In seiner Rede zu TOP 1A (Regierungserklärung zu den Küstenschutzmaßnahmen des Landes und einer Strategie für die Ostküste) erklärt der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion, Oliver Kumbartzky:
„Ich danke Minister Albrecht für die heutige Regierungserklärung. Besonders hervorheben möchte ich die Unterstützung der FDP-Fraktion für die von Herrn Minister Albrecht angekündigte Strategie für die schleswig-holsteinische Ostküste. Es ist Zeit, dass wir uns über Anpassungsmaßnahmen unterhalten anstatt rund jedes zweite Jahr, wenn es wieder eine schwerere Sturmflut gibt, erneut bloß die Schäden zu beklagen und Sonderfonds für deren Ausbesserung aufzulegen. Es ist daher Zeit für eine kluge Strategie für den Schutz der schleswig-holsteinischen Ostküste. Eine Strategie, die mit wissenschaftlicher Begleitung entwickelt wird, und die auch die touristischen Belange berücksichtigt. Schließlich ist der Küstenschutz in Schleswig-Holstein systemrelevant und ein prioritäres Handlungsfeld.
Und dass die SPD jetzt groß behauptet, dass die finanziellen Soforthilfen auf ihren Druck hin bereitgestellt werden, ist an Lächerlichkeit echt nicht mehr zu überbieten. Tourismusminister Bernd Buchholz hat sich in den letzten Wochen persönlich an mehreren Orten ein Bild von der Lage gemacht und dann hat das Kabinett entschieden. Wohlgemerkt: richtig entschieden.
Noch skurriler ist folgender Satz aus der gestrigen Pressemitteilung der SPD-Fraktion: ‚Tourismusminister Meyer hat zur Zeit der SPD-geführten Küstenkoalition von vornherein einen doppelt so hohen Betrag bereitgestellt.‘ Haben Sie vielleicht schon einmal darüber nachgedacht, dass die Stürme unterschiedlich hohen Schaden angerichtet haben, weil sie schlicht unterschiedlich intensiv waren? Axel ist nicht Benjamin. Und wo ist das Geld von Minister Meyer eigentlich hin? Der davon finanzierte Sand ist wahrscheinlich wie der ehemalige Minister mittlerweile in Mecklenburg-Vorpommern angespült worden. In den ersten Januarwochen dieses Jahres haben wir die Kraft der Meere wieder erlebt. Zwei Sturmfluten krachten kurz hintereinander an unsere Küsten. Erst das Sturmtief ‚Zeetje‘ kurz nach Neujahr und dann kam ein paar Tage darauf das Sturmtief ‚Benjamin‘. Die Sturmtiefs hinterließen beträchtliche Schäden, vor allem in den Kreisen Ostholstein und Plön, aber auch in Strande im Kreis Rendsburg-Eckernförde.
Und mit der heutigen Regierungserklärung und dem Kabinettsbeschluss von gestern wird ganz klar: Jamaika lässt die Kommunen mit ihren Schäden, die vor allem auch die touristische Infrastruktur betreffen, nicht allein. Im Kreis Ostholstein sind Heiligenhafen und Weißenhäuser Strand betroffen. Im Kreis Plön Hohwacht und Laboe. Dort hat die See Sand und Sedimente abgetragen. In Laboe sind wohl um die 20.000 Kubikmeter Sand förmlich über Nacht verschwunden. Vielerorts sind Wanderwege weggebrochen. Wanderwege, die jahrelang von Anwohnern und Touristen gerne begangen wurden. Wanderwege, die bekannt waren. Mit der einen Million Euro, die die Regierung nun bereitstellt, werden die Gemeinden in die Lage versetzt, ein Stück weit Altbekanntes und Geliebtes wieder herzustellen. Die Sturmfluten zeigen uns, wie kraftvoll das Meer ist, ja auch welche Zerstörungskraft die See birgt. Das ist die Macht der Meere. Die Meere bestimmen schon immer, wie es an den Küsten aussieht. Wir haben uns darauf eingestellt. Seit tausend Jahren schützen wir uns mit Deichen vor der See. Mit über 1.000 Kilometer Küstenlinie bleibt uns hier oben im Norden auch kaum etwas anderes übrig. Aktuell schützen Schleswig-Holstein 433 Kilometer Landesschutzdeiche – vorwiegend an der Nordseeküste. Der Landesbetrieb für Küstenschutz (LKN) leistet hier ganze Arbeit – danke dafür.
Wir Schleswig-Holsteiner haben uns auf die Kraft der Meere eingestellt. Auch an der Ostküste. Hier stellt das Meer andere Herausforderungen an den Küstenschutz als die Nordsee an die dortige Küste. Deswegen gibt es hier keine riesigen Deichanlagen wie im Westen. In Lübeck setzt man Schotts ein und baut Barrieren mit Sandsäcken auf, um die Häuser zu schützen. An anderer Stelle muss der Abbruch der Steilküste hingenommen werden. Minister Albrecht hat die naturgesetzlichen Zusammenhänge eben noch einmal dargestellt. Die Ostküste ist, anders als die Nordseeküste, eine Ausgleichsküste. Die Sedimente werden an einer Stelle, nämlich an den Steilküsten, vom Meer abgetragen und an anderer Stelle in ruhigeren Zonen wieder angespült. Es gibt eine ständige Umlagerung. Deswegen können wir nicht jede Stelle mit Deichen schützen. Zugespitzt könnte man sagen: Ohne den Abbruch der Steilküste gäbe es keinen Strand an der Ostsee. Das heißt natürlich nicht, dass wir uns alles gefallen lassen müssen, was die Natur uns aufbürdet. Wir müssen uns und unsere Landschaft nicht den Urgewalten ausliefern. Das machen wir an der Nordseeküste schließlich auch nicht.
