Verkehr/ÖPNV

Oliver Kumbartzky: Wir brauchen im ganzen Land bessere ÖPNV-Angebote mit mehr Qualität

„Die Entscheidungsfreudigkeit der regierungstragenden Fraktionen hat im Wirtschaftsausschuss zum Ende der Wahlperiode ungeahnte Ausmaße erreicht. Es wurden nun endlich die vorliegenden CDU-Anträge abgelehnt, die so oft von der Koalition vertagt wurden, dass man sie fast schon als ‚antik‘ bezeichnen kann. Das Potpourri an Vorlagen, das wir hier heute in fünf Minuten beraten sollen, ist ja wirklich beeindruckend. Ich möchte zunächst auf das Sondervermögen eingehen, das den bemerkenswerten Namen ‚Moin SH‘ tragen wird:

 

Ich stehe diesem Sondervermögen sehr kritisch gegenüber, weil dieses lediglich einen weiteren Schattenhaushalt darstellt, der den Mechanismus der Schuldenbremse umgehen soll. Es ist zwar gut, dass zusätzliche Mittel in den Bereich der Mobilität fließen werden, aber die Anwendung dieses finanzpolitischen Instruments ist an dieser Stelle und zu diesem Zeitpunkt aus unserer Sicht völlig unnötig. Die Landesregierung arbeitet ja sehr gern damit. Mit Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit hat das aber nichts zu tun. So wurden beim Sondervermögen Hochschulbau mal eben erhebliche Summen für andere Zwecke verwendet.

 

Zur E-Mobilität, die sich zunehmend als Antriebsform der Zukunft durchzusetzen scheint. Da sehe ich den Staat vor allem in der Rolle des Starthelfers bei der Ladeinfrastruktur. Die absurde Kaufprämie für E-Autos kann man getrost als gescheitert bezeichnen, was ja eigentlich auch schon vorher klar war. Dies ist eine völlig absurde und fehlgeleitete Förderung. Als der Wirtschaftsausschuss im vergangenen Jahr in Oslo war, konnten sich die Abgeordneten anschauen, wie man die Elektromobilität erfolgreich fördern kann. Entscheidend ist da aus meiner Sicht die Praktikabilität, und dazu gehört eben in erster Linie die Ladeinfrastruktur.

 

Die zusätzlichen Regionalisierungsmittel des Bundes sind ein Segen für die Mobilität in Schleswig-Holstein. Sie sollten nicht leichtfertig ausgegeben werden, sondern sollten zunächst dafür verwendet werden, die Qualität des öffentlichen Nahverkehrs im ganzen Land zu verbessern. Auch innovative Konzepte, also neue Mobilitätsformen gerade für den ländlichen Raum, sollten eine wichtige Rolle spielen, aber natürlich auch die Barrierefreiheit, WLAN in Bussen, Zügen und auf Bahnhöfen und auch Online-Tickets.

 

Bei den Bürgerbussen ist für uns wichtig, dass keine bisher bestehenden Linien durch diese ersetzen werden sollen. Bürgerbusse sollen stets eine sinnvolle Ergänzung zum bestehenden öffentlichen Nahverkehr sein und sich an den bestehenden Verbindungen orientieren und gute Umsteigemöglichkeiten zu den bestehenden Bus- oder Bahnlinien ermöglichen. Dieses Engagement sollte gefördert werden.

 

Einen Punkt kann ich der Koalition nicht ersparen: Ich verstehe nach wie vor nicht, warum sie die HVV-Ausweitung auf den Kreis Steinburg nicht unterstützen. Der von Ihnen propagierte Nordtarif ist bisher nicht viel mehr als eine Nebelkerze, die Sie über den Wahlkampf retten soll. Das wird aber nicht funktionieren. Was Rot-Grün gerade wieder in Niedersachsen ermöglicht hat, geht hier doch auch. Also geben Sie Ihren Widerstand endlich auf und ermöglichen Sie die Ausweitung des HVVs auf den Kreis Steinburg! Tun Sie sich doch selbst den Gefallen! Ansonsten wird dies eben die neue Landesregierung in wenigen Monaten tun.

 

Da ÖPNV in Schleswig-Holstein vor allem Busverkehr bedeutet, sollte man auch aufhören, weite Teile des Landesstraßennetzes – nämlich denjenigen mit der sogenannten Verbindungsfunktion 2 – einfach verkommen zu lassen und bei die Mittel für die kommunalen Straßen zusammen zu kürzen. Das ist weder nachhaltig noch fair und schadet dem ÖPNV massiv.

 

Abschließend möchte ich kurz auf den wirklich kreativen Vorschlag der Grünen eingehen, eine ÖPNV-Zwangsabgabe für alle Bürgerinnen und Bürger einzuführen:

 

Sinnvoll und wünschenswert wäre es ja, endlich ein vernünftiges Semesterticket einzuführen, am besten gemeinsam mit Hamburg, das auch Auszubildende erwerben können. Als überhaupt nicht sinnvoll empfinde ich dagegen 99 Euro Zwangsabgabe für jeden. Das hieße nichts anderes, als dass z.B. die Großmutter, die keine Möglichkeit zur Nutzung des ÖPNV hat, von ihrer Rente der gut situierten grünen Klientel das Bahnticket finanzieren soll. Das ist doch ungerecht und einfach nur dreist!

 

Wir brauchen im ganzen Land bessere ÖPNV-Angebote mit mehr Qualität. Das Geld dafür ist jetzt zum Glück vorhanden. Es ist sehr bedauerlich, dass die Koalition den Vorschlag der kommunalen Familie nicht aufgegriffen hat, auch den Busverkehr – z.B. Schnellbusse – von dem Geld aus dem Sondervermögen teilhaben zu lassen. Was wir nicht brauchen, sind neue Zwangsabgaben, Bevormundung und Umverteilung zugunsten der grünen Klientel!“