In seiner Rede zu TOP 2+18+22+25 (Gesetzentwurf und Anträge zum Klimaschutz) erklärt der Parlamentarische Geschäftsführer und umweltpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Oliver Kumbartzky:
„Lassen Sie mich mit einer guten Nachricht beginnen. Im vergangenen Jahr sind die CO2-Emissionen Deutschlands stärker gesunken als erwartet. Die Treibhausgasemissionen Deutschlands liegen jetzt 35 Prozent unter dem Niveau von 1990. Wir sind bei der CO2-Minderung also auf einem guten Weg. Das haben wir vor allem dem EU-weiten Emissionshandel im Energiesektor zu verdanken. Und zwar demselben Emissionshandel, dem unsere Bundesregierung nicht zutraut, auch in den Bereichen Wärme und Verkehr zu wirken. Und nicht nur die GroKo in Berlin vertraut nicht auf die wissenschaftlich belegbare Wirksamkeit dieses Instruments. Nein, auch die Opposition im schleswig-holsteinischen Landtag hält es offensichtlich für besser, an einem Werkzeugkasten der Verbots- und Planpolitik festzuhalten.
Wie einfach wäre es, EU-weit zu definieren, wie viel CO2 wir in den kommenden Jahren in den Sektoren Wärme und Verkehr ausstoßen dürfen. Wie effizient wäre es, für diese CO2-Menge Zertifikate zu versteigern. Und wie technologieoffen wäre es, auf all die Regulierungs- und Subventionierungsprogramme zu verzichten, die der Energiewende wie ein Klotz am Bein hängen. Die richtige emissionsarme Technologie würde sich dann durchsetzen. Aber nein, die Opposition hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt und schlägt einfach wieder einmal vor, neue Planziele ins Landesrecht zu über-nehmen oder dreht die x-te Runde in der Verbotsdiskussion im Verkehrs-sektor. Lassen Sie mich darlegen, warum wir den Oppositionsanträgen heute nicht zustimmen werden.
Beginnen wir mit dem Antrag der Abgeordneten des SSW. Die Abgeordneten des SSW schlagen einen ganzen Katalog an Forderungen vor, der schon häufig diskutiert und abgelehnt wurde. Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen ist weder hier im Land noch im Bund mehrheitsfähig. Die Argumente sind bekannt. Erstens: Unfallschwerpunkte liegen auf Landes- und Kreis-straßen, nicht auf Autobahnen. Zweitens: Ein generelles Tempolimit rettet das Klima nicht einmal im Ansatz. Der weltweite Beitrag Deutschlands zum Klimaschutz durch ein generelles Tempolimit würde laut Studien 0,14 bis 0,20 Prozent betragen. Dieselbe Senkung könnte man auch durch weitaus verhältnismäßigere Maßnahmen erreichen.