Es sind aber nicht nur die wirtschaftlichen Kosten, die uns umtreiben. Nein, es ist auch der Landschaftsschutz und der Naturschutz. Selbstverständlich müssen wir natürliche Dynamiken zulassen. Das macht ja auch die Faszination der Steilküste aus. Aber wenn Sie sehen, wie jahrelang genutzte Wanderwege einfach wegbrechen und dann neu angelegt werden müssen, kann man sich doch fragen, wie man mit relativ kleinen, verhältnismäßigen Eingriffen an der ein oder anderen Stelle größere Sedimentverlagerungen verhindern könnte. Auch natürliche Biotope können nämlich unter den Fluten leiden. Wir müssen – das ist ganz richtig, was Minister Albrecht gesagt hat – Strategien für eine nachhaltige Nutzung der gefährdeten Küsten entwickeln.
Es ist, wie schon gesagt, richtig, jetzt nach den Sturmfluten ‚Zeetje‘ und ‚Benjamin‘ eine Soforthilfe von einer Million Euro für die betroffenen Gemeinden bereitzustellen. Wir greifen den Gemeinden damit unter die Arme, die die beschädigte touristische Infrastruktur wie Wanderwege, aber auch Unterstände und DLRG-Rettungstürme wieder aufbauen wollen. Ähnlich hat es das Land Schleswig-Holstein vor zwei Jahren auch getan, als das Sturmtief ‚Axel‘ vergleichbare Schäden anrichtete. Hier erkennen wir aber schon eine Regelmäßigkeit, der wir vielleicht entgegenwirken könnten. Wenn wir mehr auf Prävention setzen könnten, müssten wir nicht alle paar Jahre so flächendeckend den Verlust von Wanderwegen und ganzen Stränden beklagen. Wir müssen gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels aus dem bisherigen Rhythmus herauskommen und nach vorne denken. Deshalb begrüße ich ausdrücklich noch einmal die von Minister Albrecht angesprochene Anpassungsstrategie. Wir müssen, können und werden eine Lösung finden, wie wir die natürlichen Gegebenheiten respektieren können, ohne dass unsere wertvollen Tourismusstandorte über Gebühr belastet werden. Wir müssen eine Lösung finden, um die nachhaltige Verbindung von Naturschutz, Küstenschutz und Tourismus herzustellen. Das ist die Verbindung zwischen Ökonomie und Ökologie. Das ist unsere Jamaika-Koalition.
Die Arbeitsgemeinschaft Küstenschutz Ostsee bittet das Land darum, dabei zu helfen, die Strömungslinien an der Ostsee zu modellieren. Eine Übersicht über die Strömungslinien ist notwendig, um zu sehen, wo vor Ort welche Maßnahmen genau ergriffen werden müssen. In welchen Regionen kann man das Meer machen lassen, Land nehmen und Land geben lassen? In welchen Regionen müssen Maßnahmen zum Küstenschutz ergriffen werden? Wie sieht es mit Wechselwirkungen aus? Wir müssen schließlich Wechselwirkungen vermeiden wie sie bei Sylt auftauchen. Oder wir müssen zumindest wissen, auf welche Folgewirkungen wir uns einstellen müssen, wenn wir an einer bestimmten Stelle eingreifen. Deswegen ist so ein Strömungsmodell wichtig. Und ich möchte gerne anregen, dass das Land eine entsprechende Modellierung in Auftrag gibt. Erst wenn wir wissen, wo die Strömungen an der Ostküste entlanggehen, erst dann können die Gemeinden auch in ihrer Zuständigkeit tätig werden. Erst dann können sie auch wissen, an welchen oder welche Nachbarn sie sich wenden müssen, um zum Schutz der eigenen Küste, Infrastruktur und auch ihrer Natur zusammenzuarbeiten. Das Land sollte die Kommunen an dieser Stelle nicht alleinlassen. Gemäß des Subsidiaritätsprinzips fände ich es richtig, wenn wir den Gemeinden diese für sie nicht individuell leistbare Aufgabe, nämlich die Modellierung der Strömungen an der Ostküste, abnehmen würden.
Zusammenfassend stelle ich fest: Die eine Million Euro Soforthilfe für betroffene Tourismusstandorte sind heute die richtige Maßnahme. Wir müssen aber auch in die Zukunft schauen. Es gilt, Küstenschutz, Naturschutz und Tourismus nachhaltig zu verbinden. Jamaika setzt das nun in Gang.“
Es gilt das gesprochene Wort!