Fischerei/Verbote

Oliver Kumbartzky: Neue Angel- und Fischereiverbote in Nord- und Ostsee müssen verhindert werden

„Die Bundesregierung plant großflächige Angel- und Fischereiverbote in den Schutzgebieten der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) in der Nordsee und in der Ostsee.

 

Der vorliegende Antrag richtet sich gegen zwei unterschiedliche Vorhaben, die beide massive Auswirkungen auf die Fischerei und auch auf den Tourismus hätten. Ich halte es daher für richtig, dass wir uns als Landtag ganz klar zu den beiden geplanten Verboten positionieren, denn noch ist es nicht zu spät.

Zum Hintergrund: Im Jahre 2004 hat die damalige Bundesregierung der EU acht Meeresschutzgebiete in der AWZ in Nord- und Ostsee gemeldet. 2007 hat die EU diese anerkannt. Diese Gebiete umfassen mehr als 30 Prozent der deutschen AWZ.  Bis 2013 hätte die Unterschutzstellung erfolgen müssen, doch dies ist nicht geschehen. Gegenwärtig läuft daher ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der fehlenden Unterschutzstellung von FFH-Gebieten in einzelnen Bundesländern sowie in der Ausschließlichen Wirtschaftszone.

 

Inzwischen hat die Bundesregierung sechs Verordnungen zur Unterschutzstellung der Gebiete vorgelegt. In diesen Verordnungen wird beispielsweise unabhängig vom Schutzziel die Angelfischerei komplett verboten. Und das ist genau unser Kritikpunkt. In keinem anderen Land der EU wird so verfahren.

 

Angeln ist eine besonders schonende Form der Fischerei. Der Meeresboden bleibt unberührt und es entsteht kein Beifang. Das geplante totale Verbot des Angelns ist daher nicht angemessen. Als Begründung für das Verbot wurde angeführt, dass eine Beeinträchtigung der ‚Naturverfügbarkeit‘ gegeben sei, und dass Ruhestörungen für Seevögel erfolgen würden. Zudem wurde gesagt, dass die Riffe gefährdet seien.


Diese Argumentation trägt nicht. Von Anglern wird unzweifelhaft Fisch entnommen, klar. Die Entwicklung der Robben- und Seehundbestände in Nord- und Ostsee zeigt jedoch, dass ausreichend Fisch vorhanden ist. Im letzten Jahr wurden über 26.000 Seehunde in der Nordsee gezählt. Auch in der Ostsee ist der Bestand der Kegelrobben gewachsen und breitet sich nach Süden aus.


Der Bootsverkehr kann zwar eine gewisse Störung der Seevögel verursachen. Der Angler im Boot dürfte jedoch ungleich weniger Störung für Seevögel bedeuten als schnelle, die Gebiete querende Boote. Die Gefährdung der Lebensgemeinschaft eines Riffs durch Angeln ist ebenfalls nicht nachvollziehbar. Eine mechanische Schädigung ist ausgeschlossen, die Entnahme einzelner Fische dürfte keinen messbaren Einfluss auf die Biodiversität der Riffs haben.

 

Insgesamt ist das Verbot der Angelfischerei also unangemessen und auch unbegründet. Das Verbot der Freizeitfischerei würde in besonderem Maß dem Tourismus an der Küste schaden. Angler kommen insbesondere in Zeiten, in denen andere Touristen lieber zu Hause bleiben. Sie sind für Beherbergungsbetriebe und Restaurants, aber auch Angelshops eine wichtige Einnahmequelle.

 

Zum zweiten Verbot, dem Verbot für die berufsmäßigen Seefischerei in der Nordsee, muss man einleitend erwähnen, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium und das Bundesumweltministerium vor einigen Wochen Planungen vorgestellt haben, ganzjährige und großflächige Fischereiverbote auf rund 30 Prozent der deutschen Nordsee vorzusehen. In vier Meeres-Naturschutzgebieten sollen nach dem Willen der Bundesregierung umfangreiche Fangbeschränkungen für die Berufsfischerei erlassen werden. Alle vier liegen in der Ausschließlichen Wirtschaftszone. Es handelt sich um das Sylter Außenriff, den Borkum Riffgrund, die Doggerbank sowie das Vogelschutzgebiet Östliche Deutsche Bucht.


Der Vorschlag wurde vom Bundeslandwirtschaftsministerium als deutsche Position in der Gruppe der Nordseeanrainerstaaten der EU eingebracht. Als gemeinsame Position sollte das Ganze dann an die EU-Kommission weitergeleitet werden. Rechtskraft für alle EU-Bürger würde dann als so genannter ‚delegierter Rechtsakt‘ erzielt werden. Eine parlamentarische Beratung und Beschlussfassung ist weder national noch auf europäischer Ebene vorgesehen.


Kein anderer europäischer Mitgliedsstaat hat derart große Flächenanteile seiner Hoheitsgewässer als ‚Natura 2000‘-Gebiet ausgewiesen. Und kein anderer Mitgliedstaat beabsichtigt, derart große Flächen in seinen AWZ-Gebieten der Nordsee mit Fischereiverboten zu belegen. Europäische Normen würden leider mal wieder von der Bundesregierung übererfüllt werden.


Wie auch schon die eben erwähnten Angelverbote, sind diese Fischereiverbote nicht verhältnismäßig und auch nicht begründet. Die berufsmäßige Seefischerei würde deutlich beschnitten werden. Gerade die kleinen Familienbetriebe würde das treffen. Und nicht nur die Fischerei als solche würden leiden, sondern auch hier wieder der Tourismus. Schließlich sind die Krabbenkutter in den Nordseehäfen ein wichtiger Imagefaktor für unser Land zwischen den Meeren.


Die schleswig-holsteinischen Küstenfischer fischen verantwortungsvoll, ausgewogen und nachhaltig. Die derzeitige Form der Küstenfischerei besteht im Übrigen länger, als es die ‚Natura 2000‘-Gebiete gibt. Bei der Anmeldung als ‚Natura 2000‘-Gebiet war die Fischerei offenbar kein Problem.


Unsere Küstenfischer brauchen verlässliche Rahmenbedingungen. Was sie nicht brauchen, sind weitere Einschränkungen. Immer mehr Auflagen führen irgendwann dazu, dass die Familienbetriebe aufgeben – zugunsten von Großbetrieben, die übrigens wesentlich intensiver fischen.


Wir sollten als Landtag ein klares Signal senden, dass neue Verbote mit uns nicht zu machen sind.“