Unverhältnismäßig sind auch ein pauschales Überholverbot für LKW und Verbrauchsobergrenzen für einzelne PKW. LKW wären durch ein pauschales Überholverbot gezwungen, sich nach dem langsamsten LKW in der Kolonne zu richten. Längere Fahrzeiten und ein gefährlich dichtes Auffahren wären die Folge. So genannte Elefantenrennen, also Überholmanöver mit zu geringer Geschwindigkeitsdifferenz, sind übrigens schon jetzt illegal. Die Idee einer nationalen Verbrauchsobergrenze läuft dem derzeitigen EU-Regelungsrahmen entgegen. Die EU reguliert Flottenverbräuche und den maximalen CO2-Ausstoß. Die EU setzt am Auspuff an. Schon jetzt bedeutet die geltende Grenze von 95g CO2 pro gefahrenem Kilometer eine effektive Verbrauchsobergrenze von 4 Litern Benzin auf hundert Kilometer. Der SSW-Antrag passt nicht zu dem, was schon längst läuft. Lassen Sie uns auch einmal festhalten: Das Auto ist nicht der Feind. Wir sollten weiter die Emissionen bekämpfen. Und nicht einzelne Antriebstechnologien. Und schon gar nicht das Fahrzeug an sich. Das Auto ist in seiner Funktionalität nicht durch Bus und Bahn zu ersetzen. Gerade hier in Schleswig-Holstein wird das im Alltag deutlich. Das eigene Auto bedeutet Unabhängigkeit, bedeutet Freiheit. Überspitzt kann man feststellen: Wenn man die SSW-Forderungen um-setzen würde, bekäme der Begriff ‚Autoschieber‘ eine ganz andere Bedeutung. Das Auto hat eine Zukunft – angetrieben mit Strom, Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen. Dafür müssen wir den Weg weiter bereiten. Auch ein Tesla steht heute im Stau. Stau kostet die Volkswirtschaft – auch durch die Folgekosten der im Stillstand verbratenen CO2-Emissionen - jährlich mehr als 80 Milliarden Euro. Umgerechnet heißt das 1.770 Euro pro Autofahrer im Jahr, nur weil die Straßen überlastet sind. Auch das ist übrigens ein Argument für die A20. Wir brauchen die A20 als Nord-West Umfahrung von Hamburg. Wir müssen das Nadelöhr Hamburg dringend entlasten. Die Antworten für mehr Klimaschutz heißen Emissionshandel, Innovation, bessere Alternativen und nicht Tempolimit, Verbote, Rückschritt.
Kommen wir nun zum SPD-Antrag. Hier erwartet uns, wie wir es von den sozialdemokratischen Kollegen gewohnt sind, ein gründlich ausformulierter Auftrag an die Landesregierung. Gründlich, aber wirkungslos – auch das sind wir von der SPD-Fraktion gewohnt. Sie wollen neue Klimaschutzziele in das Landesklimaschutzgesetz reinschreiben. Den Weg zur Zielerreichung bleiben Sie uns allerdings wie immer schuldig. Ein Hinweis für Sie: Wesentliche Rahmenbedingungen werden nicht auf Landesebene gesetzt. Emissionshandel, Kohleausstieg, Reform des Energieabgaben-, -umlagen- und -steuersystems – alles klar Bundessache. Hier verweigert sich die GroKo einem wirklich mutigen Wurf. Der Wärmesektor muss in Zukunft stärker in die Energiewende eingebunden werden. Das wäre durch die Einbeziehung des Wärme- und Gebäudesektors in den EU Emissionshandel möglich gewesen. Sie SPD verantwortet seit Jahrzehnten nicht nur die Klimapolitik im Bund mit, sondern oftmals auch auf Länderebene, beispielsweise in Hamburg. Dort scheitert bislang der Plan, die Wärmeversorgung der Stadt um-zubauen. Wenn es der SPD selbst in einer Großstadt nicht gelingt, diese Projekte umzusetzen, braucht man sich von ihr hier nichts sagen lassen. Wir bekennen uns zum Abschalten vom Kohlekraftwerk Wedel bis 2022. Bis dahin muss Hamburg seine Energieversorgung umgestellt haben.
Es ist nicht mutig, neue Ziele vorzuschreiben. Es ist eine reine Beschäftigungstherapie. Wir haben genug Ziele, es besteht ein breiter Konsens für Klimaschutz und für die Energiewende. Wer das nicht langsam anerkennt, sondern weiter suggeriert, dass die demokratischen Mitbewerber sich einem Bekenntnis für Klimaschutz verweigern, betreibt ein gefährliches Spiel mit der Glaubwürdigkeit unseres politischen Systems. Das sei auch im Hin-blick auf die Anwürfe gesagt, die uns wegen unserer Ablehnung gegenüber einer Verfassungsänderung erreichen. Es bringt dem Klima nichts, Klima-schutz extra in die Landesverfassung zu schreiben. Es wäre reine Symbolik. Der Auftrag, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen, steht von An-fang an in der Verfassung. Und das umfasst selbstverständlich auch Klima-schutz und dazu stehen wir.
