In seiner Rede zu TOP 22 (Schonvermögen bei Pflegewohngeld erhöhen) erklärt der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion, Oliver Kumbartzky:
„Der Antrag zur Erhöhung des Schonvermögens für die Gewährung von Pflegewohngeld nach der Landespflegegesetzverordnung ist bedauerlicherweise ein weiterer Beitrag, der dokumentiert, dass diese schwarz-grüne Landesregierung beim Thema Pflege bislang ein Totalausfall ist.
Lassen Sie mich diese Bewertung näher begründen: Nachdem die schwarz-grüne Landesregierung ihren Dienst angetreten hat, setzten wir als Opposition im Herbst 2022 die notwendige Neuausrichtung der Investitionskostenfinanzierung in der Pflege auf die Agenda. Ziel unseres Antrags war der Einstieg in die Entlastung der Pflegebedürftigen bzw. deren Angehörigen von betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen der Pflegeinfrastruktur. Eine Verantwortung, die der Gesetzgeber den Ländern aufgetragen hat. Der Hinweis auf Berlin zieht daher an dieser Stelle gar nicht.
In Schleswig-Holstein wurden im Jahr 2021 34.701 pflegebedürftige Menschen in der stationären Pflege versorgt. Davon erhielten zum Jahresbeginn 2022 8.962 Menschen Zuschüsse an die Pflegeeinrichtungen für Investitionsaufwendungen. Die aktuelle Erhebung des Verbandes der Ersatzkassen zur Entwicklung der Kostenbelastung für Pflegebedürftige in der stationären Versorgung verdeutlicht den Handlungsdruck zur finanziellen Entlastung im Bereich der Pflege.
Während Sie weiterhin lediglich mit dem Finger Richtung Berlin zeigen, hat der Bund mit dem Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz im Juni 2023 eine Pflegereform umgesetzt, die als Zielsetzung eine finanzielle Stabilisierung der Pflegeversicherung und Leistungsverbesserungen verfolgt.
Pflegebedürftige werden so durch erhöhte Leistungszuschläge in Abhängigkeit der Verweildauer in der stationären Pflege entlastet. Seit 1. Januar 2024 ist der von der Pflegeversicherung getragene Anteil am Eigenanteil in den ersten zwölf Monaten in der vollstationären Pflege von 5 Prozent auf 15 Prozent gestiegen. Weiterhin hat der Bund zum 1. Januar 2023 das Schonvermögen im SGB XII zum Beispiel für die Hilfe zur Pflege von 5.000 Euro auf 10.000 Euro erhöht.
Hier liegt der ,Casus knacksus', denn das Schonvermögen für die Inanspruchnahme von Pflegewohngeld hält mit dieser Anhebung nicht Schritt und bleibt unverändert auf 6.900 Euro fixiert. Das Nichtstun der Landesregierung führt jetzt, zum Nachteil der Pflegebedürftigen, zu einer vollkommen absurden Situation: Als Sozialleistung, die Sozialhilfebedürftigkeit nach dem SGB XII möglichst vermeiden soll und vorrangig vor Leistungen der Hilfe zur Pflege zu gewähren ist, müssen Betroffene für das Pflegewohngeld zunächst ihr angespartes Vermögen bis zum Schonvermögen von 6.900 Euro aufzehren, obwohl das SGB XII Sozialhilfeempfängern grundsätzlich ein Schonvermögen von 10.000 Euro gewährt.
Erstens erhöht die Landesregierung damit, ob gewollt oder fahrlässig in Kauf genommen sei erst einmal dahingestellt, das Armutsrisiko durch die Pflegebedürftigkeit. Zweitens stelle ich zudem fest, dass hierdurch die Anreize zur Vermögensbildung, Existenzsicherung und individuellen Vorsorge konterkariert werden. Drittens widerspricht die ungleiche Ausgestaltung des Schonvermögens der ursprünglich angestrebten gesetzessystematischen und sozialpolitischen Logik, auf das wirtschaftliche Vermögen der Bezieher von Pflegewohngeld in dem Umfang zuzugreifen, wie es bei der Zahlung von Sozialhilfeleistungen der Fall ist.
Es erscheint als dringend geboten, hier nachzusteuern. Ich wiederhole mich ungern, nur ist das Konzept des Pflegewohngeldes nach Haushaltslage unverändert längst überarbeitungswürdig. Bei unserem Nachbarn Mecklenburg-Vorpommern ist das Pflegewohngeld in Abwicklung und neben Schleswig-Holstein setzt dieses Instrument nur noch Nordrhein-Westfalen ein, wo sich das Schonvermögen schon vor der Anhebung im SGB XII auf 10.000 Euro belief.
Sofern ein grundlegend neuer systematisierter Ansatz zur Investition der Länder in die Pflegeinfrastruktur mittelfristig im Sinne des § 9 SGB XI zur Gewährleistung der Versorgungsstruktur im Bereich der Pflege nicht zu erreichen ist, muss zumindest kurzfristig die Anhebung des Schonvermögens, wenn auch nur als Stückwerk ohne Gesamtreform, erfolgen.
Hierüber sollten wir uns genauer im Ausschuss unterhalten.
Insgesamt verfestigt sich der folgende Eindruck: Die Pflege ist leider ein blinder Fleck der schwarz-grünen Landesregierung mit weitreichenden Folgen für eine Vielzahl betroffener Menschen in unserem Land. Fangen Sie endlich an zu handeln und schaffen Sie nach zwei Jahren mal konkrete Verbesserungen beim Thema Pflege."
Rede zu Protokoll gegeben!