Umweltseite will darüber hinaus noch weitere Merkmale einführen, zum Beispiel die ausgewogene Längen- und Alterszusammensetzung. Dieses läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass man verlangt, der Fischbestand dürfte nicht erkennbar bzw. messbar durch die Nutzung beeinflusst werden. Das ist völlig utopisch, überzogen und geht weit über ein vernünftiges Niveau nachhaltiger Nutzung hinaus.

Die FDP-Fraktion fordert, alle Maßnahmen ausreichend rechtssicher zu machen. Außerdem muss das Verfahren deutlich transparenter werden. Es müssen endlich alle erforderlichen Daten und Fakten auf den Tisch. Da ist insbesondere auch die Umweltseite gefragt. Das hätte alles schon in den vergangenen Jahren gemacht werden müssen. Wir sind daher gespannt, was uns Minister Habeck Ende 2016 über die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie und deren Umsetzung berichten wird.


Zum fraktionsübergreifenden Antrag in Sachen Paraffin will ich abschließend noch sagen, dass die FDP-Fraktion klar die Initiative der Insel- und Halligkonferenz befürwortet. Verschmutzungen durch Paraffin und andere Ladungsrückstände sind zu minimieren. Ebenso begrüßen wir die Entschließung der Umweltministerkonferenz zu diesem Thema. Nun gilt es, dass sich die Landesregierung gegenüber der Bundesregierung entschlossen einsetzt, dass die von der Umweltministerkonferenz angestoßene Änderung des MARPOL-Übereinkommens auch zeitnah umgesetzt wird. Die schiffsbedingte Einleitung von Paraffin in die Meere muss untersagt werden. Die Reinhaltung von Nord- und Ostsee, der Erhalt des biologischen Gleichgewichts und die Erforschung der Meere ist uns ein wesentliches Anliegen.

Im letzten Jahrzehnt gab es zahlreiche Fälle von Paraffinverschmutzungen an den Küsten der Nordsee. Beispielsweise waren im März 2014 alle Sylter Strände betroffen. Somit schadet die Einleitung von Paraffin nicht nur der Umwelt, sondern auch dem Tourismus. Das muss ein Ende haben. Nicht dass es demnächst von Urlaubern heißt: ‚Wenn ich die verschmutze See seh‘, mag ich kein Meer mehr.‘“