Es kommt auf konkrete Maßnahmen zur Umsetzung von Klimaschutzprojekten zur Senkung des Treibhausgasausstoßes an. Hier verweigert sich die SPD, wirklich mutige Vorschläge zu unterbreiten. Planwirtschaftliche Steuerung und weitere Subventionierung werden versagen. Wir müssen an das Energieabgaben-, -umlagen- und -steuersystem ran. Das ist der Bremsklotz für die Energiewende – und ein Erbe der SPD. Die Strompreise in Deutsch-land sind zu hoch. Die Kosten für nicht genutzten Geisterstrom steigen in die hunderte Millionen Euro. Strom ist bisher zu unattraktiv für Verwertung, beispielsweise im Wärmesektor. An diese Themen müssen wir gemeinsam ran. Sie können auf ihren Antrag ja draufschreiben ‚Mutige Energiewende‘. Das macht ihn aber noch längst nicht mutig! Der Inhalt zählt! Und der Inhalt ist nicht mutig, liebe SPD, sondern er ist mutlos. Sie sollten endlich anfangen, die Energiewende neu zu denken, so wie wir es tun. Ein Bekenntnis von Ihnen zum Emissionshandel auch für den Gebäudewärme-Bereich, das wäre mutig von Ihnen!
Jamaika legt heute einen Antrag zum biologischen Klimaschutz vor, bei dem wir im Land tatsächlich etwas für die CO2-Reduktion erreichen können: biologischer Klimaschutz. Wir wollen das Potential von Mooren und Wäldern zur CO2-Minderung nutzen. Wir bitten die Landesregierung, bestehende Maßnahmen zusammenzuführen und so auszubauen, dass wir aktiv biologischen Klimaschutz betreiben können. Dafür wollen wir auch registrieren, welche öffentlichen Flächen für Neuwaldbildung genutzt werden können und prüfen, welche Bundes- und EU-Programme wir dafür anzapfen können. Durch die aktive Waldwirtschaft spart Deutschland schon jetzt 127 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß. Ein Kubikmeter Holz zieht ca. 1,4 Tonnen CO2. Der EU-Emissionshandel berücksichtigt die CO2-Minderungsleistung von Wald und Moor bisher leider nicht. Das muss sich ändern.
Unsere Bundestagsfraktion fordert beispielsweise einen Waldbonus zur Reduzierung von CO2 im Rahmen des EU-Emissionshandels. Außerdem sollen bundesweit Waldflächen registriert werden, die als CO2-Speicher besonders geeignet sind. Die Eigentümer müssen von der CO2-Bindungsleistung ihrer Wälder profitieren. Wälder erbringen eine Klimaschutzleistung. Die aktive Waldbewirtschaftung sollte daher als Beitrag zur CO2-Senkung anerkannt werden. Hier ist die Bundesregierung am Zuge. Wir müssen Wege finden, wie wir in Deutschland sicherstellen, dass wir über funktionierende Waldspeicher für CO2 verfügen. Dabei müssen wir auch aktiv den Wald bewirtschaften, um einen hohen Holzvorrat aufbauen zu können. Nur so können wir die CO2-Bindungsleistung erhöhen. Unser Jamaika-Antrag zum biologischen Klimaschutz ist ein aktivierender Beitrag für mehr Klimaschutz. Wir beschäftigen uns nicht mit künstlich erzeugten Debatten über neue Planziele. Wir gehen gemeinsam mit der Landesregierung voran und tun etwas dafür, die Ziele zu erreichen. Klar ist für uns aber auch: Auf Bundesebene und auf europäischer Ebene muss der Emissionshandel ausgebaut werden. Das ist ein Ziel, für dessen Umsetzung wir uns auch weiter einsetzen werden.“