In seiner Rede zu TOP 22 (Mensch und Tier vor Problemwölfen schützen) erklärt der landwirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Oliver Kumbartzky:
„Der vorliegende AfD-Antrag ist im wahrsten Sinne des Wortes nichts weiter als ein Schnellschuss. Der losgelöste Diskurs über Schutzjagden und Obergrenzen ist nicht zielführend. Es bedarf zuerst einmal eines transparenten, aktuellen Monitorings, das uns erlaubt die Population und deren Bewegungen zu bewerten, vorherzusehen und so handlungsfähig zu bleiben. Es muss gelingen, dass ein pragmatisches, einheitliches Vorgehen bei sogenannten Problemwölfen möglich ist, ohne die Belange des Artenschutzes massiv zu berühren. Die Schaufensteranträge der AfD werden der Debatte nicht gerecht und zielen darauf ab, möglichst kurzfristige Entscheidungen zu erstreiten, welche die einzelnen Interessen jedoch nicht ausreichend beachten. Es muss uns vielmehr gelingen, zu einem konfliktarmen Nebeneinander von Wolf und Mensch zu kommen. Dass das Wolfsmanagement ausschließlich bei den Ländern liegt, und nicht wie irrig von der AfD mit Verweis auf Bundes- und EU-Ebene angenommen, sei nur am Rande bemerkt. Daher ist unser Alternativantrag die richtige Alternative zur sogenannten Alternative.
Was wir vor allem brauchen, ist eine ehrliche Debatte über den Umgang mit Wölfen. Mit dem weiterhin sehr raschen Ansteigen der Wolfspopulation in Deutschland werden die Probleme und Herausforderungen auch für Schleswig-Holstein zunehmend greifbar. Gerade die aktuellen Zahlen – seit Mai 32 Wolfsnachweise und in 16 Fällen Schafsrisse – belegen, dass ein handlungsbezogener Umgang geboten und nötig ist. Jedes Jahr zum Winter verlassen die Jungwölfe des Vorjahres ihre Heimatrudel. Die Jungwölfe sind anpassungsfähig, sodass die Suche nach einem neuen geeigneten Lebensraum auch in der Kulturlandschaft liegen kann. Die Jungtiere, die ihre Rudel gen Schleswig-Holstein verlassen, finden bei uns keine weitläufigen Wälder, unbesiedelte Landschaften oder große Truppenübungsplätze vor. Dafür aber kilometerlange Deiche an Nordsee, Elbe, Eider und Stör – sowie von Gräben durchzogenes Marschland mit vielen Weidetieren. Und gerade diese Weidetiere stellen einen wesentlichen Teil der Beute des Wolfes dar. Der Wolf macht keinen Unterschied zwischen Wild- und Weidetieren!
Lassen Sie mich nun noch was zum Thema Jagdrecht sagen. Es ist sicherlich keine Neuigkeit, wenn ich sage, dass ich eine Aufnahme des Wolfes als jagdbare Tierart in das Bundesjagdgesetz für erforderlich halte. Darüber empört sich jetzt wieder der ein oder andere. Aber Jagdrecht heißt nicht gleich aktive Bejagung! Denn: Die Aufnahme in das Jagdgesetz würde zunächst doch am Schutzstatus nichts ändern. Im Übrigen stehen auch ganz andere Tierarten im Jagdrecht. Seeadler zum Beispiel. Oder Fischotter. Oder Seehunde. Nur nicht der stärkste Beutegreifer, der Wolf, der innerhalb von drei Jahren seine Population verdoppelt und anpassungsfähiger und wohl auch intelligenter ist als alle anderen Tiere. Warum ich die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht für verhältnismäßig halte, ist folgendes: mit der angemessenen Einbindung der Jägerschaft durch die Verpflichtung zur Hege und Pflege des Wolfes, könnte deren jagdfachlicher Sachverstand beim Wolfsmanagement und insbesondere beim Wolfsmonitoring nutzbar gemacht werden. Es ist für mich völlig unverständlich, dass für das Management der Wolfspopulation nicht das Netzwerk der Jäger genutzt wird. Eine Aufnahme ins Jagdgesetz ermöglicht einen einheitlichen Umgang mit dem Tier, Stichwort Problemwölfe. Jagdpächter sollten im Falle eines notwendigen Abschusses eingebunden werden und erste Ansprechpartner sein. Den Einsatz von speziellen Entnahmetrupps, wie beispielsweise in Brandenburg diskutiert, halte ich für falsch.
Beim Thema Wolf geht es nicht nur um Artenschutz, sondern auch um andere gesamtgesellschaftliche Ziele. Ziele, wie den Hochwasser- und Küstenschutz, aber auch den Naturschutz und die Landschaftspflege. Wir wollen die durch Weidewirtschaft geprägte Landwirtschaft erhalten. Auch der Tourismus – wie auf Eiderstedt – und die bäuerlich geprägte Landwirtschaft dürfen nicht durch die Rückkehr des Wolfes gefährdet werden. Darauf muss die Politik Antworten finden. Nur so können wir Akzeptanz auch für den Wolf bei den Menschen im ländlichen Raum erreichen. Nun sagen manche, wenn der Wolf kommt, sollen die Schäfer halt Zäune bauen. Diese Leute vergessen, dass Zäune aufgrund der durch Gräben geprägten Landschaft und der hier typischen Weidetierhaltung weder möglich noch in der Fläche akzeptabel sind. Eine großflächige wolfsabweisende Zäunung von Weideflächen ist zudem naturschutzwidrig und bei kilometerlangen Deichen schlicht unmöglich. Die Aussage ‚Es wird doch alles großzügig entschädigt‘ halte ich ebenfalls für nicht sachgerecht. Die Tierhalter wollen kein Geld – sie wollen ihre Tiere in Sicherheit wissen.
Die Rückkehr des Wolfes ist aus Sicht des Artenschutzes zu begrüßen. Und das Ziel sollte doch die Erhaltung einer gesunden Population sein, die den Belangen des Artenschutzes auf der einen Seite und dem Schutz von Mensch und Nutztier andererseits Rechnung trägt. Wenn das Nebeneinander von Artenschutz des Wolfes und dem Risiko, was mit seiner Ansiedlung einhergeht, konfliktarm gelingen soll, bedarf es eines transparenten Monitorings und gezielter Maßnahmen. Dabei müssen alle Interessen bestmöglich bedacht werden. Aber nicht zuletzt dürfen wir weder das Sicherheitsgefühl der Menschen noch den Schutz der Weidetiere außer Acht lassen. Die berechtigten Bedenken von Weidetierhaltern und den Menschen im ländlichen Raum müssen wir wahrnehmen und mit höchster Priorität berücksichtigen.
Es geht nicht darum, dem Wolf das Lebensrecht abzusprechen – aber Tier- und Artenschutz sind nicht teilbar.“
Es gilt das gesprochene Wort!