Oliver Kumbartzky zu TOP 48 „Aktuelle Situation der schweinehaltenden Betriebe in Schleswig-Holstein in Folge von Corona und ASP“

Agrarpolitischer Sprecher und Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion, Oliver Kumbartzky

In seiner Rede zu TOP 48 (Aktuelle Situation der schweinehaltenden Betriebe in Schleswig-Holstein in Folge von Corona und Afrikanischer Schweinepest (ASP)) erklärt der Parlamentarische Geschäftsführer und agrarpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Oliver Kumbartzky:
 
„Die Schweinehalter und Ferkelzüchter sind in einer bedrohlichen Lage. Die Nerven liegen blank. Vor ein paar Monaten noch waren es die strikten Regelungen der neuen Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, wegen der die Landwirte vor dem Aus vieler Betriebe warnten. Jetzt kommen noch fehlende Schlachtkapazitäten wegen der Corona-Pandemie und drastisch gefallene Absatzpreise aufgrund der Afrikanischen Schweinepest hinzu.
 
Derzeit ‚stauen‘ sich über 400.000 Schlachtschweine, schätzt der Verband der Fleischwirtschaft. Neue Ferkel können nicht in Mastbetriebe aufgenommen werden und schlachtreife Tiere werden immer fetter. Das führt zu tierschutzrechtlich bedenklicher Enge in den Betrieben. Das Tierwohl ist in dieser Situation gefährdet. Und es wäre schrecklich, wenn die Tiere einfach notgeschlachtet werden müssten. Die Landwirte fordern Hilfe und Antworten von der Politik. Deswegen begrüße ich es auch, dass wir das Thema heute hier im Landtag debattieren. Und ich begrüße vor allem sehr, dass Landwirtschaftsminister Albrecht zu der Thematik im ständigen Austausch mit der Branche und mit seinen Kollegen aus Niedersachsen und NordrheinWestfalen ist. Schließlich sind in diesen Bundesländern die meisten und größten Schlachthöfe.
 
Der Wegfall von Schlachtkapazitäten über einen gewissen Zeitraum hinweg wirkt bis heute nach – wie eine Vollbremsung auf der Autobahn auch noch hunderte Meter und lange Zeit im rückwärtigen Verkehr nachwirkt. Aktuell arbeiten die meisten Schlachthöfe – unter Corona-Auflagen – wieder an ihren Kapazitätsgrenzen. Es müssen dabei logischerweise strenge Infektionsschutzauflagen eingehalten werden. Zur Corona-Problematik kommt seit kurzem die Bedrohung durch die Afrikanische Schweinepest (ASP) hinzu. Die Schlachtbetriebe werden die Waren aus ihren Kühlhäusern nicht los, die vor dem Auftauchen von ASP an Drittländer, vor allem China, gegangen sind. Drittländer haben vor allem die Teile vom Schwein abgenommen, die hier keine Abnehmer finden. Es wird derzeit mit Hochdruck daran gearbeitet, neue Absatzmärkte zu erschließen. Die Anpassung komplexer Prozesse benötigt aber Zeit. Und währenddessen werden neue Ferkel geboren, wachsen auf und die Schlachtschweine werden, wie schon gesagt, immer größer und schwerer. Der Prozess lässt sich auch nicht einfach so anhalten wie ein Fließband in der Automobilwirtschaft.
 
Was ist seitens der Landespolitik also nun zu tun? Es ist gut und richtig, dass Landwirtschaftsminister Albrecht im ständigen Austausch mit der Branche steht. Nun gilt es, gemeinsam – auch ministeriums- sowie länderübergreifend – pragmatische Lösungen zu finden. Wir unterstützen die Landesregierung dabei, alle Maßnahmen zu prüfen und zu ergreifen, um alles Mögliche zu tun, um das Tierwohl zu schützen und um die Landwirte und ihre Familien zu unterstützen. Die Prüfung von arbeitsschutzrechtlichen Möglichkeiten zur Erhöhung der Schlachtkapazitäten beim Schlachthof in Kellinghusen ist beispielsweise ein Weg, der gerade beschritten wird. Ebenso gilt es, einen Notfallplan für den Fall eines COVID-Ausbruchs in der Belegschaft zu erstellen. Coronabedingte Sperrzeiten bei Schlachthöfen könnten so verkürzt werden. Auch bei den gesetzlichen Standards beim Platzangebot im Stall sollte meiner Meinung nach geprüft werden, ob da zumindest zeitweise Spielräume möglich wären, um etwas Linderung zu schaffen, um Zeit zu gewinnen und um die Landwirte aus einem drohenden Rechtsbruch beim Tierwohl herauszubekommen.
 
Abschließend möchte ich daran appellieren, dass wir fest an der Seite der Schweinehalter stehen und uns zur Schweinehaltung bekennen sollten. Wir von der FDP-Landtagsfraktion tun dies. Die Halter sind unverschuldet in diese Lage gekommen. Es ist jetzt nicht die Zeit, um alte Forderungen gegen die Fleischwirtschaft als Ganzes aufzuwärmen. Das ist fehl am Platz und löst nicht das aktuelle Problem.“